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Wissenschaft und Christentum
Wissenschaft und Christentum
Wie passt das zusammen?
von Roland Fakler
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Die Anfänge
Antike Errungenschaften ab – 600 bis um 380
Gott und die Götter
Falsche Weltsicht
War Jesus unwissend?
Die geistigen Führer in die Finsternis 380 bis ~1200
Vom 13. Jh. bis zur Renaissance
Beschränkung des freien Denkens und Forschens
Reformation und Aufklärung
Was lehrt die katholische Kirche heute?
Zusammenfassung
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Immer wieder wird – auch heutzutage noch – der katholischen Kirche zugesprochen, viel für die Wissenschaft und Kultur des “Abendlandes” getan zu haben. Der Autor Roland Fakler hat sich etwas genauer angesehen, ob diese Annahmen korrekt sind. Er kommt zu einem vernichtenden Ergebnis.
Die Anfänge
Die Beobachtung der Natur, die im 3. Jahrtausend vor unserer Zeit im Alten Sumer und in Babylon mit der Sternkunde begann, gab den Menschen schon ein brauchbares Fundament des Wissens. D.h. man konnte durch Beobachtung und Berechnung z.B. Planetenbewegungen vorhersagen, Kalender und Jahreszeiten berechnen. Man sammelte Erfahrungen bei der Heilung von Krankheiten, vor allem in Ägypten, China und Indien und gab diese Erfahrungen, meist mündlich, an einen auserwählten Personenkreis weiter, der dadurch auch eine herausragende Stellung einnahm – Priester, Schamanen, Seherinnen.
Vieles von dem, was man zu wissen glaubte, war allerdings Aberglaube und unwissenschaftliche Vermutung. Die Ägypter glaubten z.B. dass Krankheit von einem dämonischen Geist herrühre, der den Kranken in Besitz genommen habe. Diese Vorstellung übernahmen die Juden und Christen in ihre heiligen Texte, womit sie bis heute diese falsche Ansicht verbreiten und immer noch damit beschäftigt sind, böse Geister auszutreiben.
Naturereignisse, wie Blitz und Donner, erklärten sich die frühen Menschen ebenso wie die Entstehung der Welt: Wenn etwas geschieht, dann muss „jemand“ dahinter stecken, der dies „bewirkt“. Die Naturkräfte wurden personalisiert. Es blitzt ja nicht „einfach“ und es donnert nicht „einfach“. Da muss „jemand“ da sein, der es blitzen und donnern lässt. Da dies aber die Fähigkeiten eines Menschen übersteigen würde, verwundert es nicht, dass sie – wie die Germanen und Griechen – zu der Überzeugung gelangten: Es muss Donar oder Zeus sein, der es donnern lässt und die Blitze schleudert. Aber wer hat diesen „Jemand“ geschaffen? Aristoteles nahm an, dass es einen ersten Beweger gegeben haben muss, den die christlichen Interpreten dann „Gott“ nannten. Wenn er wütend ist, müssen wir ihn mit dem Wertvollsten besänftigen, was wir ihm geben können: fehlerlose Tiere, Menschen, sogar die eigenen Kinder. [1] So kommt es, dass in vielen Kulturen Menschenopfer weit verbreitet waren – auch im frühen Judentum.
Antike Errungenschaften ab – 600 bis um 380
Im antiken Griechenland nahm die abendländische Wissenschaft ihren Ausgang. Philosophen, die man auch deswegen Naturphilosophen nannte, beschäftigten sich mit der Frage, wie man Erkenntnisse über die Natur gewinnen kann und was „die Welt im Innersten zusammenhält.“ Für Thales, einen der ersten Naturphilosophen, -625[2] bis um -546, war dies das Wasser. Er konnte schon eine Sonnenfinsternis berechnen.
Auch falsche Ideen, die sich schwerlich überprüfen ließen, prägten das Denken der antiken Philosophen. Die Idee, dass Körper und Seele voneinander getrennt werden könnten, taucht bereits in den indischen Upanischaden, -800, auf und hat in der abendländischen Philosophie, z.B. bei Platon, und im späteren Christentum eine wichtige Rolle gespielt.
Leukip, Demokrit und Epikur entwickelten das Atommodell,
Aristoteles teilte die Wissenschaften in Sparten ein.
Eratosthenes erkannte die Kugelgestalt der Erde.
Mathematiker wie Euklid, Archimedes, Anaxagoras beweisen allgemeingültige Lehrsätze.
Aristarchos von Samos spekulierte, dass die Erde um die Sonne kreist.
dagegen lehrten Aristoteles und Ptolemäus, dass die Erde der Mittelpunkt der „Welt“ sei.
Das Wissen von Hippokrates und Galenos prägte die Medizin über Jahrhunderte.
Auch über Staatstheorie machten sich Philosophen wie Platon und Aristoteles Gedanken.
Im 3. Jh. vor unserer Zeit tauchen in der Philosophie der Stoa die Idee der Menschenrechte und die Gleichheit aller Menschen auf. In Athen lebte im – 5. Jh. die erste Demokratie, auch wenn Frauen und Sklaven daran nicht beteiligt waren. Die Freiheit des Denkens und der Austausch der Meinungen in dieser Demokratie führten zu einer nie dagewesenen Kulturblüte. Der Mensch und das Diesseits mit seiner Schönheit und seiner Tragik standen im Mittelpunkt dieser Hoch- Kultur. Das Streben nach individuellem Glück wurde als Lebensziel anerkannt und Weisheit war es, den besten Weg dorthin zu finden. Man machte sich Gedanken über das gute Leben, das richtige Handeln und den gerechten Staat.
Herodot und Thukydides wollten die Geschichtswissenschaften auf wahre Tatsachen gründen. Sie sollte weder mystisch verklären, noch, wie so oft in späteren Zeiten, der Verherrlichung von totalitären Weltanschauungen und der Rechtfertigung ihrer Verbrechen dienen.
Auch Religionskritik gab es, und damals schon wurde sie mit Schmähung, Vertreibung und Tod von Seiten der Herrschenden geahndet. (Sokrates, Aristoteles…)
Parallel zur Philosophie und zur systematischen Naturbeobachtung entwickelte sich das wissenschaftliche Denken. Logik und Mathematik waren Grundlage und Werkzeug der Naturwissenschaften.
Bildung stand im Mittelpunkt menschlichen Strebens. Philosophen waren die angesehensten Bürger. Nach Platon sollten sie die Staaten lenken. Schulen und öffentliche Bibliotheken gab es in allen größeren Städten Griechenlands und Roms. „Ohne Schulzwang wurden die meisten Kinder erfasst.“ [3]
Die Römer waren zwar philosophisch wenig kreativ, haben aber vor allem als Baumeister und Ingenieure Dauerhaftes hinterlassen.
„Zwischen der Akropolis in Athen und dem Kapitol von Rom liegen Europas Wurzeln und nicht im Wüstenstaub Palästinas.“[4]
Gott und die Götter
Mit dem Aufkommen dogmatischer Buchreligionen, wie Judentum, Christentum und Islam, wurde den Schriften mehr Glauben geschenkt als der Beobachtung, weil man ihren „Offenbarungen“ göttlichen und unantastbaren Status zusprach. So kam es, dass man glaubte: Alles, was wir wissen müssen, steht in irgendeinem dieser heiligen Bücher, den Veden, der Bibel oder im Koran. Erst allmählich haben sie gemerkt, dass dieses Wissen weder zur Bewältigung des Alltags und noch weniger zur Beherrschung der Natur taugte. Alles war nur ein Festhalten an ungeprüften Texten, Traditionen, Legenden, Mythen, Märchen.
Der Regen konnte nicht herbei und die Krankheiten nicht weggebetet werden. Trotzdem zweifelte man nicht an dieser Methode, die Welt zu beeinflussen. Die Lernfähigkeit wurde durch den unverrückbaren Glauben und unveränderliche Traditionen, unter Anleitung der Priesterschaft, auf Null gesetzt.
Falsche Weltsicht
Natürlich gab es in der griechisch-römischen Antike auch falsche Ansichten. Falsche Vorstellungen von der Welt werden aber erst zu einem dauerhaften Problem, wenn man sie für göttliche und unumstößliche Wahrheiten hält, wenn der Glaube an die Autorität das eigene Prüfen, Forschen, Denken und Verbessern verhindert.
Symptomatisch für die antiwissenschaftliche Einstellung der jüdisch-christlichen Religion ist, dass sie das Streben nach Erkenntnis mit der Vertreibung aus dem Paradies bestraft hat.[5] Die Schöpfungsgeschichte in der Bibel ist zwar erstaunlich gut, verglichen mit anderen Weltenstehungsmythen, in vielen Punkten aber falsch. Sie lässt die Sonne stillstehen, stellt die Erde in den Mittelpunkt der Welt, macht zwei große Lichter: Sonne und Mond und lässt die Welt in 6 Tagen von Gott erschaffen. Von Evolution wird nichts berichtet. Die Schreiber der Bibel wussten so viel, wie die Menschen zu ihrer Zeit wissen konnten und nicht mehr. Warum haben Gott und der Heilige Geist nichts über die Kugelgestalt der Erde, ihre Stellung im Weltall, über Elektrizität, Quantenphysik, Atomenergie, Evolution, Genetik…offenbart? Sie wussten nichts davon!
