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Reichsbürger
Reichsbürger
Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt 15.06.2021
Absurde Anmaßung
Reichsbürger trafen sich auf Burg Hohenzollern (Bericht im „Steinlach-Boten“ vom 11. Juni).
Reichsbürger behaupten, das „Deutsche Reich“ bestehe fort, aber – entgegen der gültigen Verfassung – nicht in Form der Bundesrepublik Deutschland, sondern in den Grenzen von 1871 bzw. 1914 oder von 1937. Reichsbürger erdreisten sich, eine „kommissarische Reichsregierung“ (KRR) oder Ähnliches für dieses Reich zu bilden. Dabei fehlt ihnen jede Legitimität. Das ist einfach nur eine absurde Anmaßung.
Das Kaiserreich war nie vom Volk legitimiert. Es herrschte ein Kaiser von Gottes Gnaden über eine hierarchische Klassengesellschaft, in der der Adel noch viele Privilegien hatte. Das NS-Regime hat sich nach 1933 als verfassungswidriges Unrechtsregime entpuppt, das sich keinen weiteren Wahlen stellen wollte und damit seine Legitimität verloren hat. Schon die Wahl von 1933 war nicht frei, weil die Opposition, die KPD, später auch die SPD verfolgt wurde. Damit war diese Regierung verfassungswidrig.
Über das Grundgesetz wurde zwar leider nie abgestimmt, dennoch gilt es bei der überwiegenden Mehrheit als beste Verfassung, die Deutschland je hatte.
Da der Verkauf von Ausweispapieren und anderen Dokumenten bei dieser Bewegung eine wichtige Rolle spielt, kann man vermuten, dass es sich um eine clevere Geschäftsidee handelt, bei der, wie immer, die „schlauen“ Sektenführer die Gewinner und die Gläubigen die „glücklich Betrogenen“ sind.
Sophie Scholl
Leserbrief im Tagblatt am 12.05.2021 zu
In mehreren Büchern über Sophie Scholl, wird behauptet, dass ihr Widerstand christlich motiviert gewesen sei, ich behaupte: Er war vor allem humanistisch motiviert.
Sophie Scholl
Pfarrer Paul Dietrich behauptet in seinem Buch über Sophie Scholl, dass ihr Widerstand christlich motiviert gewesen sei.
Welche christlichen Werte sollten geeignet sein, sich einem Diktator zu widersetzen, wo doch das ganze Christentum auf „Glauben“ und „Gehorchen“ aufbaut. Beide Großkirchen haben Hitler bis zuletzt unterstützt. Laut Paulus kommt alle Obrigkeit von Gott, Widerstand gegen diese Herrschaft ist ein Verstoß gegen den Willen Gottes. Röm. 13:1-7 Von Mitsprache oder Rechten des Volkes ist nirgends die Rede. Die christlichen Könige erhielten ihre Macht nicht vom Volk, sondern von der Kirche. Sie mutierten, wie Herzog Karl Eugen, mehr und mehr zu absoluten Tyrannen, die nur ihren eigenen Interessen dienten. Die Jesuiten haben es mit dem „Kadavergehorsam“ zur Spitze getrieben: gehorchen als sei man ein Leichnam. Auch Luther wollte an dieser, angeblich Gott gewollten Ordnung, nichts ändern, im Gegenteil: Er hat sie bestätigt. Mit Bismarck schuf er den Obrigkeitsstaat und den dazu passenden Untertanengeist, von dem Hitler glänzend profitierte. Meiner Ansicht nach bezog Sophie Scholl ihren Widerstand vor allem aus dem republikanischen und humanistischen Geist ihres Vaters und ihrer Mitverschwörer. Die 7 Flugblätter berufen sich auf Goethe, Schiller, Laotse, Aristoteles…
Ergänzung: Es ging den Verschwörern um Selbstdenken, Geistesfreiheit, persönliche Freiheit, um die Menschenwürde…gegen den Stumpfsinn einer Zwangsgemeinschaft. Die Niederlage der 6. Armee zeigte allen, dass dieser Krieg nicht nur Mord, sondern Selbstmord war.
https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Untertanengeist-500951.html
Zitat aus dem 5. Flugblatt der Weißen Rose
“Der imperialistische Machtgedanke muß, von welcher Seite er auch kommen möge, für alle Zeit unschädlich gemacht werden. Ein einseitiger preußischer Militarismus darf nie mehr zur Macht gelangen. Nur in großzügiger Zusammenarbeit der europäischen Völker kann der Boden geschaffen werden, auf welchem ein neuer Aufbau möglich sein wird. Jede zentralistische Gewalt, wie sie der preußische Staat in Deutschland und Europa auszuüben versucht hat, muß im Keime erstickt werden. Das kommende Deutschland kann nur föderalistisch sein. Nur eine gesunde föderalistische Staatenordnung vermag heute noch das geschwächte Europa mit neuem Leben zu erfüllen. Die Arbeiterschaft muß durch einen vernünftigen Sozialismus aus ihrem Zustand niedrigster Sklaverei befreit werden. Das Truggebilde der autarken Wirtschaft muß in Europa verschwinden. Jedes Volk, jeder einzelne hat ein Recht auf die Güter der Welt!
Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europa.”
Mittelalter in Rottenburg?
Wie lange dauert das Mittelalter in Rottenburg? von Roland Fakler – auch im HPD
Ende November brachten zwei Gemeinderätinnen der Bischofsstadt Rottenburg mit einem gemeinsamen Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt eine Lawine ins Rollen. Über diesen ungewöhnlichen Weg machten sie den BürgerInnen ihrer Stadt und der Umgebung bekannt, dass die katholische Dom- und Moritzgemeinde in Rottenburg in der Sülchen- und Klausenkapelle keine Trauerfeiern ohne Priester mehr zulassen werde. Bisher gab es dort etwa 5 bis 10 nicht-christliche Trauerfeiern pro Jahr mit einem bezahlten Trauerredner für „Ungläubige“, ohne katholischen Priester.
Das Schwäbische Tagblatt recherchierte und schrieb ein paar Artikel: „Unreligiöse Trauerfeiern nicht möglich“; „Kein Ort für Trauerredner“. Es wurde bekannt: Der Gemeinderat sei zwar über den Beschluss der Kirchengemeinde informiert worden, aber nur in nichtöffentlicher Sitzung.
In ersten Reaktionen fragten sich die Leute: „In welchem Zeitalter leben wir eigentlich?“
Der zuständige Pfarrer Harald Kiebler äußerte sich darauf wie folgt: „Da lass ich nicht jemand wie einen kommerziellen Trauerredner hin stehen, wie wenn’s nur ein Tisch oder ein Pult wäre.“
Nein, es ist natürlich ein hochgeweihter Ort, an dem nur Geweihte etwas zu sagen haben.
