Rosenberg
Rosenberg – Der Mythos des 20. Jahrhunderts
Alfred Rosenbergs 1893-1946 „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ (1930) war eine zentrale ideologische Schrift des Nationalsozialismus – allerdings so verschwurbelt und pseudowissenschaftlich geschrieben, dass selbst Hitler sie „schwer lesbar“ fand.
Kerninhalte und Zielsetzung:
- Rassentheorie als Weltdeutung: Rosenberg behauptet, dass die „nordisch-arische Rasse“ Trägerin aller Kultur, Kunst und Zivilisation sei, und dass der Niedergang Europas auf „Rassenmischung“ zurückgehe.
- Antisemitismus: Juden werden als „zersetzendes Element“ dargestellt, angeblich verantwortlich für Liberalismus, Marxismus, Demokratie und „verfallene“ Kunst.
- Ablehnung des Christentums in seiner traditionellen Form: Er verwarf das „paulinische“ Christentum als jüdisch geprägt und forderte eine „germanisierte Religion“ – eine Art rassisch geprägten Glauben, der germanisch-heidnische Elemente mit einer entstellten Christusfigur verbindet.
- „Mythos“ als neue Ersatzreligion: Der Titel bezieht sich auf die Idee, dass das 20. Jahrhundert eine neue, auf Blut, Boden und Rasse gegründete Weltanschauung („Mythos“) brauche, anstelle universaler Religionen.
- Geschichts- und Kulturdeutung: Weltgeschichte wird als Rassenkampf interpretiert, wobei er Kunst, Architektur, Philosophie und Politik nach rassischen Kriterien bewertet.
Bedeutung:
- Das Buch lieferte keinen praktischen politischen Plan, sondern eine ideologische Untermauerung für den Nationalsozialismus.
- Es wurde millionenfach verbreitet (teils als Geschenk an Ehepaare bei NS-Trauungen), diente aber mehr der symbolischen Selbstdarstellung der Bewegung als einer realen Lektüregrundlage.
- Wegen seiner Angriffe auf das Christentum und seiner religiösen Ersatzlehre wurde es nicht nur von der katholischen Kirche, sondern auch von evangelischen Theologen kritisiert.
- Die katholische Kirche – konkreter: der Heilige Stuhl – hat Alfred Rosenbergs antisemitisch-nationalsozialistische Schrift Der Mythus des 20. Jahrhunderts mit dem kirchlichen Bann belegt: Sie wurde am 7. Februar 1934 vom Heiligen Offizium auf den Index librorum prohibitorum gesetzt, also offiziell verboten .
- Diese Indizierung war eine klare Ablehnung der Ideologie Rosenbergs durch die Institution Kirche. Daher könnte man sagen, dass die Kirche zu diesem Zeitpunkt ein „Buch gegen den Mythos des 20. Jahrhunderts“ – konkret: gegen dessen Verbreitung und Ideologie – publizistisch opponiert hat, wenngleich nicht durch eine eigene Gegenschrift, sondern durch das Verbot.
- Darüber hinaus gab es auf kirchlicher Seite eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Werk: Im Erzbistum Köln entstand die Aufsatzreihe Studien zum Mythus des XX. Jahrhunderts, initiiert von Domvikar Joseph Teusch und dem Bonner Kirchenhistoriker Wilhelm Neuß. Diese Werke wurden 1934 – zunächst in Münster, später auch in ganz Deutschland – als Beilage im Kirchlichen Anzeiger veröffentlicht .
- Zusammengefasst:
- Februar 1934 – offizielles Verbot des Mythus durch Indizierung.
- Herbst 1934 – Veröffentlichung oppositioneller theologischer Aufsätze in der Reihe Studien zum Mythus des XX. Jahrhunderts.
Gegenüberstelltung
Rosenbergs Hauptthese 1930 – Kirchliche Gegenposition 1934 – Meine Position 2025
Geschichte ist ein Kampf der Rassen; die nordische Rasse ist Kulturträger.
Geschichte wird durch geistig-sittliche Kräfte geprägt; alle Menschen sind im Ebenbild Gottes geschaffen.
Die Geschichte kennt im Grunde zwei Klassen von Räubern: Die „kleinen“ Räuber, die über die Grenze huschten, Dörfer plünderten, Frauen verschleppten und sich mit der Beute aus dem Staub machten – ein Handwerk, in dem sich etwa Hunnen, Sachsen, Ungarn, Wikinger oder Mongolen auszeichneten. Und dann die „großen“ Räuber, die dasselbe taten, nur mit einem höheren Anspruch: Sie behielten die eroberten Gebiete gleich ganz und tauften sie stolz als Teil ihres eigenen Reiches – so unter anderem die Perser, Griechen, Römer, Araber, Franken, Engländer, Franzosen, Spanier, Portugiesen, Italiener, Deutschen, Russen, USA.
Hochkulturen entstehen aus „nordischem Blut“.
Kulturen sind das Ergebnis vieler Völker und geistiger Zusammenarbeit.
Als die ersten Hochkulturen und Städte in Sumer, Ägypten, Indien, China und später in Griechenland und Rom blühten, gab es entweder noch keine Germanen oder sie lebten in primitiven Kulturen ohne Literatur, Geschichte, in primitiven Hütten und in dörflichen Siedlungen.
Christentum wurde durch Paulus „verjudet“ und verfälscht.
Paulus’ Lehre ist Teil der göttlichen Offenbarung und untrennbar vom wahren Christentum.
Das Christentum wurde von Paulus tatsächlich stark verfälscht, so, dass es sich als Staatschristentum im Römischen Reich geeignet hat. Die Staatsbürger sollten der Obrigkeit blinden Gehorsam leisten, Jesus hingegen war ein Rebell gegen die Obrigkeit.
Jesus war „arisch“, nicht jüdisch.
Historisch und theologisch falsch: Jesus ist jüdischer Abstammung.
Jesus war ein Jude, wenn er überhaupt gelebt hat.
Judentum ist kulturzersetzend.
Antisemitismus widerspricht dem Liebesgebot; Israel ist Träger der Offenbarung.
Die aufgeklärten Juden haben einen großartigen Beitrag zur europäischen, demokratischen Kultur geleistet. Haskala 18.-19. Jh. Spinoza, Mendelson, Marx, Heine, Freud…
Demokratie, Liberalismus, Moderne Kunst sind „entartet“.
Politische Formen und Kunst sind keine Rassenfrage; Vielfalt ist legitim.
Demokratie und Menschenrechte sind die Basis für eine friedliche und gerechte Welt. Über Kunst lässt sich streiten. Vielfalt ist etwas Positives. Es gibt keine entartete Kunst, es gibt nur schlechte Kunst.
Kirche soll durch „germanische Religion“ ersetzt werden.
Offenbarung ist göttlich und universal; „Blutglaube“ ist Götzendienst.
Kirche und Staat sollten getrennt werden. Glauben ist Privatsache.
Blut und Boden sind der höchste Wert.
Heimatliebe ist gut, aber Gott ist der höchste Wert.
Heimatliebe ist gut. Völkerverständigung ist besser.
Erziehung muss rassisch ausgerichtet sein.
Erziehung soll auf Wahrheit, Tugend und Gnade zielen; alle Menschen sind gleich vor Gott.
Erziehung sollte mündige und gebildete Staatsbürger hervorbringen
Der „neue Mythos“ ersetzt Religion.
Evangelium gilt für alle und kann durch keine Ideologie ersetzt werden.
Der säkulare Humanismus ist die Lösung für eine friedliche und gerechte Welt.