War Jesus unwissend?
Auch von Jesus haben wir nichts erfahren, was seine Zeit nicht gewusst hätte. Er lebt in derselben Geister- und Teufelswelt wie seine Mitmenschen. Wie löste der Meister das Problem der bösen Geister? Jesus trieb sie aus zwei Besessenen in eine Herde mit 2000 Schweinen und ließ diese dann über die Klinge, d.h. über die Klippe ins Meer springen, wo sie jämmerlich ersoffen.[6] Das war zweifellos eine elegante und einfallsreiche Methode. Tierschützer könnten zwar einwenden: „Diese armen Schweine!“ Aber der Zweck heiligt die Mittel. Freilich wurde viel Schweinefleisch auf den Meeresboden versenkt, aber eben noch mehr Boshaftigkeit unschädlich gemacht. Leider reichen die Fähigkeiten der heutigen Exorzisten nicht annähernd, um ein derartiges Spektakel zu wiederholen, was den Verdacht erweckt, dass das Ganze nur eine erfundene Geschichte ist. Jedenfalls funktioniert die Welt so nicht.
Er verflucht auch Feigenbäume, weil sie gerade keine Früchte trugen, verflucht ganze Städte, weil ein paar Leute seine Botschaft nicht hören wollten. Er meint, dass Glauben genügt, um Berge zu versetzen.
Jesus selbst hielt, gemäß den verwirrenden und widersprüchlichen Zeugnissen über ihn, nichts von diesseitiger Kultur. Er interessierte sich nicht dafür, wie die Welt wirklich funktioniert. Wissenschaft, Kunst, Staatstheorie und Literatur waren ihm egal. Er rechnete mit dem baldigen Ende der Welt. Er war ein Endzeitprediger, kein Forscher. Seine angeblichen Wunder, die den Gesetzen dieser Welt Hohn sprechen, und die es vor ihm auch längst gab, müssen geglaubt werden. Niemand sollte ernsthaft darüber nachdenken, denn „Selig sind die armen im Geiste, ihnen gehört das Himmelreich.“ Den Evangelisten ging es um Bekehrung mit allen Mitteln, nicht um geschichtliche Wahrheit.
Endzeiterwartungen spielen im Judentum, Christentum und im Islam eine wichtige Rolle. Sie verhindern, dass die Menschen sich im Diesseits einrichten und die Natur zum Wohle der Menschen erforschen. Alles Sehnen und Hoffen wurde auf ein zweifelhaftes Jenseits gelenkt. Es geht nicht mehr um das Glück in dieser Welt, sondern um die Rettung der Seele für die jenseitige Welt.
Die geistigen Führer in die Finsternis 380 bis ~1200
Mit der Erhebung des Katholizismus zur einzigen Staatskirche durch Theodosius I. wurde 380 mit dem Religionsedikt „Cunctos populos“[7] die Intoleranz gegen Andersgläubige zum Programm des christlichen Staates. Die letzte Philosophenschule wurde 529 in Athen von Kaiser Justinian geschlossen. Unter ihm kam es 565 zu umfangreichen Bücherverbrennungen. Bibliotheken wurden vernichtet, das blühende Schulsystem der Antike eingestellt, Philosophen (Hypathia) und Gelehrte des „Heidentums“ vertrieben und ermordet.
Daraufhin konnte es natürlich über Jahrhunderte keine Wissenschaftler mehr geben. Leute, die nicht lesen, nicht schreiben, nicht rechnen können, können keine Wissenschaft betreiben und die wenigen, die es noch konnten, waren der Ansicht, dass alles Wissenswerte und für das Seelenheil Notwendige in der Bibel steht. Das Volk sollte sie allerdings nicht lesen. Wahrscheinlich wären sonst die Widersprüche, der Wirrwarr, die Unmenschlichkeit dieser Texte bekannt geworden. Nur wer Latein, griechisch oder hebräisch konnte, bekam eine leise Ahnung davon, was in diesen Büchern stand. Das waren Mönche in Kaderschulen, umgeben von christlichem Propagandamaterial, Bibliotheken genannt. Für wissenschaftliche Forschung fehlten die geistigen Grundlagen. Nur was man für die Stärkung des eigenen Glaubens brauchen konnte, wurde bewahrt z.B. die Seelenlehre Platons.
Der Kulturstaat wird zum totalitären Gottesstaat, der sich im Gegensatz zur Antike sieht und der die Macht hat, diese zu zerstören. Heidnische Literatur wurde als teuflische Literatur betrachtet, die kein anständiger Christ lesen durfte.
Diesseitiges Glück war verpönt – außer für die Herrschenden – und wurde dem Streben nach dem jenseitigen Seelenheil geopfert. Sex galt als sündig, schmutzig, verwerflich.
Die geistigen Grundlagen für diesen Wandel legten Paulus, die Evangelisten, Kirchenväter, Kirchenlehrer und die Päpste.
„Paulus, Tertullian, Laktanz, Origines, Eusebius, Clemens, Hieronymus, Cyprian, sie alle lehren die gleiche Botschaft: Bildung sei unnütz, halte lediglich von der religiösen Einkehr ab und dürfe, wenn überhaupt, nur zur Interpretation der wahren christlichen Botschaft genutzt werden.“[8]
„Ich will zunichtemachen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.“[9] So schreibt Paulus in einem Brief an die Korinther.
Kirchenlehrer Tertullian kommt zu der Einsicht: credo quia absurdum = Ich glaube weil es unvernünftig ist.
Ambrosius, Bischof von Mailand, erklärt in einer Trauerrede anlässlich des Todes von Kaiser Theodosius 395 die gesamte Philosophie pauschal zum „Irrwahn“.
Augustinus meint: „Glaube geht der Erkenntnis voraus.“
Der tröstlichen Auffassung vom Tod als dem Ende aller Leiden, bei Epikur und Seneca, stellt Augustinus den Tod mit Angst und Schrecken gegenüber.
Sogenannte „Autoritäten“, die nichts wussten, aber in ihrer Anmaßung ganz von ihren „Glaubenswahrheiten“ überzeugt waren, die die Macht hatten zu diktieren und zu verfolgen, ersetzten Wissen durch Glauben.
Die Kirchenväter haben versucht, Antworten zu geben und die Welt zu erklären, aber ihre Erklärungen waren falsch und kindisch, weil sie unwissend waren und sie waren unwissend, weil sie keine Wissenschaft betrieben und bereits vorhandene wissenschaftliche Fakten ignoriert haben.
In den Klöstern gab es zwar Bibliotheken, aber mit Büchern, die überwiegend christliche Erbauungsliteratur enthielten. Nur eins von tausend Büchern wurde erhalten. Das antike Wissen, das auch in den Bibliotheken gehütet wurde, hielten die herrschenden Kleriker, die im 5. Jahrhundert noch lesen konnten, für unwichtig, weil es ohnehin nur auf die Rettung der Seele fürs Jenseits ankam.
Geister- und Wunderglauben, Traumdeutung, Aberglauben, Astrologie, Gottesurteile, Weissagungen, Gesundbeten, Hexen- und Ketzerverfolgungen traten an ihre Stelle. Reliquien-, Wunder-, und Legendenschwindel hielten das Volk in Unwissenheit, Drohungen mit Hölle und Teufel machten es fügsam und halfen dem Klerus, seine Herrschaft aufrecht zu erhalten. Warum sollte man in die Bildung von Untertanen investieren, wo sich doch Ungebildete viel leichter beherrschen lassen?
So folgte der hell erleuchteten Antike, das finstere Mittelalter.
„[…] Forschung wurde verbannt, die Erfahrungswissenschaften durch Bibel und Dogma erstickt, Naturwissenschaftler?? in Gefängnisse und auf Scheiterhaufen getrieben. 1163 verbietet Papst Alexander III. […] allen Klerikern das Studium der Physik. 1380 untersagt ein französischer Parlamentsbeschluss jede Beschäftigung mit Chemie unter Berufung auf ein Dekret von Papst Johann XXII.“[10]
Alles Nachdenken und naturwissenschaftliche Forschen, die Mathematik, Astronomie, Medizin, Geschichtswissenschaft verlor ihren Wert. Die Philosophie wurde zur Magd der Theologie. Naturkatastrophen galten als Strafen Gottes. Alles Unheil, z.B. Krankheit schrieb man den Sünden und dem Unglauben zu. Man muss nur den richtigen Glauben haben und lange genug beten, damit alles gut wird. Die Richtiggläubigen, die nämlich an Jesus glauben, und sich der absoluten Herrschaft der Kirche unterwerfen, kommen in den Himmel, die anderen in die ewige Hölle.