Schon im Alten Testament werden solche Orte mit Androhung der Todesstrafe vor Ungeweihten geschützt. 4Mos 18:3 Dazwischen gab es allerdings einen Rebellen namens Jesus, auf den sich diese Christengemeinde beruft, und der manchen Unfug in der hebräischen Bibel angeprangert hat, der auch gesagt haben soll, dass das Gesetz für den Menschen da sei und nicht der Mensch für das Gesetz.
Obwohl dieser Jesus sehr bescheiden lebte, forderte er blinde Gefolgschaft. Es führe nämlich kein Weg an ihm vorbei zum Vater, – damit meinte er den jüdischen Gott. Er sei der Weinstock und der Rest der Menschheit – im besten Fall – Reben und alle die nicht an ihn glaubten, seien verdammt… Diese Anmaßung führte nicht zum Frieden, sondern zu schlimmer Verfolgung. Schon Paulus und die Evangelisten begannen jene zu beschimpfen, die nicht den angeblich „richtigen Glauben“ hatten. Wie sollten sie auch. Von Anfang an war alles vieldeutig, unklar, widersprüchlich. Kaiser Konstantin erzwang dann die Einheit des Glaubens mit Dogmen und machte diesen Glauben zur Staatsreligion. Kirchenväter wie Augustinus und Thomas von Aquin schufen die Rechtfertigung für die Verfolgung der Falschgläubigen.
Was ist nun, wenn ich keine Rebe bin, sondern ein selbständig denkender Mensch? Wenn ich anders als der Herr Jesus nicht an Geister glaube, nicht an Wunder, nicht an die Unsterblichkeit und erst recht nicht an die Erlösung von einer Erbschuld, für die ich nichts kann, durch seinen elenden Tod am Kreuz? Dann bin ich ein Ungläubiger!
Sobald die Kirche die Macht hatte, verfolgte sie „Abweichler“, „Falschgläubige“, „Ungläubige“. Jahrhundertelang wurden sie von der heiligen katholischen Kirche und seinem Helfershelfer, dem „christlichen“ Staat, gejagt, verbrannt, gedemütigt, außerhalb des Friedhofs in ungeweihter Erde verscharrt.
Da die Achse zwischen Kirche und Staat zu gegenseitigem Nutzen der Herrschaften und stets zur Verdummung der Herde, seit 1500 Jahren noch immer gut funktioniert, trat das weltliche Oberhaupt der Stadt, Bürgermeister Neher, für die Kirche in den Ring und behauptete, dass die Leute ohnehin nur aus der Kirche austreten, um Geld zu sparen. Man könne nicht Dienstleistungen beanspruchen, wenn man dafür nicht bezahlt hat, fügte eine Dame vom „Bodenpersonal“ der Kirche hinzu.
Damit lösten sie einen Sturm der Entrüstung aus, und damit beginnt in Rottenburg die Neuzeit. Viele Leser kamen aus der Deckung. Einer verkündete seinen Austritt aus der Kirche für den nächsten Tag. Eine ehemalige Landtagsabgeordnete, Gemeinderäte, einfache Bürger warfen der Organisation, die sich seit Jahrhunderten für unfehlbar hält, die es geschafft hat, jede Kritik zu verbieten oder in den Wind zu schlagen, die gut davon lebt, Sünden zu vergeben, ihre eigenen Sünden vor. Von der Inquisition, von Prunk-und Protzbauten, wie dem neuen Bischofspalais, von Kindesmissbrauch, von Volksverdummung, von Unmenschlichkeit und christlicher Lieblosigkeit war da die Rede. Und was Pfarrer Kiebler wohl vergessen hat: Kein Priester arbeitet unentgeltlich. Auch sie werden gut bezahlt, vor allem die Bischöfe. Dafür dass diese Kirche jährliche Subventionen in vielfacher Millionenhöhe vom deutschen Staat beziehe – die Kirche zahlt keine 10% für den Unterhalt ihrer kirchlichen Einrichtungen – habe sie auch die Pflicht ungläubigen Steuerzahlern ihre damit vom Staat mitfinanzierten Kirchenräume zur Verfügung zu stellen. Das Gesamtvermögen der katholischen Kirche wird von Carsten Frerk auf über 430 Milliarden Euro geschätzt. Es ist in 1500 Jahren auf sehr dubiose und kriminelle Weise zusammengekommen: aus Urkundenfälschungen, hier wäre nur die konstantinische Schenkung zu nennen, aus Ämter- und Ablassverkauf, aus Sklaverei und Leibeigenschaft, aus betrügerischen Reliquiengeschäften und den damit verbundenen Wallfahrtsschwindeln, aus dem Besitz der getöteten Ketzer, Hexen, Juden, Heiden.
Man einigte sich auf einen Kompromiss und wolle vorläufig, bis für diese „Ungläubigen“ eine Lösung, d.h. eine Aussegnungshalle gebaut sei, weitere Feiern mit ungeweihten, gar ungläubigen Rednern zulassen.
Bleibt noch die Frage, warum sich überhaupt „Ungläubige“ die Klausen- oder die Sülchenkapelle, die Grablege von Nonnen bzw. der Rottenburger Bischöfe, als Abflughalle zu den Pforten des Himmels wünschen? In den Leserbriefen stellte sich heraus, dass es dabei eher um Christen geht, die sich von der Kirche zwar entfremdet haben, die ausgetreten sind, die aber doch noch eine leise Hoffnung hegen, dass ihnen, wenn schon kein Priester oder Bischof, so doch Jesus selbst die Himmelspforte öffnen werde.
Scheinbar gibt es in Rottenburg keine geeigneten Hallen für Abschiedsfeiern von Atheisten und „richtigen Ungläubigen“. Solche Leute sind in einer Bischofstadt nicht willkommen und waren dort wohl auch nie vorgesehen. Warum sollte man denen irdische Erleichterungen schaffen, die Gott mit der Hölle bestraft? Wird nicht die ganze Stadt, die nun mal Bischofsstadt ist, allein durch die Anwesenheit solcher Leute entweiht?
Die ehemalige Tübinger Landtagsabgeordnete Rita Haller-Haid schrieb sinngemäß: Sie würde, wenn sie Rottenburgerin wäre, in ihrem Testament festlegen, dass ihre Leichenfeier niemals in einer dieser Kirchen stattfinden dürfe. Auch für mich wäre es ein gruseliger Gedanke, über den Leichenteilen von Nonnen oder über der Gruft der Rottenburger Bischöfe, die die Gläubigen immer in Unmündigkeit halten wollten, vom irdischen Leben verabschiedet zu werden.
