Glaubenseiferer
Tabellarische Übersicht
Figur | Bibelstelle | Gegen wen gerichtet | Art des Glaubenseifers |
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Mose | Ex 32; Dtn 7 | Abgötterische Israeliten; Kanaaniter | Zerstörung des Goldenen Kalbs, Tötung von Abtrünnigen, Vernichtungsbefehle gegen Kanaaniter |
Josua | Jos 6–12 | Kanaaniter (Jericho, Ai, u.a.) | Eroberungskrieg, Bann (ḥerem), komplette Vernichtung |
Gideon | Ri 6–8 | Midianiter; Baalskult; eigene Stammesgenossen | Zerstörung des Baalsaltars, Kampf gegen Midianiter, Strafen für nicht unterstützende Israeliten |
Elija | 1 Kön 18 | Baalspropheten | Wettstreit auf dem Karmel, anschließende Tötung von 450 Baalspropheten |
Pinehas (Phinehas) | Num 25 | Israelit mit moabitischer Frau | Tötet das Paar mit einem Speer, wendet Gottes Zorn ab |
Samuel | 1 Sam 15 | Amalekiter (König Agag) | Tötet Agag eigenhändig nach Sauls Ungehorsam |
Elischa (Elisa) | 2 Kön 1–2 | Königsboten; spottende Knaben | Ruft Feuer vom Himmel, verflucht Knaben (42 sterben durch Bären) |
Jehu | 2 Kön 9–10 | Haus Ahab; Baalsanhänger | Vernichtung des Ahabhauses, Massaker an Baalsdienern |
Esra & Nehemia | Esr 9–10; Neh 13 | Israeliten mit „fremden Frauen“ | Auflösung von Mischehen, Trennungspolitik, soziale Abgrenzung |
Makkabäer | 1–2 Makk | Hellenisten; abtrünnige Juden | Zerstörung fremder Altäre, Erzwingen der Toragebote, gewaltsamer Widerstand |
Da das Alte Testament auch von den Katholiken, Luteranern und anderen Christen als “Wort Gottes” angesehen wurde, hatte es eine entsprechend starke Wirkung auf die abendländische Geschichte. Die Bibel galt als Maß aller Dinge. Sie war Vorbild bei der Gesetzgebung, im Alltag und bei der Kriegführung.
Glaubenseiferer im Neuen Testament
Auch im Neuen Testament finden wir religiösen Eifer und auch harte Worte gegen Andersdenkende:
- Die Pharisäer und Schriftgelehrten werden von Jesus wiederholt streng kritisiert (z. B. Matthäus 23: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler!“).
- Paulus verflucht in Galater 1,8–9 sogar diejenigen, die „ein anderes Evangelium“ verkünden: „Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündet als das, was wir euch verkündigt haben – der sei verflucht.“
- Auch in 2. Johannes 10–11 wird gewarnt, Irrlehrern überhaupt Aufnahme oder Gastfreundschaft zu gewähren.
Das heißt: Es gibt im NT Stellen, die religiösen Eifer bis hin zu Verfluchung oder Ausschluss deutlich machen.
Jesus als „intoleranter Eiferer“?
- Jesus selbst predigt einerseits Feindesliebe, Gewaltlosigkeit und Barmherzigkeit (z. B. Matthäus 5,44: „Liebt eure Feinde“).
- Andererseits verwendet er auch eine scharfe, polemische Sprache gegen religiöse Gegner (Pharisäer, Händler im Tempel).
- Er hat nie Andersgläubige (z. B. Heiden oder Samariter) verflucht – bekannt ist Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,25–37). Jeder Notleidende ist dein Nächster.
- Für Leute, die seine Botschaft nicht annehmen und sich seiner Herrschaft nicht unterordnen wollen, sieht er allerdings das ewige Höllenfeuer vor.
- Aussagen Jesu über das Gericht und „ewiges Feuer“
- Matthäus 25,41 (Gericht der Völker): „Dann wird er auch zu denen auf der linken Seite sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!“
- Johannes 3,18: „Wer an ihn [den Sohn] glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet.“
- Markus 16,16 (Schluss des Markusevangeliums, spätere Textstufe vermutlich eine Fälschung, aber wichtig): „Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“
- Matthäus 10,33: „Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will auch ich verleugnen vor meinem Vater im Himmel.“
- Das sind sehr klare Abgrenzungen: Wer Jesus ablehnt, wird ausgeschlossen und mit Gericht bzw. „ewigem Feuer“ konfrontiert.
- Spannung in der Botschaft Jesu
- Es gibt also zwei Seiten:
- Die universale Einladung: „Kommt her zu mir alle…“ (Matthäus 11,28), „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute“ (Matthäus 5,45).
- Die harte Abgrenzung: Wer sich dieser Einladung verweigert, gerät ins Gericht und wird verdammt.
- Man kann sagen: Jesus war radikal inklusiv in der Einladung (jeder darf kommen, Sünder, Heiden, Außenseiter) – aber exklusiv in der Entscheidung (wer ihn ablehnt, verpasst nach seiner Sicht das Heil).
- Fazit
- Jesus kündigt für Unglauben und Ablehnung harte Konsequenzen an, bis hin zum „ewigen Feuer“. Das unterscheidet ihn aber von einem rein „politischen Eiferer“: Er selbst hat nicht Andersgläubige verfolgt oder bestraft, er hatte gar nicht die Macht dazu, sondern kündigt ein endzeitliches Gericht Gottes an.
Paulus als „intoleranter Eiferer?
Bei Paulus ist das Bild komplexer:
- Vor seiner Bekehrung war er ein gewalttätiger religiöser Eiferer: Er verfolgte die junge Christenheit (Apostelgeschichte 8,3; Philipper 3,6).
- Nach seiner Bekehrung missionierte er mit großer Leidenschaft und konnte sehr scharf gegen Gegner auftreten (z. B. Galaterbrief).
- Gleichzeitig vertritt er aber eine universale Botschaft: Alle Menschen, Juden wie Heiden, sind eingeladen. Paulus kann also sowohl als intolerant (gegenüber Irrlehren innerhalb der Gemeinde) als auch als inklusiv (gegenüber Nichtjuden, Heiden) gesehen werden.