Da es unzählige Möglichkeiten des Glaubens gibt, kann die Einheit des Glaubens nur mit Zwang und mit Verfolgung der Andersdenkenden erzwungen werden. Ein von Kaiser und Papst diktierter Glaube, der wenig mit den Lehren des Jesus von Nazareth zu tun hatte, ersetzte die Bildung. Fundamentalismus siegte über die Freiheit des Denkens.
Niemand durfte im Mittelalter etwas anderes sein als katholisch. Juden, denen es als Menschen zweiter Klasse meist sehr schlecht ging, hatten eine Sonderrolle. Verfolgt und ausradiert wurden: Arianer, Markioniten, Priscillianer, Pelagianer, Donatisten, Novatianer, Nestorianer, Monophysiten… und später die Katharer = Albigenser, die Waldenser, die Hugenotten, die Hussiten, die Wiedertäuferund und andere „Ketzer“…
Nie zuvor hatte eine Weltanschauung so totale Macht über die Gehirne ausgeübt, wie die katholische Kirche zwischen dem 4. und 16. Jahrhundert in Europa.
Vom 13. Jh. bis zur Renaissance
Übersetzerschulen in Bagdad hatten im 8. und 9. Jh. die wichtigsten Texte der Antike ins Arabische übersetzt.[11] Dort war das Kulturgut der Antike besser bewahrt worden, hat damit dem Islam, der alles aufgriff, was in seinen eroberten Gebieten von Nutzen war, eine kulturelle Blüte beschert und von dort fanden Hippokrates, Galenos, Platon, vor allem Aristoteles über Byzanz, das islamische Andalusien / Toledo und Sizilien ins christliche Abendland zurück, z.B. zu Friedrich II., Michael Scotus; Albertus Magnus und Roger Bacon, die damit die Anfänge der abendländischen Wissenschaften begründeten.
Nachdem Byzanz 1453 von den Türken erobert worden war, kamen Gelehrte samt ihrer Bücher nach Italien, wo die Wiederentdeckung = Renaissance der Antike im 16. Jh. zu einer neuen Kulturblüte führte. Der Wiederentdeckung der Antike und Beobachtung der Welt folgten ein Aufstieg der Wissenschaften und ein Ende der christlich scholastischen Denkweise. Francis Bacon kommt 1620 zu der Einsicht, dass Wahrheit nicht von Autoritäten herrühre, sondern durch Beobachtung der Natur gewonnen werden muss.[12]
Auf heftigen Widerstand bei Kirchenleuten stieß die Ansicht, dass die Pest und die Cholera nicht die Strafe Gottes für Sünden und Fehlverhalten sei, sondern von den unhygienischen Verhältnissen in den Städten herrühre. Als 1456 der Halleysche Komet am Himmel erschien, wurden auf Befehl des Papstes alle Glocken geläutet und überall zum Gebet aufgerufen, weil man glaubte, er bringe die Rache Gottes, Krankheiten, Pest, Krieg. Dass er dann doch vorüberging, schrieb man diesen Gebeten zu.
Die katholische Kirche sträubte sich gegen das heliozentrische Weltbild des Kopernikus, gegen Blitzableiter, moderne Medizin (Krankheit kommt ja von Sünde, Obduktionen waren verboten), Kranke mussten zuerst einen Beichtvater aufsuchen, bevor sie einen Arzt konsultierten. Priester konnten angeblich besser heilen als Ärzte. Das Problem waren ja die bösen Geister und das sündige Fleisch, die bekämpft werden mussten.
Beschränkung des freien Denkens und Forschens
Inquisition
Seitdem das Christentum im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion geworden war, galt abweichendes Denken von dieser offiziellen, staatlichen Form des Glaubens, dem Katholizismus, als Ungehorsam gegen den Staat. Als Reaktion auf die ersten ketzerischen Gemeinschaften richtete die Kirche mit Unterstützung des Staates eine Behörde zur Verfolgung und Vernichtung von Ketzern ein, die Inquisition (lateinisch inquisitio: gerichtliche Untersuchung).
Wissenschaft im heutigen Sinn gab es im Mittelalter nicht. Deswegen waren die ersten Ketzer vor allem Leute, die aus religiösen Gründen in Widerspruch mit der Kirche gerieten.
Erst Giordano Bruno stellte sich nicht nur mit religiösen Zweifeln, sondern mit seinem ganzen Weltbild gegen die Kirche. Die Sterne erklärte er damit, dass sie wie unsere Sonne seien, dass das Universum unendlich sei, dass es eine unendliche Anzahl von Welten gebe und dass diese mit einer unendlichen Anzahl intelligenter Lebewesen bevölkert seien. Die ganze Natur sei beseelt und organisiere sich selbst (Pantheismus). Damit war ein Schöpfergott nicht mehr nötig. Er landete bekanntlich 1600 auf dem Scheiterhaufen.
Die neuzeitliche Wissenschaft setzt mit dem Siegeszug der mathematisch ausgerichteten Physik von Galilei, Kopernikus, Kepler, Newton ein.
1543 starb Kopernikus und überlebte den Druck seines Werkes, in dem seine Lehre, die die Sonne und nicht die Erde im Mittelpunkt des Sonnensystems vorsah, nur um zwei Monate.
1616 wurde sie von der katholischen Kirche verdammt. Galileo Galilei, der sich zu dieser Lehre bekannte, wurde zu dauerhaftem Hausarrest verurteilt und musste abschwören. Die Kirche rehabilitierte ihn immerhin 1992.
Auch Johannes Kepler der das heliozentrische System als wissenschaftliche Tatsache vertrat „stieß nicht nur bei der katholischen Kirche, sondern auch bei Keplers protestantischen Vorgesetzten auf erbitterten Widerstand. Denn auf beiden Seiten galten die Lehren von Aristoteles und Ptolemäus als unantastbar.“[13]
Die Mutter Keplers wurde noch als Hexe angeklagt.
Index der verbotenen Bücher
Ab 1559 wurde von Papst Paul IV. der „Index librorum prohibitorum“ herausgegeben. Das ist ein von der römisch-katholischen Kirche veröffentlichtes Verzeichnis von etwa 6000 verbotenen Büchern, die als eine Gefahr für den Glauben und die Sitten galten. Katholiken drohte die Strafe der Exkommunikation, wenn sie eines der im Index aufgeführten Bücher besaßen, lasen, verkauften oder weitergaben, ohne zuvor die Genehmigung der Kirche eingeholt zu haben. Er galt bis 1966.
Auf dem Index standen vor allem die Ketzer aber auch die deutsche Bibelübersetzung, die Aufklärer und die Begründer der modernen Staatstheorie: Montesquieu; Locke; Montaigne; Holbach, Hobbes; Marx; Rousseau; Diderot; Sartre; Voltaire; Machiavelli, Galileo Galilei; Giordano Bruno; Nikolaus Kopernikus; Martin Luther; Immanuel Kant; Heinrich Heine; Spinoza; Descartes; Friedrich II. von Preußen; usw. Hitler und „Mein Kampf“ stehen nicht auf dem Index.
Syllabus Errorum
1864 verurteilte Pius IX. im Syllabus Errorum = Buch der Irrungen, einige fortschrittliche Ideen, die für uns heute selbstverständlich sind: z.B. Demokratie, Menschenrechte, die freie Wahl der Religion. Rationalismus, Liberalismus; Sozialismus, Kommunismus, Modernismus waren schon lange die Feindbilder der Päpste und blieben es bis zum 2. Vatikanischen Konzil, 1962-1965, unter Johannes XXIII. und Paul VI. Bis dahin hielt die Römisch-katholische Kirche sich für die einzig wahre Kirche, bis dahin wurde für die abtrünnigen Juden gebetet.
1824 verbot Papst Leo XII. die Impfung gegen Pocken.
Bis 1869 hielt man in der katholischen Kirche an der aristotelischen Lehre bzw. Lehre des Thomas von Aquin von der stufenweisen Beseelung fest, wobei der männliche Fötus nach 40 Tagen, der weibliche nach 80 Tagen beseelt sei.
Lange hat sich die Kirche gegen die Evolutionslehre Charles Darwins gesträubt, die sie erst 1996 anerkannte.
Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht nach der Reformation, vor allem in evangelischen Ländern, 1649 in Württemberg, war Voraussetzung für wissenschaftliches Forschen.