Aus dieser Geschichte würde ich folgenden Schluss ziehen: Solange diese Kirche Macht und Geld hat, weil sie viel zu eng mit dem Staat verbunden ist und damit auch Unmengen Geld von Ungläubigen bezieht, sind das Mittelalter und ihre Sticheleien gegen Falschgläubige nicht zu Ende. Der Staat müsste endlich seine Komplizenschaft mit der Kirche lockern und säkulare Einrichtungen für alle Bürger schaffen, wo dies notwendig ist. Die Kirchen sollten sich als Vereine organisieren und sich wie jeder Verein hauptsächlich von Mitgliedsbeiträgen finanzieren. Dann können sie tatsächlich sagen: Mitbestimmen und mitsingen darf, wer im Verein ist und Beitrag zahlt!
3B/ ID a45c3cd69ce345428f691b6fb32f1163 /13.01.2018
Glockenläuten
Glockenläuten – Theologische Fantasie
Ein wesentlicher Teil des Unheils in der Welt ist durch anmaßende Herrschaftsansprüche entstanden. Dazu gehören vor allem die Herrschaftsansprüche von Moses, Jesus und Mohammed. Sie führten zu Verfolgung, Krieg und Vernichtung von Heiden, Juden, Christen, Muslimen, Ungläubigen… bis heute. Gläubige dürfen selbstverständlich an die Herrschaftsansprüche ihrer Propheten glauben, aber sie dürfen diese Herrschaftsansprüche nicht auf diejenigen ausdehnen, die diesen Glauben nicht teilen. Deswegen kann es ein friedliches Zusammenleben aller Menschen mit unterschiedlichen Glaubensvorstellungen nur in einem freiheitlichen Staat geben, in dem Religion und Staat getrennt sind, in dem die Religionen sich auf ihre „vereinsinternen“ Bereiche beschränken und ihre Herrschaftsansprüche nicht auf alle Gehirne ausdehnen wollen.
Verhängnisvolle Bibel
Zur Bewegung Maria 2.0 Frage an einen Bibelkenner
Zum Aufstand der Frauen in der katholischen Kirche hätte ich gerne mal einen kompetenten Bibelkenner befragt. Da Sie, lieber Herr Hälbig, als Befürworter und Kenner biblischer Normen bekannt sind, wissen sie ja, dass in 1 Kor 22 der Apostel Paulus – sicherlich vom Heiligen Geist inspiriert – schreibt: „Ein Weib lerne in der Stille mit aller Untertänigkeit. Einem Weibe gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie des Mannes Herr sei, sondern stille sei.“
Und er begründet dies auch sehr überzeugend: „Denn Adam ist am ersten gemacht, danach Eva. Und Adam ward nicht verführt; das Weib aber ward verführt . . . Sie wird aber selig werden durch Kinderzeugen . . . Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde . . .“.
Das ist eine klare Aussage! Nun fordern die Frauen Gleichberechtigung. Meine Frage wäre: „Sollte man diese Frauen, die öffentlich und ohne ihr Haupt zu bedecken, vor ein Mikrofon treten, höflich darauf hinweisen, dass dies nicht im Sinne der Bibel und des heiligen Paulus ist, oder sollte man ihnen einfach in Gottes Namen den Strom abdrehen?“ (Satire)
Satire versteht nicht jeder. Manche Leser haben meinen Leserbrief für bare Münze genommen, d.h. sie dachten, ich wollte den Frauen wirklich den Strom abdrehen. Haha!
War Satire
Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt Tübingen 10.03.2021
Und hier der Autor selbst zum Thema – als Antwort auf die Leserbriefe von Karl S.und Ottmar S.
Lieber Ottmar S., ich darf sie beruhigen, mein Leserbrief war Satire.
Im Klartext: Wir können unsere Werte nicht aus der Bibel beziehen, weil diese Werte uns auf einer Kulturstufe festhalten würden, die längst überwunden ist – durch Vernunft und Aufklärung. In der Bibel steht kein Wort von Demokratie, Menschenrechten, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, Weltanschauungsfreiheit, Selbstbestimmung. Das alles musste gegen die Bibel erkämpft werden (…), und dieser Kampf muss weitergehen, weil der Islam, mit Berufung auf ein anderes, angeblich „göttliches“ Buch, den Koran, die ganze Aufklärung in unserem Land in Frage stellt.
Zu Karl S.: Im Christentum muss man zwei Ebenen unterscheiden. Die dienende, die sehr viel Gutes getan hat und tut, und die herrschende, die durch ihre Herrschsucht der Menschheit seit fast 2000 Jahren Kriege, Knechtschaft, Verfolgung, Verdummung und Ausbeutung beschert.
Wer waren die Sozialdarwinisten? Das waren die Imperialisten unter der Herrschaft der Könige von Gottes Gnaden: Portugiesen, Spanier, Engländer, Franzosen, die Deutschen, geführt vom Oberhaupt der evangelischen Kirche, Kaiser Wilhelm II., und dem Katholiken Adolf H. mit voller Unterstützung beider Kirchen.
Angeblich Allwissend
Leserbrief im Tagblatt Tübingen 15.02.2021
Was ist die Absicht dieser Hiobsgeschichte? Sie will Gotteszweifler mit Zuckerbrot und Peitsche wieder unter die Herrschaft Gottes, bzw. unter die Herrschaft seiner Stellvertreter auf Erden bringen, …die ja auch die Erfinder dieser Geschichte sind. Dieser nichterkennbare Gott, der angeblich allwissend und allmächtig sein soll, terrorisiert in der Bibel seine missratenen Geschöpfe wie der übelste Diktator. Er lässt sie nach Belieben ersäufen, macht manche glücklich und wirft schließlich die meisten in die ewige Hölle. Er liebt sie natürlich, aber ich liebe keinen Terroristen, jedenfalls kann das nicht mein Gott sein! Wie tröstlich muss es für Kranke sein, wenn ihre Krankheit Folge angeblicher Sünden wären? Überzeugendere Gedanken zum schicksalhaften Unheil in der Welt, hat der griechische Philosoph Epikur um 300 v.u.Z geäußert: „Entweder will Gott die Übel in der Welt abschaffen und kann es nicht, dann ist er schwach; oder er kann es und will es nicht, dann ist er schlecht; oder er kann es nicht und will es nicht, dann ist er schwach und schlecht und in jedem Fall kein Gott, oder er kann es und will es, woher kommen dann die Übel? Und warum beseitigt er sie nicht?“
Sind wir Kinder Abrahams
Blinder Gehorsam
Abraham war das Thema von Theologie-Professor Karl-Josef Kuschel im „Wort zum Sonntag“ vom 16. März.
