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Roland Fakler

Sophie Scholl

Leserbrief im Tagblatt am 12.05.2021 zu

In mehreren Büchern über Sophie Scholl, wird behauptet, dass ihr Widerstand christlich motiviert gewesen sei, ich behaupte: Er war vor allem humanistisch motiviert.

Sophie Scholl

Pfarrer Paul Dietrich behauptet in seinem Buch über Sophie Scholl, dass ihr Widerstand christlich motiviert gewesen sei.

Welche christlichen Werte sollten geeignet sein, sich einem Diktator zu widersetzen, wo doch das ganze Christentum auf „Glauben“ und „Gehorchen“ aufbaut. Beide Großkirchen haben Hitler bis zuletzt unterstützt. Laut Paulus kommt alle Obrigkeit von Gott, Widerstand gegen diese Herrschaft ist ein Verstoß gegen den Willen Gottes. Röm. 13:1-7 Von Mitsprache oder Rechten des Volkes ist nirgends die Rede. Die christlichen Könige erhielten ihre Macht nicht vom Volk, sondern von der Kirche. Sie mutierten, wie Herzog Karl Eugen, mehr und mehr zu absoluten Tyrannen, die nur ihren eigenen Interessen dienten. Die Jesuiten haben es mit dem „Kadavergehorsam“ zur Spitze getrieben: gehorchen als sei man ein Leichnam. Auch Luther wollte an dieser, angeblich Gott gewollten Ordnung, nichts ändern, im Gegenteil: Er hat sie bestätigt. Mit Bismarck schuf er den Obrigkeitsstaat und den dazu passenden Untertanengeist, von dem Hitler glänzend profitierte. Meiner Ansicht nach bezog Sophie Scholl ihren Widerstand vor allem aus dem republikanischen und humanistischen Geist ihres Vaters und ihrer Mitverschwörer. Die 7 Flugblätter berufen sich auf Goethe, Schiller, Laotse, Aristoteles…

Ergänzung: Es ging den Verschwörern um Selbstdenken, Geistesfreiheit, persönliche Freiheit, um die Menschenwürde…gegen den Stumpfsinn einer Zwangsgemeinschaft. Die Niederlage der 6. Armee zeigte allen, dass dieser Krieg nicht nur Mord, sondern Selbstmord war.

https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Untertanengeist-500951.html

Zitat aus dem 5. Flugblatt der Weißen Rose

„Der imperialistische Machtgedanke muß, von welcher Seite er auch kommen möge, für alle Zeit unschädlich gemacht werden. Ein einseitiger preußischer Militarismus darf nie mehr zur Macht gelangen. Nur in großzügiger Zusammenarbeit der europäischen Völker kann der Boden geschaffen werden, auf welchem ein neuer Aufbau möglich sein wird. Jede zentralistische Gewalt, wie sie der preußische Staat in Deutschland und Europa auszuüben versucht hat, muß im Keime erstickt werden. Das kommende Deutschland kann nur föderalistisch sein. Nur eine gesunde föderalistische Staatenordnung vermag heute noch das geschwächte Europa mit neuem Leben zu erfüllen. Die Arbeiterschaft muß durch einen vernünftigen Sozialismus aus ihrem Zustand niedrigster Sklaverei befreit werden. Das Truggebilde der autarken Wirtschaft muß in Europa verschwinden. Jedes Volk, jeder einzelne hat ein Recht auf die Güter der Welt!

Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europa.“