Durch die Untersuchung, welchen Kirchen die Mitglieder der Royal Society im 17. Jahrhundert angehörten, kam der amerikanische Soziologe Robert King Merton 1938 zu dem Schluss, dass die naturwissenschaftlich-technologische Revolution des 17. und 18. Jahrhunderts im Wesentlichen von Protestanten, hauptsächlich englischen Puritanern und deutschen Pietisten, getragen wurde (Merton-These)
Antimodernisteneid
Von 1910 bis 1968 verlangte die katholische Kirche von ihren Studierenden und Pfarrern einen Eid zu schwören, dass sie in ihren Glaubensaussagen nicht von den Lehren der Kirche abweichen. Dazu gehört: Dass Gott als Ursprung allen Seins mit der Vernunft bewiesen werden kann. Dass zu diesen Beweisen die Offenbarung, Wunder und Prophezeiungen gehören, die unzweifelhaft seien. Dass die katholische Kirche den richtigen Glauben des geschichtlichen Jesus vertritt und in der Nachfolge Petri steht.
Auch die Gedanken der Aufklärung, Demokratie, Menschenrechte, Weltanschauungsfreiheit usw. konnten nur gegen den zähen Widerstand der Kirchen durchgesetzt werden.
Viele freie Denker durften im christlichen Europa nicht kund tun, dass sie an der Existenz Gottes, welchen Gottes? ihre Zweifel hatten und dass sie die Dogmen der Kirche für menschliche Machenschaften hielten.
Religionskritische Philosophen wie David Hume, Christian Wolff, Johann Gottlieb Fichte, Auguste Comte, Ludwig Feuerbach, David Friedrich Strauß, 1808-1874, hatten zu ihrer Zeit kaum Möglichkeiten an einer Universität zu lehren.
Reformation und Aufklärung
Durch die Reformation verlor die katholische Kirche die absolute Macht und die Möglichkeit, das Denken und Forschen außerhalb ihres Herrschaftsbereiches beschränken zu können. Mit der Aufklärung und der Reformation kam es zu einer gewissen Befreiung des Denkens, vor allem auch auf dem Gebiet der kritischen Bibelexegese.
Bildung gewann wieder an Ansehen und Wert. Die Schulpflicht wurde eingeführt und Universitäten gegründet, an denen mehr oder weniger frei geforscht werden konnte. Zu welchen Forschungsergebnissen sollte wohl eine Universität kommen, wenn der Papst bestimmt, was herauskommen muss? Die Aufklärung sollte eine Trennung von Kirche und Staat schaffen, die in Deutschland leider nur halbherzig vollzogen wurde. Damit begann die freie Wissenschaft in Europa zu blühen.
Aber schon wieder gibt es Diktaturen, die sie knebeln wollen. In der Türkei darf die Evolutionslehre nicht mehr unterrichtet werden, der amerikanische Präsident ignoriert die wissenschaftlich anerkannte Erwärmung der Erdatmosphäre durch den Menschen.
Die Wissenschaft wird die Religion nicht ersetzen können, weil die Menschen ein starkes Bedürfnis nach Gemeinschaft, Trost und großen Gefühlen haben, die die Wissenschaft nicht bieten kann. Die Wissenschaft sollte dazu da sein, die Welt zu erforschen und den Menschen zu helfen, ihr Leben auf der Erde zu verbessern.
Auch die Wissenschaft kann viele Fragen nicht beantworten und so bleibt ein Spielraum für philosophische Spekulationen. Warum sind wir da? Was sollen wir hier? Wo gehen wir nach dem Tod hin? Warum ist die Welt so, wie sie ist und nicht anders und besser? Warum gibt es sie und uns überhaupt? Ist alles nur Zufall oder steckt ein Sinn dahinter? Sind wir frei in dem, was wir tun oder ist alles vorherbestimmt? Wer bestimmt unser Schicksal: der Zufall und die Notwendigkeit oder „Gott“ – und was ist das?
Was lehrt die katholische Kirche heute?
Seit 2000 Jahren hat sich nicht viel an den Lehren der katholischen Kirche verändert. Sie lehrt, dass ein Gott, der ein dreifacher ist, die Welt in 6 Tagen erschaffen hat. Die ersten Menschen, Adam und Eva, sind schuldig geworden, weil sie nach Erkenntnis strebten. Deswegen sind sie aus dem Paradies vertrieben worden. Ihre „Schuld“ ist an alle weitervererbt worden und Jesus musste uns durch seinen Kreuzestod davon erlösen. Jeder trägt bei seiner Geburt diese Erbschuld mit sich, die nur durch die christliche Taufe aufgehoben werden kann. Nur Getaufte können in den Himmel kommen, nur Leute, die an Jesus glauben. Gott wird einst über uns Gericht halten. Die Rechtgläubigen, das sind natürlich die Katholiken, kommen in den Himmel, die Bösen, das sind vor allem die Falschgläubigen, kommen in die Hölle, davor gibt es das Fegfeuer, dessen Dauer durch Gebete der Angehörigen verkürzt werden kann. Wichtig ist es vor allem, den richtigen katholischen Glauben zu haben, dann werden alle Verbrechen verziehen. Sie müssen nur rechtzeitig gebeichtet werden. Sie glaubt, dass Körper und Seele getrennt werden können und dass die Seele unsterblich ist.
Sie lehrt, dass es den Teufel gibt, der mit geweihtem Wasser, Gebeten und Kreuzeszeichen vertrieben werden kann. Sie lehrt, dass es Engel gibt und Wunder, lehrt, dass der Mensch im Paradies aus Staub und Lehm von einem nicht erkennbaren Gott gebastelt wurde und dass die Frau aus der Rippe Adams entstand.
Sie lehrt, dass Maria die Mutter Jesu, vom Heiligen Geist geschwängert wurde und dass Jesus jungfräulich empfangen wurde. Dass er der Sohn Gottes ist, dass er gekreuzigt, gestorben, am dritten Tage von den Toten auferstanden und schließlich in den Himmel aufgefahren ist. Dass er bei der Wandlung von Wein und Brot während der Messe tatsächlich mit seinem Blut und seinem Leib gegenwärtig ist.
Sie glaubt, dass man Fahrzeuge mit Weihwasser vor Unfällen schützen kann, dass von den Knochen der Heiligen eine heilsame Wirkung ausgeht. Sie lässt immer noch vielbeschäftigte Exorzisten böse Geister austreiben….
Sex darf nur zur Zeugung von neuem Leben eingesetzt werden. Er darf auf keinen Fall nur Spaß machen, das wäre Sünde.
Zusammenfassung
Zwischen 380 und ~1300 hat die katholische Kirche die Wissenschaft entschieden bekämpft, trotzdem sind viele Erkenntnisse der Antike über die angrenzenden muslimischen Reiche und über Byzanz, wo dieses Erbe höher geschätzt wurde, in das christliche Abendland eingedrungen. Antike Texte gab es auch in Klosterbibliotheken. Sie galten aber als wertlos für das Seelenheil. Mit dem Fall von Konstantinopel 1453 kamen diese Erkenntnisse vermehrt nach Italien und lösten dort eine Kulturblüte, die Renaissance aus. Das wissenschaftliche Denken in Europa wurde vor allem durch Francis Bacon geprägt. Nicht den Autoritäten sollte geglaubt werden, sondern dem eigenen Forschen! Wissen ist Macht.
Jahrhundertelang mussten wenige mutige Forscher wissenschaftliche Erkenntnisse gegen die Kirchen durchsetzen: Kopernikus, Galilei, Kepler, Darwin…
In den protestantischen Ländern war dies leichter, weil es dort keine allmächtige Autorität gab, die dies hätte verhindern können, in den Niederlanden, England, USA.
Schließlich ist die Kirche auf den laufenden Zug aufgesprungen, behauptet heute selbst Wissenschaft zu treiben und dass sie schon immer für die Wissenschaft war.
Tatsächlich hat sich der Katholizismus immer mit allen verbündet, deren Ziel es war, das Volk in Unmündigkeit zu halten, mit Königen von Gottes Gnaden, mit dem Adel, mit Faschisten, seit neuestem mit dem Islam. Sie will herrschen und nicht aufklären. Dazu braucht sie nicht mündige, sondern unwissende und unmündige Gläubige. Sie ist der Gegner aller Aufklärung und wird sie verhindern, solange sie kann.
Sobald sich eine fortschrittliche Idee, gegen die sie jahrhundertelang gekämpft hat, etabliert hatte, behauptete sie Ideengeber und Vorreiter gewesen zu sein…und damit hat sie bis heute, trotz ihrer verhängnisvollen Rolle in der Geschichte, ihr Image als eine Kraft des Guten bewahrt.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenopfer
[2] -Minuszeichen vor einer Zahl = vor unserer Zeit = v.Chr.
[3] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa
[4] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa
[6] Markus 5:13
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Dreikaiseredikt
[8] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa
[9] 1Kor1:18 / Jesaja 29,14
[10] Karlheinz Deschner / Kriminalgeschichte des Christentums
[11] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa
[12] Encarta 2009
[13] Wikipedia
Copyright Roland Fakler © Januar 2018
Dieser Artikel ist mit Kommentaren beim Humanistischen Pressedienst erschienen.