Leserbrief 23.03.2019
Lieber Herr Prof. Kuschel,
mit der Ansicht, „dass wir alle Kinder Abrahams seien“, werden die Menschen wieder in Rechtgläubige und Falschgläubige und damit in wertvolle und wertlose eingeteilt. Es ändert nicht viel, wenn sich die drei zerstrittenen Brüder, die sich jahrhundertelang die Schädel eingeschlagen haben, nun in ein Boot setzen und allen anderen das „richtige Menschsein“ absprechen. Es gibt heute Millionen Menschen, die weder Juden, noch Christen, noch Muslime sind und es auch nicht sein wollen.
Es gibt Freidenker, Atheisten, Agnostiker, Buddhisten, Hindus usw. die man nicht für den ,Verein der Rechtgläubigen und Auserwählten‘ vereinnahmen sollte. Wir sind inzwischen in einem Stadium der Weltgeschichte angekommen, wo diese unheilvolle Einteilung der Menschen zum Wohle der ganzen Menschheit überwunden werden sollte. Wir sind nicht Kinder Abrahams, sondern wir sind Kinder einer Jahrmillionen langen Evolutionsgeschichte.
Letztlich sind wir Teil einer allumfassenden Natur, die wir in unserem eigenen Interesse erhalten und bewahren sollten. Wir sind mit allen Lebewesen dieser Erde verwandt. Das ist nicht nur wunderbarer, sondern auch noch wahrer als das Märchen vom Erzvater Abraham.
Kann man eigentlich stolz sein auf einen Vater, der bereit gewesen wäre, aus blindem Gehorsam, seinen eigenen Sohn zu opfern? Ich wäre es nicht! Sollte uns tatsächlich ein Gott erschaffen haben, dann hat er uns auch den Verstand mitgegeben … und den sollten wir nutzen!
Ergänzung: Alle Religionen sollten im Rahmen des Grundgesetzes Religionsfreiheit genießen. Religion und Staat sollten aber getrennt sein. Der Staat solle religionsneutral und säkular sein.
Ich halte es für nicht sinnvoll, sogar für verantwortungslos, kleinen Kindern bestimmte Dogmen einzutrichtern und sie in einer Glaubensrichtung zu indoktrinieren.
In einem gemeinsamen Ethikunterricht für alle, ab Klasse 1, sollten sie etwas über die Werte erfahren, die unsere freiheitliche Demokratie prägen und etwas über Philosophie und Religionskunde. So sollten nicht glauben, sondern wissen und wenn sie wissen können sie sich als mündige Bürger frei für eine Religion entscheiden…wenn ihnen danach noch zumute ist.
ID: 11e5693883624c218a09983381df725b
Rezension: Falsches Denken
Rezension zu Roland Fakler:
Falsches Denken > Falsches Handeln
Gesunder Menschenverstand statt Religionen
von Roland Weber Mannheim
Dieses Buch sollte jeder gelesen haben. Dies gilt vor allem für Gläubige. Doch diese werden sich aus Selbstschutz und aufgrund ihrer religiösen Unterwerfung gewiss verweigern, wenn sie erst einmal über den Inhalt in Kenntnis gesetzt werden. Gläubige könnten sich hier jedenfalls anhand der zahlreichen Aspekte einmal einen lehrreichen Überblick über ihre Scheinwelt verschaffen. Dies aber auch gilt für Atheisten, die hier ihre Ablehnung und Meinungsbildung mit durchaus belastbaren Fakten unterlegt sehen können. Die Anregung oder Aufforderung, dieses Buch zu lesen, gilt vor allem für Zweifler, denen hier das ganze aberwitzige Spektrum des Aberglaubens vorgeführt wird und dazu hilfreiche Informationen geboten werden. Jede Religion und damit auch das Christentum ist lediglich ein Aberglaube, auch wenn das Gläubige anders sehen. Fakler nimmt auch den Islam in den Blick. Auch wenn er nicht alles aufführen kann, was er aufgreift, sind seine Fakten und Hinweise umfassend genug und genügen allemal.
Die Kritik am Glauben macht Fakler an vielen Dingen fest: an der Hybris sämtlicher Religionen, sich jeweils als auserwähltes Volk oder Gemeinschaft eines Gottes zu sehen, sonstigen theologischen Aussagen und vielen Aspekten, wie Reliquien, Märtyrer, Teufel, Hölle, Paradies, Inquisition, Priesterschaft, von Gottes Gnaden, Wunder, Gottesurteil, Mönchtum, Ablass und vieles mehr. Alles in allem ein Blick in den abergläubischen Abgrund. Zahlreiche Zitate machen die Beispiele „griffig“ und mit seinen Kommentaren zeigt der Autor, dass schon einfache Worte und ein gesunder Menschenverstand vollständig ausreichen, um die Scheinwelt des Glaubens zu entzaubern.
Das Einzige, was ich an diesem Buch zu kritisieren hätte, ist der Titel. „Falsches Denken – Falsches Handeln“ (samt Untertitel, der es auch nicht konkreter fasst) steckt einen zu großen Bereich ab und verstellt somit den Blick auf das enger zu fassende Thema dieses Buches: Die Widerlegung aller theologischen Ausgangspunkte, kirchlichen Lehrsätze und gelebten Glaubenspraxis. Einwände habe ich auch gegen das Wort „Kulturgeschichte“. Was der Autor vorführt, ist gerade eine Geschichte der religiösen „Un-Kultur“. Ich persönlich hätte nach der Lektüre dieses ausgezeichneten Buches einen Titel wie: „Der Irrsinn des Glaubens“, „Einblick in theologische Absurditäten“ oder „Geben wir der Aufklärung eine Chance“ für informativer gehalten. Der Leser dieser Rezension kann somit meine persönliche Schlussfolgerung erkennen und damit knüpfe ich auch an den Autor an, der seine Aspekte und Fakten klar und aussagekräftig kommentiert. Dass Fakler aus seiner Sicht den Titel so gewählt hat, wie er lautet, ist selbstverständlich sein gutes Recht und mit meiner Kritik möchte ich nur zum Ausdruck bringen, dass so möglicherweise Interessenten und Käufer irregeführt oder abgelenkt werden oder die Brisanz gar nicht deutlich wird.