Zählmarke 1 / ID e93919fe16d24bea9171102549e029b1 /11.12.2018
Luther
Luther
Luther Pro und Contra
Pro:
Kritik an der totalen, korrupten und verschwendungssüchtigen Macht der katholischen Kirche. Die Päpste hatten, trotz Zölibat, Frauen und Kinder. Nepotismus = Vetterleswirtschaft, minderjährige Neffen des Papstes konnten Bischofssitze bekommen.
Die Bibelübersetzung erlaubt es jedem die Bibel zu lesen. Förderung der deutschen Sprache. Direkten “Zugang zu Gott” – ohne die Vermittlung durch die Priester.
Abschaffung von Heiligen-, Reliquien-, Marienverehrung, kein Weihwasser, gegen Ablasshandel, Fegefeuer, Weih- und Segensdienste.
Die Heilige Messe gilt nur als Gedächtnismahl, keine echte Transsubstantiation = Umwandlung des Leibes Christi in Fleisch und Blut.
Priesterehe und Scheidung sind erlaubt.
Priester können keine Sünden vergeben.
Nur 2 statt 7 Sakramente: Taufe – Abendmahl
Bei den Katholiken gibt es 7 Sakramente: Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Eheschließung und Weihesakrament.
Contra
Hassprediger gegen Juden, Bauern, Ketzer, Türken…für Kriegsdienst. Die Obrigkeit kommt von Gott; Hierarchie, Armut und Leibeigenschaft seien gottgewollt.
Er hält die Bibel für absolut glaubwürdig, sieht überall Teufel und böse Geister am Werk.
“Die Vernunft ist die Hure des Teufels”.
Er ist für die Hexenverfolgung. Behinderte Kinder hält er für Abkömmlinge des Teufels, die man töten sollte.
Der Weg zur Freiheit führt über den säkularen Staat
Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum: Leserbrief im Gäuboten Herrenberg am 4.11.2017 am 10.11. 2017 im Spiegel erschienen.
Die Reformation kann nur als ein Schritt in die richtige Richtung betrachtet werden: Der Befreiung des Menschen von totalitären Herrschaften und absoluten Heilsversprechen! Die Menschen sollten begreifen, dass sie auf einem Planeten sitzen und sie müssen irdische Spielregeln finden, wie sie miteinander verträglich umgehen. Der mündige Bürger, der sich nicht mehr unter Drohungen vorschreiben lässt, was er zu denken und zu glauben hat, der sich aus vertrauenswürdigen Quellen informiert, der nicht länger Spielball größenwahnsinniger „Heilslehrer“ ist, muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen.
Dialoge muss es zwischen allen geben. Dazu gehören inzwischen 44% Konfessionsfreie …und ihr Anteil wächst rasant.
Für Religionen und Ideologien, die uns in Auserwählte und Verdammte, in Rechtgläubige und Falschgläubige einteilen und für unfehlbare Offenbarungen ist die Zeit abgelaufen. Luther und Calvin waren nicht toleranter als die Päpste und Mohammed, als die Faschisten, Muslime und Kommunisten.
Der Weg zur Freiheit und Mündigkeit führt über den säkularen Staat, der neutral über den Weltanschauungen stehen muss, der allen gleiche Rechte gibt und über einen Werteunterricht, der informiert, nicht indoktriniert, der die Schüler zu selbständigem Denken erzieht.
Was uns verbindet, sind die Werte der Aufklärung: Demokratie, Menschenrechte, Toleranz in einer offenen Gesellschaft… die es gegen ihre Feinde zu verteidigen gilt.
Über das, was wir nicht wissen können, muss jeder frei philosophieren dürfen! Z.B. Gott – Seele – Tod – Unsterblichkeit….
Das Verwerfliche an totalitären Ideologien ist, dass sie die Menschen in Wertvolle und Wertlose einteilen: Aufteilung der Menschen in den verschiedenen totalitären Ideologien: Judentum: Juden und Nichtjuden – die einen gehören zum Volk Gottes und sind auserwählt, die anderen sind verloren. Christentum: Wer an Jesus glaubt wird gerettet – die anderen sind verdammt und werden ins ewige Feuer geworfen. Islam: Rechtgläubige Muslime kommen ins Paradies – Ungläubige werden in der Hölle gebraten. Kommunismus: teilt die Welt in Proletarier und Klassenfeinde, die bekämpft und vernichtet werden müssen Faschismus: Volksgenossen haben ein Lebensrecht – Menschen “artfremden” Blutes haben kein Lebensrecht oder höchstens als Sklaven
Meine Notizen zum „Helden des Jahres"
Kritik an der römisch – katholischen Kirche gab es schon, seitdem sie unter Konstantin I. mit Reichtum, Krieg und Verfolgung weit vom Ideal des Meisters abgewichen war. Vorläufer waren die Ketzer, dann John Wicliff und Jan Hus. Erste Ketzer waren Markion; Montanus; die Manichär und Gnostiker; Arius; Athanasius; Pelagius 350-420, Donatus, Priscillian war im Jahr 385 das erste Todesopfer; Petrus Abaelardus; Arnold von Brescia wurde 1155 hingerichtet; Heinrich von Lausanne; Petrus Valdes, Gründer der Waldenser, ca. 1183 vertrieben … Etwa 70 deutsche Übersetzungen sind vor der Reformation nachweisbar, darunter verschiedene Evangelienharmonien. (Wikipedia) Zu Luthers Zeiten war die röm. Kirche ein einziger Saustall mit Vetterles- und Mätressenwirtschaft, Ämterkauf, Intrigen, Verweltlichung, Prunk- und Verschwendungssucht, grenzenlose Hab- und Raffgier, Betrügereien, wie Ablass- und Reliquienhandel. Löblich, dass Luther dagegen aufgestanden ist! Seine Übersetzung der Bibel ins Deutsche war eine Meisterleistung. Dass der Gläubige selbst die Bibel lesen konnte, war ein Schritt zur Mündigkeit des Volkes. Luther blieb allerdings ein Mann des Mittelalters, der von allgegenwärtigen Teufeln besessen war, der alles Unglück: Krieg, Feuer, Hagel, Pest, Wahnsinn, Selbstmord, vor allem die Krankheit dem Teufel anrechnet. Den Falschgläubigen drohen ewige Höllenstrafen. An den drückenden Verhältnissen will er nichts ändern, denn alle Obrigkeit kommt von Gott. Sie ist gottgewollt. Demokratie und Menschenrechte kamen ihm nicht in den Sinn, obwohl es Demokratie schon in der Antike und in den Stadtstaaten Oberitaliens und Deutschlands gab. Die Bauernaufstände will er niederschlagen. Die Leibeigenschaft kümmert ihn nicht. Die Freiheit will er geistig und nicht fleischlich verstanden wissen. Jeder Christ habe, gemäß dem Vorbild Jesu, „nicht zu rechten und zu fechten, sondern Unrecht zu leiden und das Übel zu dulden”.
Der Leser Gerd S. schreibt, dass er an mich glaubt, dass die Fähigkeit zu zweifeln aber viel wichtiger ist als glauben. Antwort auf Gerd S. in einem Leserbrief am 13.Juni 2017 im Schwäbischen Tagblatt Tübingen
Falsches Denken
Glaube beginnt in der Schule, wo nicht Glauben, sondern vernünftige Werte und kritisches Denken gelehrt werden sollten. Leider ist es so, dass auf der ganzen Welt der blinde Glaube an die herrschende Weltsicht / Religion gefördert und gelobt wird. Aber was ist das für eine geistige Leistung, Dinge zu glauben, die man nicht geprüft hat, die man nicht einmal prüfen darf? Man muss dazu nur sein Hirn abschalten. Es ist die Kritik, die letztlich die Welt weiterbringt, die Kritik an unvernünftigen und verhängnisvollen Denkweisen ebenso, wie an Drohbotschaften aus dem Orient, die einen vor die „verlockende“ Wahl zwischen blindem Glauben und ewiger Verdammnis stellen. Es freut mich zwar, wenn jemand an mich glaubt, aber jeder hat auch die Freiheit, dies nicht zu tun. Mehr noch: Jeder hat das Recht, mich zu kritisieren. Ich bin immer bereit zu lernen. In meinem letzten Buch: „Falsches Denken > Falsches Handeln“ habe ich auf 284 Seiten gezeigt, wie aus Denkfehlern falsches Handeln entsteht und habe die Hoffnung, dass das Tagblatt demnächst etwas „Kritisches“ darüber schreibt.
Lutherzitate
Hier spricht der „Aufklärer“ selbst: Vernunft:… ist die Hure des Teufels.
„Wer […] Christ sein will, der […] steche seiner Vernunft die Augen aus“
Philosophie: „Ich wenigstens glaube, Gott diesen Gehorsam zu schulden, gegen die Philosophie wüten […] zu müssen“ Wissenschaft: Zu Kopernikus: „Der Narr will mir die ganze Kunst Astronomia umkehren!“
Gerecht durch den Glauben, nicht durch das Tun: So sind wir also in uns Sünder und dennoch gerecht durch den Glauben.” “Sündige tapfer, und glaube noch tapferer!” An Philipp Melanchthon
»Aber sie (die Ärzte) sehen nicht auf den Teufel als den Urheber der sonst natürlichen Ursache einer Krankheit […] Ich glaube, dass bei allen schweren Krankheiten der Teufel der Urheber und Anstifter ist.«
Obrigkeit: »Wenn es rechtmäßig zugeht, hat die Obrigkeit mit ihren Untertanen nichts anderes zu tun, als das Recht zu bewahren, Gericht zu halten und Urteile zu fällen. Wenn sie sich aber empören und auflehnen, wie es jüngst die Bauern taten, ist es recht und billig, gegen sie mit Gewalt vorzugehen.
Die Obrigkeit ist immer gerecht: »Es ist eine verdammte, verfluchte Sache mit dem tollen Pöbel. Niemand kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die sind der Knüppel, der dem Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf bessere Art regieren, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie gesetzt haben als das Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an, was für Kinder es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn sie es zu tun wagten. Darum rate ich, dass ein jeder, der hier mit einem guten Gewissen handeln und das Rechte tun will, mit der weltlichen Obrigkeit zufrieden sei und sich nicht an ihr vergreife.«
…Denn der Pöbel besitzt und kennt kein Maß. In jedem einzelnen stecken wohl mehr als fünf Tyrannen. So ist es besser, von einem Tyrannen, d.h. von der Obrigkeit, Unrecht zu leiden als von unzähligen Tyrannen, d.h. vom Pöbel.«
Ich möchte mich fast rühmen, dass seit der Zeit der Apostel das weltliche Schwert und die Obrigkeit noch nie so deutlich beschrieben und gerühmt worden ist wie durch mich. Sogar meine Feinde müssen das zugeben.«
Zum Aufstand der Bauern: Jeder Christ habe, gemäß dem Vorbild Jesu, nicht zu rechten und zu fechten, „sondern Unrecht zu leiden und das Übel zu dulden.“ „Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann, besser als andere mit Beten.“ „Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“
Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden…”
„Es ist besser, wenn Tyrannen hundert Ungerechtigkeiten gegen das Volk verüben, als dass das Volk eine einzige Ungerechtigkeit gegen die Tyrannen verübt.”
Christen verzichten darauf, sich gegen die Obrigkeit zu empören.
„Steche, schlage, würge hie, wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen seligeren Tod kannst du nimmer mehr erlangen“.
Ketzer und Papst: „Mit Ketzern braucht man kein langes Federlesen zu machen, man kann sie ungehört verdammen. Und während sie auf dem Scheiterhaufen zugrunde gehen, sollte der Gläubige das Übel an der Wurzel ausrotten und seine Hände in dem Blute der Bischöfe und des Papstes baden, der der Teufel in Verkleidung ist“.
Der Teufel: „Die Kinder soll man die Teufelsgefahren in frühem Alter fürchten lehren“,… „Ein Christ soll das wissen, dass er mitten unter den Teufeln sitze, und dass ihm der Teufel näher sey, denn sein Rock und Hemde…“
Frauen: „Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.”
„Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, dass die Männer durch sie geboren werden.“
»Wer mag alle leichtfertigen und abergläubischen Dinge erzählen, welche die Weiber treiben … es ist ihnen von der Mutter Eva angeboren, dass sie sich äffen und trügen lassen. […] Eine Frau hat häuslich zu sein, das zeigt ihre Beschaffenheit an; Frauen haben nämlich einen breiten Arsch und weite Hüften, dass sie sollen stille sitzen.«
»Die Ordnung fordert Zucht und eher, dass Weiber schweigen, wenn die Männer reden.«
»Will die Frau nicht, so komm’ die Magd!«
»Weiber Regiment nimmt selten ein gut’ End! Da Gott Adam zum Herrn über alle Kreaturen gesetzt hatte, da stund es alles noch wohl und recht, und alles war auf das beste regiert; aber da das Weib kam und wollte die Hand auch im Sode haben und klug sein, da fiel es alles dahin und ward eine wüste Unordnung.«
»Denn Gott hat das Weib geschaffen, dass es soll bei dem Manne sein, Kinder gebären und Haushaltung verwalten.«
»Wo nun eins sich sperrt und nicht will, da nimmt und raubt es seinen Leib, den es dem andern gegeben hat. Das ist dann eigentlich die Ehe, und die Ehe ist zerrissen. Darum muss hier die weltliche Obrigkeit das Weib zwingen oder umbringen.«
Hexen: „Der Volksmund nennt sie die Weisen Frauen. Sie sollen getötet werden… Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an … Deswegen sind sie zu töten … nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“ „Ich wollte sie selber verprennen, nach Weise des mosaischen Gesetzes, wo die Priester mit der Steinigung der Schuldigen den Anfang machten.“
Behinderte hielt er für die Frucht des Teufels: “….daß er „gänzlich dafür hielte, daß solche Wechselkinder nur ein Stück Fleisch, eine massa carnis, sein, da keine Seele innen ist, denn solche könne der Teufel wohl machen“. Daher habe er den Fürsten von Anhalt geraten, daß man „Wechselbalg und Kielkropf […] ersäufen sollte“, denn sie seien Teufelssöhne. Sie seien bloßes Fleisch, das „denn nicht gedeiht, sondern nur frißt und seugt“. Sie würden „scheißen, fressen und saufen“ wie zehn gesunde Kinder und nur ihre Mütter aussaugen.”
Strafen: Foltertod für Prostituierte: “Wenn ich Richter wäre so wollte ich eine solche französische, giftige Hure rädern und ädern lassen.”
Juden: „Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen…; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, … unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (…) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“
- Von den Juden und ihren Lügen, fordert Luther: ihre Synagogen niederzubrennen,
- ihre Häuser zu zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen zu lassen,
- ihnen ihre Gebetbücher und Talmudim wegzunehmen, die ohnehin nur Abgötterei lehrten,
- ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe zu verbieten,
- ihren Händlern das freie Geleit und Wegerecht zu entziehen,
- ihnen das „Wuchern“ (Geldgeschäft) zu verbieten, all ihr Bargeld und ihren Schmuck einzuziehen und zu verwahren,
- den jungen kräftigen Juden Werkzeuge für körperliche Arbeit zu geben und sie ihr Brot verdienen zu lassen. »Von unseren obersten Herren, welche Juden unter sich haben, wünsche und erbitte ich mir, dass sie gegen diese elenden Leute eine gnadenlose Barmherzigkeit üben mögen, wie schon oben gesagt, um zu sehen, ob das etwas helfen würde. So, wie die hilfsbereiten Ärzte, wenn das heilige Feuer (Wundbrand) in den Beinen ist, mit Unbarmherzigkeit vorgehen und schneiden, sägen, brennen, Fleisch, Adern, Mark und Knochen abtrennen, so verfahre man hier auch, verbrenne ihre Synagogen und verbiete alles, was ich oben gesagt habe. Man zwinge sie zur Arbeit und verfahre mit ihnen mit aller Unnachsichtigkeit, so wie es Moses in der Wüste tat, als er 3.000 totschlug, damit nicht das ganze Volk verdorben werde. Sie wissen wirklich nicht, was sie tun, und wollen es wie besessene Leute weder wissen, hören noch lernen. Deshalb kann man hier keine Nachsicht üben und sie in ihrem Wesen stärken. Hilft das nicht, dann müssen wir sie wie tollwütige Menschen fortjagen, damit wir uns nicht an ihren abscheulichen Lästerungen und Untaten mitschuldig machen und mit ihnen Gottes Zorn verdienen und verdammt werden. Ich habe das Meine getan. Jeder muss sehen, dass er das Seine tut. Ich bin entschuldigt.«
“Wenn ich einen Juden Taufe, will ich ihn an die Elbbrücken führen, einen Stein um den Hals hängen, ihn hinabstoßen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams”.
Youtube – Dokumentation: Luther und Jesus im Vergleich Youtubefilm: https://youtu.be/VDpzzz-ECc8
ID d61bc4b6fc2c4665a08f7f29d2e85d8b / 13.01.2018
St. Martin
Mit heiligem Eifer
Mit heiligem Eifer
Ein Martinsweg führt durch unser Dorf. Nun muss ich die schöne Legende vom heiligen Martin, leider, um ein paar geschichtliche Tatsachen ergänzen … damit niemand die Bodenhaftung verliert! Jeder kennt die Geschichte mit dem Bettler, für den er seinen Mantel teilte. Das ist eine schöne Legende, die zur Mildtätigkeit anregt, aber eben nur eine Legende!
Zur wahren Geschichte gehört, dass Martin, trotz seiner angeblichen Bescheidenheit, Bischof von Tours wurde und laut Historiker Deschner dort über ein Heer von 20 000 Knechten (Leibeigene) gebieten konnte. Schon Paulus und Augustinus haben die Sklaverei gerechtfertigt.