Das fängt schon beim Thema „Denken“ im Titel an. Welcher Gläubige denkt denn? Kauft dieser ein Buch bei dem „Denken“ das Thema ist? Deshalb ist die Parole „Wissen statt glauben“, die man oft hören oder lesen kann, auch hinsichtlich ihres Aufklärungspotentials fragwürdig. Richtig ist eben nur die Forderung: Denken statt glauben. Dem sah ich mich deshalb bei meinem eigenen Buch verpflichtet. Gerade wenn man Wissenschaften zugeneigt ist und religiöse Glaubensvorgaben ablehnt, sollte man mit Begriffen wie Wissen vorsichtig umgehen. Wissen zu fordern ist viel zu unbestimmt, um von einem angesprochenen umgesetzt zu werden. Aber mit seinem vorhandenen Denken sich einem Thema zu nähern, dass ist wirkliche Aufklärung und funktioniert, wenn man sich tatsächlich einmal zum Nach-Denken entschieden hat. Damit liegt Fakler in seiner Aussage genau richtig. Denn die Wissenschaft ist gerade dazu da, auch immer wieder falsches, zuvor als wissenschaftlich belegtes Wissen, zu korrigieren. Nicht zuletzt hat ein Abschreibefehler zahllosen Kindern einen besonders gesunden, weil eisenhaltigen Spinat beschert. Auch Michelangelos Moses hat deshalb statt eines Strahlenkranzes Hörner auf der Stirn. Und das Kamel geht nicht durch das Nadelöhr sondern ein Tau (Seil). Im Paradies warten auf einen Moslem auch keine Jungfrauen, sondern viel textlich eher „weiße Trauben“ (paradiesische Köstlichkeit für einen Wüstenkrieger). Die gesamte Erforschung von Gesundheit, Krankheit und Ernährung ist voll von derartigen Berichtigungen. Das ist eben Wissenschaft und das ist Fortschritt. Der Glauben dagegen ist statisch und steht dabei stets und immer zunehmender im Widerspruch zum Wissen. Alles, was religiös schon zur Schöpfung, zu Naturgesetzen, dem Universum oder im medizinischen Bereich verkündet und erklärt wurde, hat sich immer wieder als grotesk falsch erwiesen. Mit den Erfordernissen des Glaubens wurde Wissenschaft gerade im medizinischen Bereich immer wieder schärfstens bekämpft. Doch heute vertraut auch ein Papst lieber seinem Arzt als allein auf Gebete zu setzen, und er vertraut in seinem Papamobil auch lieber dem Panzerglas als einer Kugel ablenkenden Maria. Dem Glauben den absoluten Vorrang einzuräumen, ist bis heute klerikale Auffassung und kostete im Laufe der Geschichte schon tausende Menschenleben.
Schließlich wird jeder Gläubige auch angeben, dass er „glaubensgewiss“ sei. Er weiß, dass ein Priester Wein in Blut verwandeln kann, er weiß, dass Jesus ihn durch seinen Tod von seinen Sünden erlöst hat, er weiß, dass die Zwangsmissionierung und Kreuzzüge dem Willen Gottes entsprochen haben. Doch Fakler bleibt bei diesem „Wissen“ eben nicht stehen und fordert am Ende deshalb vollständig schlüssig: Denken statt glauben. Mit dieser Forderung steht ein Gläubiger dann wohl ziemlich ratlos da. Denken ist schließlich genau das, was ihm als Kind in religiösen Frage aberzogen wurde. Mit welchen Denkoperationen soll denn ein Mensch zum Glauben gelangen? Glauben kommt nur daher, dass wir Menschen oder ein konkreter Mensch sich eben ein Phänomen nicht erklären kann. Aber viele Phänomene wurden inzwischen entschlüsselt. Man muss keine Opfer bringen und schon gar keine menschlichen, damit die Sonne am nächsten Tag wieder aufgeht. Beschnittene sterben genauso wie Unbeschnittene, gleiches gilt für Fastende oder Betende. Nichts ändert sich – und das erkennt man, wenn man dem Denken endlich den Raum zubilligt, den uns als Menschen mit unserem Gehirn geschenkt wurde. Das ist kein Gottesbeweis, wie immer verschleiernd als Argument vorgetragen wird, sondern nur das Eingeständnis, dass wir viele Dinge der Evolution und des Universums nicht erklären können. Religionskritik setzt deshalb nicht an einem diffusen Gottesbild an, sondern lässt sich nicht davon abbringen, genau den Gott oder die Götter ins Visier zu nehmen, die mit Anspruch auf göttliche Weisheit und Inspiration nach ihren Texten daherkommen. Fakler nimmt sich hierbei nicht nur das Christentum sondern in einigen Punkten auch den Aussagen des Islams an. Keine Religion unterscheidet sich von einer anderen. Kulturbedingt und durch die Aufklärung eines besseren belehrt, musste sich das Christentum im Umgang mit Kritikern zurücknehmen. Ob dies dem Islam in gleicher Weise gelingen wird, erscheint gegenwärtig äußerst fraglich. Aber das muss auf sich beruhen.
Einen Aspekt hat Fakler nicht in den Blick genommen. Aber sicherlich nicht, weil er hierzu eine andersartige Auffassung hätte: die Beichte. Diese ist für mich ein Höhepunkt klerikaler Manipulation. Ein Geständnis über ein Vergehen oder Verbrechen mag für einen Täter sicherlich entlastend wirken, dies aber mit göttlicher „Vergebens-Kompetenz“ auszustatten, ist für mich Hybris und Blasphemie reinsten Wassers.
Wenn Lehrer nicht wissen, was sie im Fach Ethik unterrichten sollen oder jemand nach ethischer Orientierung sucht, so findet er in diesem Buch reichlich Anschauungs- und Denkmaterial. Kein Urteil ist so falsch wie das, dass Religionen ethische Orientierung vermitteln (z,B. Buggle, Denn sie wissen nicht, was sie glauben; Theo Logisch (Ps.), Das ist euer Glaube). Solange noch an eine Jungfrauengeburt, leibliche Himmelfahrt und ein Weiterleben nach dem Tod geglaubt wird, stehen die Aussichten schlecht, dass sich in dieser Welt etwas grundsätzlich ändert. Das Menschsein zeigt sich im Diesseits nicht im Jenseits. Das Glaube schon immer als Legitimation für Herrschaft missbraucht wurde, ist immer noch nicht überwunden (Verfassungsrechtlicher Auftrag zur Ablösung der Staatsleistungen wird nächstes Jahr genau seit 100 Jahren ignoriert). Was bei Fakler nicht im Blick ist: Die Glaubenstreue der überwiegenden Anzahl der Politiker, das Gewähren und Beibehalten von Privilegien (Religionsunterricht; Staatsleistungen etc.) und der unermessliche Reichtum der Kirche/n. Aber dazu kann man an anderer Stelle mehr lesen. Wenn man erst einmal eine Frage im Raum steht, sollte, kann und muss man mit dem Denken beginnen – und mit dem Lesen dieses Buches.
Rezension: Verfolger
Rezension zu Roland Faklers:
Von Verfolgern und Verfolgten von Roland Weber Mannheim
Ein Buch, das man lesen sollte.