Er habe nie gelacht, Tote auferweckt, Kranke geheilt, böse Geister mit Kreuz und Gebet abgewehrt und viele Wunder gewirkt, wie wir von seinem Freund und Biografen Sulpicius Severus – Vita sancti Martini – erfahren, der uns „nur Sicheres und Wahres berichtet“. Dazu gehört, dass Martin in seiner Freizeit mit „heiligem Eifer“ an der Spitze von Mönchsbanden durch Gallien (Frankenreich) gezogen ist, die „alten, hochberühmten Tempel“ der verdammten Heiden abgefackelt, ihre „heiligen Bäume“ umgehauen und dort die Kirchen für den „wahren“ Gott erbaut hat. „In seinem Herzen wohnte nur Güte, nur Frieden, nur Erbarmen“, aber eben nur für die Rechtgläubigen, für „Menschen“ und nicht für Heiden, denn so steht es in der Bibel (2. Mose 34:13): „Ihre Altäre sollst du umstürzen und ihre Götzen zerbrechen und ihre Haine ausrotten!“ In seiner Kindheit hat er selbst viel Zwang und Gewalt erfahren! Ehre, wem Ehre gebührt!
Wenn an die Pogromnacht erinnert wird, wenn über das Verhalten von Ehrenbürgern oder über den Tübinger Vertrag diskutiert wird, geht es immer darum, geschichtliches Handeln zu bewerten und daraus Maßstäbe für die Gegenwart und Zukunft abzuleiten. Wenn dabei jemand unverdiente Ehren einbüßt, liegt das an einer Neubewertung aufgrund der wahren Geschichte.
So werden auch über den Heiligen Martin allerlei erbauliche Legenden erzählt. Was die meisten aber nicht wissen, ist die wahre Geschichte. Dazu gehört, dass der Bischof von Tours zu seiner Zeit, um 380, an der Spitze von Mönchen durch seine Diözese gezogen ist und die Götzenbilder, Tempel und heiligen Bäume der „falschgläubigen Heiden“ zerstört hat. Es gibt auch noch andere heilige Brandstifter, die sich durch das Niederbrennen von heiligen Hainen, Tempeln und Synagogen „unsterblichen Ruhm“ erworben haben z.B. der Heilige Kyrill oder der Heilige Marcellus. Die Sieger schreiben die Geschichte in ihrem Sinne oder besser: Sie verschweigen, was nicht in ihrem Sinne ist.
Platzhirsche wehren sich
Leserbrief im Gäuboten Herrenbergam 30.09.2017
Eine mögliche Erklärung zum guten Abschneiden der AfD vor allem im Osten
Platzhirsche wehren sich gegen neue Rivalen
„Ich versteh einfach nicht, wie man so eine blöde Partei wählen kann“, empörte sich eine Freundin bei mir nach der Bundestagswahl. „Ich versteh es nicht!“ Lass es dir erklären, sagte ich: „Das kannst du nur verstehen, wenn du dich in Hirsche hineinversetzen kannst, was einer Frau ja schwerer fällt als einem Mann. Selbst die Hirsche verstehen ihr Verhalten meist nur instinktiv, nicht rational, deswegen spielen hier Argumente und Wahlprogramme überhaupt keine Rolle. Worum geht es bei den Hirschen? Ums Revier und um die Hirschkühe!“ Also warum wählen vor allem Männer im Osten die AfD. Schon nach der Wende sind viele Frauen nach Westen rüber, weil sie dort bessere Job- und Männer-Angebote fanden als im Osten. Dort gibt es jetzt einen Männerüberschuss. „Was glaubst du nun, wie sich Hirsche fühlen, wenn die Försterin (= Kanzlerin) weiblich – deswegen versteht sie es ja auch nicht – in ein Revier mit vielen Hirschen und wenigen Hirschkühen ein weiteres Rudel junger Hirsche schickt? Da entsteht einfach Panik, Angst vor Revierverlust. Zu viele Hirsche müssen jetzt um die wenigen Hirschkühe kämpfen. – Ich hoffe, du hast das verstanden! Wir sind mitten in der Brunftzeit, die Platzhirsche wehren sich gegen neue Rivalen…diesmal eben in Bundestagswahlen!
Wahlkampf: Was zu tun wäre!
Was zu tun ist
Eine Art finaler Leserbrief zu allen bisherigen Wahlkampfleserbriefen.
Da ich im Wahl-O-Mat bei keiner Partei auf mehr als 50 Prozent komme, sage ich hier, was zu tun ist.
Wichtigstes Thema: Flüchtlinge. Deutschland kann und soll helfen, aber Deutschland hat viele aufgenommen und ist ein dichtbesiedeltes Land, es soll nicht weiter zugebaut werden. Wir brauchen nachhaltigen Umgang mit Umwelt und Ressourcen. Es muss eine gesamteuropäische Lösung und globale Anstrengungen geben, das Elend in der Welt zu mindern. Gerechte, nicht ausbeuterische Wirtschaftsweise. Familienplanung ist das wichtigste Gebot für Länder, die ihre Bevölkerung nicht ernähren können. Das Asylrecht ist für politisch Verfolgte. Zuwanderer haben eine Verpflichtung, sich um Integration zu bemühen und deutsch zu lernen. Parallelgesellschaften, Scharia-Recht und Hassprediger haben keinen Anspruch auf Toleranz. Wer unsere freiheitliche Ordnung bekämpft, verwirkt sein Recht auf Asyl. Die Wahlen in der Türkei haben gezeigt, wie verhängnisvoll die doppelte Staatsbürgerschaft sein kann. Die Türkei gehört derzeit nicht zu Europa und sollte auch nicht zur Nato gehören. Beide sind wichtige Pfeiler unserer Sicherheit. Keine Rüstungsexporte außerhalb der Nato. Für einen Beruf muss man sich eignen, deswegen Berufsarmee. Totale Energiewende, die uns unabhängig macht von Öl und Gas aus Terrorstaaten. Hilfe für die Armen im Inland. Gleichberechtigung von Säkularen und Religiösen. Humanistische Leitkultur. Ethikunterricht für alle mit dem Erziehungsziel: Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundordnung.
Lehren aus der Geschichte
Lehren ziehen
Leserbrief im Tagblatt Tübingen 15.09.2017 Roland Fakler, Ammerbuch
Das Thema „Für und wider die Religion“ lässt einige Leser nicht los – hier eine Reaktion auf Stefan Sch. (6. September).
Herr Sch., das Problem ist der Mensch! Vor allem die sogenannten „Starken“ und ihr hemmungsloses Streben nach Macht und Reichtum sind das Problem … und werden es bleiben (Erdogan, Kim Jong Un, Assad, …).
Andererseits gibt es auch ein Bedürfnis der Menschen, sich einem Führer anzuvertrauen. Ihre Opferbereitschaft auf der einen Seite und die Unvollkommenheit dieser Führer auf der anderen Seite haben oftmals zu riesigen Tragödien und endlosen Enttäuschungen geführt.
Die „Starken“ benutzen die Religion ebenso wie atheistische Weltanschauungen, zum Beispiel den Kommunismus, Softwaremanipulation und auch ihre Vernunft, um ihre Ziele zu erreichen. Wichtig wäre, dass wir aus dieser problematischen Natur des Menschen und aus seiner Geschichte die richtigen Lehren ziehen. Die wichtigste wäre, dass Macht immer beschränkt, kontrolliert und kritisiert werden muss, um die Freiheit der Bürger zu sichern und das System zu verbessern. Menschenrechte und Demokratie sind ein großer Fortschritt in der Menschheitsgeschichte, gemessen an den totalitären Herrschaftssystemen des Orients und des Mittelalters. Sie wurden in der Zeit der Aufklärung gegen den heftigen Widerstand der Kirchen aus vernünftigen Überlegungen entwickelt und erkämpft. Übrigens war der erste, der sich gegen die Sklaverei ausgesprochen hat ein Aufklärer: Thomas Paine 1775.
Jetzt geht es darum, diese Errungenschaften gegen uralte (kirchliche) oder neuerliche (islamische) Herrschaftsansprüche und extreme Parteien (rechte und linke) zu sichern.
Religion “light”
Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt Tübingen heute 31.08.2017 über Vor- und Nachteile der Religion.
Für und wider die Religion – darüber tauschen sich einige unserer Leser ausgiebig aus.
Religion „light“
Herr A., Sie unterschieben mir seltsame Ansichten, wohl wegen einer krassen Überschrift, vom TAGBLATT gewählt. Deswegen Folgendes: Grundsätzlich halte ich alles, was uns dazu dient, das Leben auf diesem Planeten zu bewältigen, für hilfreich. Dazu gehören für mich die Musik, die Kunst und die Philosophie. Dazu gehören Liebe und Freundschaft, die Schönheit der Frauen…und dazu gehört auch die Religion „light“, die sicher vielen Menschen Trost und Hoffnung in einer Welt gibt, die nicht so ist, wie man sie sich wünschen möchte.
Leider weiß ich aber – weil ich mich mit Geschichte beschäftigt habe – dass die intoleranten abrahamitischen Religionen auch ein Fluch für die Menschheit waren und sind. Diese Religionen werden seit Jahrhunderten benutzt, um ungerechte Herrschaften zu rechtfertigen. Mit Gott begründeten die „Könige von Gottes Gnaden“ bis Erdogan ihren Herrschaftsanspruch und hatten damit leichtes Spiel, alle demokratischen Bestrebungen und die Durchsetzung der Menschenrechte zu verhindern.
Mit der Religion werden heute noch die Verfolgung Ungläubiger, Kriege, Landansprüche und Vorrechte begründet. Man könnte hier auch die Sklaverei, Prügelpädagogik, Verachtung von Vernunft und Wissenschaft, die Minderwertigkeit der Frau, die Todesstrafe, die Folter, Beschneidung, Verunglimpfung unehelicher Kinder und Homos, Schächten, Aberglauben, Heilige Kriege nennen. Nur die Vernunft und die Aufklärung konnten letztlich diese negativen Folgen „biblischer/koranischer Weisheit“ überwinden.
Gestylte Legenden: Lenin
Neuer Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt über Lenin und die MLPD 24.08.2017
Gestylte Legenden
Und weiter geht die Debatte um Lenin und die MLPD.
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„Gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft!“ Schön gesagt, Frau S.! Nur, ob Lenin dazu der geeignete Wegweiser ist, möchte ich bezweifeln. Die Gesellschaft, die er maßgeblich geprägt hat, war jedenfalls nicht die „ohne Herr und Knecht“– im Gegenteil!
Lenin hat zwar das verfolgungswütige, ausbeuterische, ungerechte und autokratische Zarenregime abgesägt – zweifellos ein Verdienst – aber dann leider nichts besser gemacht. Weil er auf demokratische Weise nicht an die Macht kam – die Mehrheit hat nicht immer dumm entschieden – hat er eine Elitepartei gegründet, die sich nicht mehr viel um demokratische Gepflogenheiten geschert, sondern einfach die Macht ergriffen und sich an der Macht gehalten hat – für 70 Jahre, mit entsprechendem Terror und Leichenbergen.
Wie jeder Diktator hat er die Gesellschaft in Verfolger und Verfolgte gespalten.
Statt dem Zaren diktierten jetzt seine Partei und ihr Vorsitzender, statt Bauern, Leibeigenen und Sozialrevolutionären wurden Adlige, Geistliche und Klassenfeinde verfolgt, verbannt, gedemütigt und erschossen. Vor Stalin hat Lenin politische Säuberungen und Arbeitslager eingeführt und massenhafte Vernichtung betrieben.
Und jetzt gibt es also wieder eine Partei, die MLPD, die mit dem Antidemokraten Lenin in den demokratischen Wahlkampf zieht und ihn zum Programm macht. Da ist es gut, wenn man das Volk mit Brechtschen Märchen und gestylten Legenden über die wahre Geschichte der Kommunisten hinwegtäuscht, denn die war vor allem schrecklich!
Noch ein Leserbrief von mir als Antwort auf einen Brief aus den Reihen der MLPD 30.08.2017
Sicher nicht ideal
Und weiter geht die Debatte über die Marxistisch Leninistische Partei (MLPD). Jetzt mit einem Schwenk auf Flüchtlinge.
Der Kapitalismus kann nicht das letzte Wort der Geschichte sein, aber die soziale Marktwirtschaft hat sich bewährt. Der Kommunismus war eine Illusion. Diktatur – auch die des Proletariats – ist verwerflich. Was ich an Lenin kritisiere, sind weniger seine Ansichten über die gerechte Gesellschaft – da ist auch Gutes dabei –, als sein Umgang mit Andersdenkenden. Wie jeder Diktator wollte er sie nicht überzeugen, sondern vernichten.
Unsere Demokratie ist sicher nicht ideal, aber sie unterscheidet sich von totalitären Systemen dadurch, dass sie Kritik zulässt, das Erkennen der Fehler und eine Korrektur ermöglicht. Nur durch diese geistige Auseinandersetzung ist Fortschritt möglich. Ich begrüße es deshalb, dass die FDP zur Diskussion mit der AfD bereit ist.
Wir können nicht die 500 Millionen Menschen hier aufnehmen, die dies gerne möchten. Die Flüchtlinge brauchen Perspektiven in ihren Ländern. Männer, die den Mut haben, sich ins Meer zu werfen, sollten auch die Kraft aufbringen, ein korruptes System zu bekämpfen. Dabei sollte man sie unterstützen. Entwicklungshilfe darf aber nur an demokratische Regierungen geleistet werden, die die Menschenrechte beachten und den Reichtum gerecht verteilen.
Den Islam kritisiere ich, weil ich die Gefahr sehe, dass diese mittelalterliche, totalitäre, auf Herrschaft ausgerichtete Religion unsere freiheitlich-demokratische Ordnung untergräbt, wenn sie sich nicht reformieren und hier einordnen kann…was viele Muslime durchaus geschafft haben.
Mitschuldig am Nationalsozialismus
Mitschuldig
Zwei Leserbriefe vom 27. Juli werden hier kommentiert. Im einen ging es um Klassenfahrten in ehemalige Konzentrationslager und um Stolpersteine (Joachim S.), im anderen bezog Rudolf B. zum Rottenburger Kopp-Verlag Stellung.
Die Beschäftigung mit der Geschichte sollte vor allem den Sinn haben, aus ihr zu lernen. Dazu ist es notwendig, die Täter und die Opfer, frei von jeder Ideologie, zu benennen. Luther hat zwar die totalitäre Herrschaft der katholischen Kirche beendet, aber ein Vorbild ist er nicht. Er war ein Hetzer gegen Bauern und Juden. Zusammen mit Paulus, Augustinus und Bismarck hat er seinen Beitrag zum Obrigkeitsstaat und damit zur Unmündigkeit der Deutschen geleistet.
Der Mössinger Streik hat wahrscheinlich nur deswegen stattgefunden, weil die Initiatoren keine rechte, sondern eine linke Diktatur wollten. Zusammen mit den Rechten und den Kirchen haben die Linken jedenfalls ihren Beitrag zum Untergang der Weimarer Republik geleistet.
Die Deutschen können in der Tat stolz darauf sein, dass sie ihre Geschichte – in letzter Zeit – ehrlicher aufgearbeitet haben als andere. Dazu muss man natürlich auch an die Bombardierungen deutscher Städte und an die Kriegsverbrechen der Alliierten erinnern und sie einordnen. Wie ist es soweit gekommen? Mein Vater – Jahrgang 1922 – hat Hitler nicht gewählt, aber er zog in den Krieg, weil er das Vaterland verteidigen wollte/musste. Er wollte seine Pflicht tun, weil er ein Opfer der verlogenen Propaganda war, die von Tübinger Professoren mitgetragen wurde. Die hätten es wahrhaft besser wissen können.
Sind die Türken, die jetzt Erdogan zum Diktator gewählt haben, mitschuldig für seine ungerechten Verhaftungen? Ich glaube schon!
Lebensqualität mit IT
Lebensqualität mit IT ein Kommentar auf:
Wir sind uns wohl einig, dass IT = Internet Technologie und KI = Künstliche Intelligenz dem Menschen dienen müssen und dienen können und dass nicht umgekehrt, der Mensch zum Sklaven seiner Technologie werden darf. Ich finde es äußerst hilfreich einen PC zu haben, der mir das Schreiben von Texten und ganzen Büchern erheblich erleichtert, dass ich Fotos bearbeiten und Daten brennen kann. Diese Technik hilft mir, Zeit zu sparen, indem ich Arbeiten schneller erledigen kann als ohne sie, aber ich will nicht Sklave dieses „Fortschritts“ sein, ich will nicht von Facebook terrorisiert und unter E-Mailschwemmen verschüttet werden. Ich genieße es, nicht immer und jederzeit per Handy erreichbar zu sein. Ich habe nicht den Ehrgeiz und die Neugier über alle Banalitäten der „Promis“ informiert zu sein. D.h. ich muss mich ausklicken können, wann ich will und wenn es mir gut tut! Für mein Wohlbefinden und für meine Persönlichkeitsentwicklung brauche ich Zeit zum freien Sinnieren. Wie beim Essen müssen wir lernen, Maß zu halten, lernen, welche geistige Nahrung uns gut tut und welche uns schadet. IT und KI müssen Angebote bleiben, die ich annehmen oder ablehnen, am besten sinnvoll für mich nutzen kann, sie dürfen mich nicht beherrschen. Das ist alles nicht einfach nur gut und nützlich, sowenig wie das Angebot in einer Konditorei, die uns freien Zugriff erlaubt und die uns schwer schaden würde, wenn wir uns keine Grenzen setzen würden.