Fakler zeigt anhand der Geschichte, vor allem auch der Kirchengeschichte und den bekannten Akteuren, wie anfällig die Menschheit für Irrglauben, Egoismus und letztlich Dummheit doch ist. Wenn er sein Buch mit dem Untertitel „Lehren aus der Weltgeschichte“ versieht, so überkommen mich doch Zweifel. Bestenfalls kann man mit kritischen Büchern oder Meinungsäußerungen hoffen, diejenigen zu erreichen, die ohnehin der gleichen oder einer ähnlichen Meinung sind. Diejenigen, für die die Ausführungen eigentlich gelten, erweisen sich sowohl in den Führungsetagen als auch gerade in den unteren Schichten dagegen stets schon als „informations- und belehrungsresistent“. Lernen kann man aus der Geschichte in der Tat. Vor allem dann aber auch, wie fragwürdig die Überlieferungen und Einschätzungen sind. Doch dies ist nicht Gegenstand des Buches.
Fakler nimmt sich einige der sogenannten „Größen“ vor. „Groß“ waren merkwürdigerweise – oder eben genau dies verräterischer Weise – vor allem Männer, die über ihre und vor allem andere Völker Krieg, Abschlachten, Töten, Unterdrückung und Verfolgung brachten. Vor allem die kirchliche Geschichtsschreibung machte viele zu „Großen“ und merkwürdige Menschen zu „Heiligen“. Fakler widmet sich nur den Großen. Was war an einem Cäsar „groß“, was an einem Napoleon (auch wenn diese nicht diesen nahezu öffentlichen Titel erhalten haben – behandelt werden sie stets so), was an einem Alexander dem Großen, was an einem Herodes dem Großen, was an einem Konstantin oder Theodosius dem Großen, was an einem Otto dem Großen, was an einem Friedrich II. dem Großen, was an einem Papst Leo oder Gregor dem Großen und den zahllosen sonstigen Großen mit denen man unser Gehirn zupflastert? Gewiss waren sie monströse „Unterwerfer“ und gründeten Reiche oder begründeten Herrschaft. Und vor allem haben sie letztlich durch ihre Taten hunderttausenden Menschen den Tod und Elend gebracht. Man muss sich also fragen, welches Weltbild vertreten diejenigen, die für diese „Größe“ – Zuschreibungen verantwortlich sind und warum sie diese damit indirekt als bewundernswerte Gestalten anpreisen? Offenbar ist und wird das menschliche Gehirn auf Hierarchie geprägt.Mit mehr Recht könnte man all diese Potentaten auch als „Menschenfeinde“ titulieren – und dies Aufzuzeigen ist Faklers Anliegen. Wieviel tote Soldaten wiegen für einen Friedrich den Großen die Einführung der Kartoffel als Nahrungsmittel auf – oder auch umgekehrt!? Verbesserte ein Konstantin die Welt, indem er den Katholizismus förderte und andere Religionen unterdrückte?
Auch wenn der Autor diese Fragen nicht direkt aufwirft, so sucht er in seinen Schlussworten (Die letzte Offenbarung) doch Antworten genau in diesem Sinne.
Seine Frohe Botschaft aus den Lehren der Geschichte und der Geschichte der Religionen (unter Nr.5) lautet daher ganz kurz und ganz einfach:
„Ich möchte, dass die Menschen gut zueinander sind und gebe ihnen dazu mein einziges Gebot: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füge keinem anderen zu!“
Das ist gewiss ein akzeptabler Ansatz, aber selbst hinter diesem bleiben wir eben zurück – und dies ist leider noch nicht alles. Ein Fanatiker hat vermutlich damit nicht einmal ein Problem. In Wirklichkeit – und das sieht auch Fakler so – kommt es aber nicht darauf an, stets mit der Masse zu marschieren, sondern der eigenen Menschlichkeit zu folgen.
Wäre es richtig gewesen, dass jemand in die Hitler-Jugend oder die NSDAP eingetreten wäre, weil auch andere dies tun oder dies müssen? Bürger nicht in „jüdische“ Geschäfte hineinlassen? Dies möge man nicht als provokant, sondern als Aufforderung zum Nachdenken verstehen. Und ganz gewiss hat Fakler derartige Perversions-Interpretationen auch gar nicht im Sinn.
Auch wenn man die Charakterschwächen der aufgeführten Imperatoren, Kaiser, Partei- und Volksführer aufführt, so bleiben abschließende Urteile immer fragwürdig. Zum einen strotzt die Geschichte vor Falschberichten, Fälschungen, Interpretationen und Unterdrückungen, was ganze Bücher füllen kann, zum anderen können wir uns kaum in historische Situationen hineindenken oder wirksame Lehren aus der Geschichte ziehen. Schon immer ging es um „Köpfe“ – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Keiner der Großen, der nicht auch ein „persönliches“ Todesurteil ausgesprochen und zu vertreten hätte. Wie soll sich z.B. jemand entscheiden, der als gefeierter Führer im Jahr 1790 vor dem Volk steht? Weiter Hinrichtungen fordern oder sofortiges Abrüsten befürworten? So oder so läuft das dann letztlich auf die Varianten „Versager“ oder „Verräter“ – und ggf. eben dann auch auf Tote hinaus. Auch der Rückzug in die eigene Gartenlaube hilft da geschichtlich nicht wirklich weiter.
Die Krux bei angestrebten Änderungen in Herrschaftsstrukturen ist immer, dass sie nie ohne Druck und Gewalt zustande kommen. Schon im Bauernkrieg mussten die Bauern erfahren, wie selbst auf harmloseste Forderungen (eigenen Priester wählen zu dürfen) die Herrschenden reagierten. Das Dumme ist dabei eben, dass stets Gegendruck entsteht und somit der Weg zu einem gänzlich friedlichen Miteinander oft verbaut ist. Bei allem gibt es immer „Gegner“ und dann kommt es auf die Umstände an, wie der Konflikt gelöst werden kann. Keiner der Macht hat, gibt sie freiwillig her, da er sofort mit einer „Abrechnung“ rechnen muss. Früher musste ein Herrscher spürbare Gewalt anwenden, wenn er etwas erreichen wollte. Heute kann sich eine politische Führung einfach über den Willen der Mehrheit hinwegsetzen – oder mit einem überlegenen Aufgebot Widerstand unterdrücken. Immerhin kann man aber erkennen, wer am nachdrücklichsten gegen die Menschlichkeit verstößt. Aber das sieht man eben nur bei den Siegern, die gestalten. Was die jeweiligen Verlierer mit gewonnener Macht gemacht hätten, kann man allenfalls spekulativ beantworten.
Dies muss ich kritisch anmerken, denn die Welt und die Anforderungen sind durchaus nicht immer, aber oft sehr komplex. Was wir aber – und das auch mit diesem Buch – lernen können, ist, wie es eben gewalttätig und inhuman gelaufen ist. Dabei sind keine einfachen Antworten möglich. Wichtig ist, sich aber immer der humanen Werte zu versichern. Die Aufklärung ist weit über ihren anti-religiösen Ansatz hinaus gescheitert, weil die Menschen nur selten als Individuum die Geschicke bestimmen, sondern die Massen agieren und als solche manipuliert werden. Heute mehr denn je. Was wir auch mit diesem Buch aber lernen können, ist vielleicht den unheilvollen Größenwahn bei „Führern“ aller Sorten und deren Glorifizierung rechtzeitig wahrzunehmen. Die Welt und das Geschehen bestimmen heute ein Trump, ein Kim, ein Erdogan – von Afrika, Vorderem Orient oder Südamerika erst gar nicht zu reden.
Leider ist nicht ersichtlich, dass auch aus der Geschichte irgendetwas Grundlegendes gelernt worden wäre. Korruption, Manipulation, Größenwahn, Hybris, Machtwahn usw. die schon alle „Großen“ in der Vergangenheit auszeichneten bleiben uns heute überwiegend in Systemen und Herrschaftsstrukturen erhalten.
Was wir auch begreifen können, dass die Verfolgung einzelner, wie sie der Autor auflistet, inzwischen zu einem Massenphänomen geworden ist. Man feiert einen Journalisten, der aus der Türkei offensichtlich aufgrund eines „Gegengeschäfts“ freigekommen ist, ignoriert dabei allerdings allein dort über hunderte andere zu Unrecht verfolgte und geht alles in allem zur Tagesordnung über. Erich Maria Remarque ließ in seinem Roman trotz erbitterter Stellungskämpfe im Ersten Weltkrieg vermelden: „Im Westen nichts Neues!“ Sicherlich hat sich vieles verbessert, und in unseren Breiten (!) muss man nicht täglich um Leib und Leben bangen und ist nicht mehr herrschaftlicher Willkür ausgeliefert, aber hinsichtlich der Manipulation der Menschen muss es heißen: Nein, „Auf der Welt nichts Neues!“
Auch wenn dem Einzelnen in unserer Gesellschaft immer weniger Bedeutung zukommt und damit die Chancen auf grundlegende Veränderung gegen Null tendieren: Man sollte nicht nachlassen, Informationen aufzunehmen und seine eigene Werteskala zu justieren. Dazu liefert Fakler mit seinem Buch ein lesenswertes Werk. Es ist ein Beitrag der Aufklärung und des Humanismus.
Zitat S.145:
„Wer gefährlichen Unsinn nicht kritisiert, macht sich schuldig an zukünftigen Generationen, denn es ist die Denkweise, die unheilvolles Handeln rechtfertigt.“
Schuld der geistigen Eliten
Hat sich bewährt
In der Beilage zum 75-jährigen Bestehen des TAGBLATTs wurde der Artikel „Wie es kam“ von Josef Forderer aus der Erstausgabe noch einmal abgedruckt. Leserbrief im Tagblatt 07.01.2021
Worauf der Friede gründet – Kommentar zum besten Text in diesem Jahr.
Eine Hauptursache für Streit und Krieg in der Welt sind ungerechtfertigte Herrschaftsansprüche. Deswegen konnte ein Kind, das für den Messias und weiß Gott was gehalten wurde, nicht den Frieden auf Erden bringen, vielmehr waren diese fantastischen Ansprüche, mit denen seine Anhänger heute noch ihre Herrschaft begründen, Ursache für endlose Streitereien, Kriege und Verfolgungen.
Der Friede beginnt mit einer realistischen Betrachtung der Welt, mit der vernünftigen Klärung der Fragen: Wer darf regieren und wie begründen die Regierenden ihr Recht zu regieren: der Papst, die Könige, die Diktatoren, der Bürgermeister, die Kanzlerin?
In Europa hat sich nach langen Kämpfen gegen Adel und Geistlichkeit, seit der Aufklärung, die Idee der Volkssouveränität als überzeugendste, vernünftigste Begründung der Macht durchgesetzt und man kann sagen: Sie hat sich bewährt. Dennoch gibt es heute wieder alle möglichen Spinner, die sich andere Formen der Herrschaft wünschen, Leute, die im Kaiserreich oder gar in einer faschistischen oder kommunistischen Diktatur leben wollen, Leute, die einen Gottesstaat christlicher oder islamischer Prägung gut finden. Diese Herrschaftsformen hatten ihre Chance. Es genügt ein Blick in die Welt oder zurück in die Geschichte, um festzustellen: Sie haben gründlich versagt. Es ist gut, dass sie abgesägt wurden. Mündige Staatsbürger sollten wachsam darauf achten, dass sie nie wiederkommen.
Blinder Glaube
Leserbrief 29.09.2020
Das SCHWÄBISCHE TAGBLATT erschien vor 75 Jahren zum ersten Mal. Der damalige Mitherausgeber Josef Forderer schrieb in der Erstausgabe einen Kommentar. Wir druckten die ganze erste Seite noch einmal ab.
Josef Forderer hat es auf den Punkt gebracht! Er öffnet uns die Augen für das, was schief gelaufen ist in Deutschland, bevor es zur Katastrophe kam. Er nennt die politische Denkfaulheit, aber er sagt leider nicht, dass diese auf eine lange Erziehung zur Unmündigkeit durch die Kirchen und den Obrigkeitsstaat verschuldet wurde.
1848 und dann wieder 1918 haben Adel und Kirchen ihre ganze Macht gegen die Republik in die Waagschale geworfen, haben aus berechtigter Angst vor Machtverlust ihre religiösen, romantischen, irrationalen Fantasien vom „Königtum von Gottesgnaden“ über eine vernunftbasierte Verfassung gestellt und waren damit wesentlich mitschuldig an der Katastrophe.
Was vor dem Krieg bei uns die christlichen Kirchen geleistet haben, leistet heute der Islam: die Erziehung des Volkes zu blindem Glauben und Gehorsam. Das ist eine Steilvorlage für jeden Diktator. Ein Blick in islamische Länder, vor allem in die Türkei, müsste genügen, um parallele Strukturen erkennen zu lassen.
Anstatt nun endlich aus dieser Geschichte zu lernen und hier einen verbindlichen Ethikunterricht mit politischer Bildung für alle einzuführen, geht es weiter mit der konfessionellen Indoktrination und Zersplitterung der Gesellschaft, möglichst schon im Kindesalter. Aber wer einmal gelernt hat, Blödsinn zu glauben, ist offen für allen möglichen Blödsinn!
Unzählige Götter
Die Diskussion um die Verstrickungen der Kirchengemeinden Tübingens in den Nationalsozialismus geht weiter.
Lieber Herr Hälbig, freundlicherweise haben Sie schon auf meine Homepage verwiesen, wo ich Ihnen vor allem das Kapitel: „https://rolandfakler.de/fortschritte-durch-kritik“ empfehlen würde. Wann und wo hat denn Gott regiert? Welcher Gott? Die Menschen haben im Lauf ihrer schrecklichen Geschichte an unzählige Götter geglaubt. Herrschsüchtige Männer und Frauen haben diese Götter bis heute benutzt, um ihre Herrschaft zu rechtfertigen. Das gilt vor allem für die Päpste und die „Könige von Gottes Gnaden“.
Sie erwähnen Bartholomä de las Casas, der zweifellos eine Lichtgestalt seiner Zeit war. Er hat allerdings das Leid der Indios gegen das der Schwarzen eingetauscht. Mit ihm begann der transatlantische Sklavenhandel. Dass die „christlichen“ Europäer aber überhaupt so grausam über die Naturvölker hergefallen sind, ist ihrem Auserwähltheitswahn, ihrer Intoleranz, ihrem blinden, überheblichen Glauben und vor allem einer Bulle Papst Nikolaus V. von 1455 zu verdanken, der dem portugiesischen König Alfons V. (…) das Recht gibt: „die Sarazenen, Heiden und andere Feinde des Christentums zu überfallen, sie auf ewig zu Sklaven zu machen und ihren Besitz zu nehmen.“
Zweifellos waren viele Katholiken, vor und nach 1933, gegen die Nazis. Da in der katholischen Kirche aber Hierarchie, Befehl und Gehorsam gelten, konnte die ganze Bischofsriege, auf Befehl von oben, um 180 Grad gedreht werden und so haben fast alle Bischöfe – Sproll war eine löbliche Ausnahme – das Naziregime bis zuletzt unterstützt.
Kinder ihrer Zeit
Leserbrief im Tagblatt Tübingen am 7.7.2020
Herr S., ich würde ihnen dringend empfehlen, meine Leserbriefe nicht mehr zu lesen. Jedenfalls war das meine letzte Antwort auf ihr Gesulze.
Es gibt praktisch keinen Philosophen, der nicht mal Blödsinn geschrieben hat. Sie waren alle Kinder ihrer Zeit, die in Europa jahrhundertelang totalitär katholisch und biblisch geprägt war. Die Bibel galt als das unveränderliche Wort Gottes, an dem man sich zu orientieren hatte, freiwillig oder mit Gewalt, trotz aller Widersprüche.
So wurde auch der Rassismus biblisch begründet. Noah soll drei Söhne gehabt haben: Ham, Sem und Japheth. Das sollen die Väter der drei Rassen gewesen sein, der Schwarzen, der Semiten und der Weißen. Weil Noah Ham verflucht hat, wurden die Schwarzen zu Sklaven und Untermenschen erklärt. 1 Mos. 9:25
Wenn Kant, Rousseau oder Plato Blödsinn geschrieben haben, dann wissen wir, dass der von Menschen stammte, die fehlbar waren und die man kritisieren darf, wenn man aber glaubt, dass die Bibel oder auch der Koran unfehlbar seien, dann ist Kritik nicht mehr möglich und die Katastrophe nimmt ihren ungebremsten Lauf. Die Geschichte spricht da eine klare Sprache.
Jeder, der Kritik verbietet – wie sie – hemmt den Fortschritt des Denkens. Die Kritik an unheilvollem Denken ist aber sehr wichtig, um zukünftiges Leid zu verhindern.
Das tu ich ausführlich in meinen Büchern und auf meiner Homepage. Da mir nur 15 Leserbriefe im Jahr erlaubt sind, muss ich Prioritäten setzen …und die müssen sie gefälligst mir überlassen.
Keine Fürsprache…
für Demokratie und Freiheit in den “heiligen” Texten
Andrea Bachmann berichtete über die evangelische Kirchengemeinde zu Zeiten des Nationalsozialismus („Tübingens Kirche unterm Hakenkreuz“, 3. Juni). Religionskritiker Roland Fakler beschreibt seine Sicht.
Wer mithilft, eine Diktatur zu installieren, muss damit rechnen, eines Tages selbst unter ihre Räder zu kommen!
Die beiden Großkirchen standen einer hierarchischen Herrschaft immer näher als der freiheitlichen Demokratie. Das Christentum ist in einer monarchischen Umgebung entstanden. In der Bibel findet man keine Fürsprache für die Errungenschaften, die wir heute in diesem Staat schätzen, nämlich für Demokratie und Menschenrechte. Diese mussten gegen den heftigen Widerstand der Kirchen und ihre „heiligen Bücher“ in der Zeit der Aufklärung erkämpft werden.
Es ist nur logisch, dass die Kirchen in Hitler eine „Vorsehung Gottes“ sahen, nachdem ihre Schäfchen in den lockeren 1920er- Jahren ihrer Herrschaft zu entgleiten drohten, um das Diesseits zu feiern.
Nach Luther hat „jeder Christ, gemäß dem Vorbild Jesu, nicht zu rechten und zu fechten, sondern Unrecht zu leiden und das Übel zu dulden”. Hitler konnte die Herde wieder für Opfermut und Hingabe begeistern. Im Leiden sucht das Volk die Kirche, bei der Suche nach individuellem Glück ist sie eher hinderlich. Das Heil sollte es nicht auf Erden, sondern im Glauben an Gott, Kirche, Führer, Volk und Vaterland, in der Aufgabe des individuellen Glücks geben. Glauben und Gehorchen sind die christlichsten Tugenden.
Folgerichtig fördern die Kirchen heute den Islam, der ebenso wie sie, die Unterwerfung des Gläubigen unter die Gottes- und Priesterherrschaft anstrebt und nicht das individuelle Glück des mündigen Staatsbürgers.
Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt am 15.05.2020
Wir können nur aus der Geschichte lernen, wenn wir uns zur Wahrheit bekennen. Nun hat die kath. Kirche ein erstaunliches Schuldbekenntnis veröffentlicht, nachdem sie sich 75 Jahre lang erfolgreich aus der Verantwortung gelogen hat. Die Quellen sind heute jedem zugänglich. Siehe: Peter Bürger „Erfüllt eure Pflicht…“ Hirtenbriefe
https://www.deutschlandfunkkultur.de/katholische-kirche-im-zweiten-weltkrieg-schuldbekenntnis.2950.de.html?dram:article_id=475797
Wie im 1. Weltkrieg wurden die Soldaten auch im 2. WK von den Kirchen zum Schlachten geführt. Keiner der deutschen Bischöfe verurteilte den Krieg, bis zum Schluss. Sie stützten die NS-Propaganda. Sie haben in ihren Hirtenbriefen die Mär vom Verteidigungskrieg des friedliebenden deutschen Volkes übernommen. Sie haben den Kampf des „rechtgläubigen Christenvolkes“ gegen den „gottlosen Bolschewismus“, als gottgewollt, gemäß der Heiligen Schrift, gepredigt. Sie versprachen dem Soldaten, der gehorsam in den Heldentod für Führer, Volk und Vaterland ging, die ewige Seligkeit. Mit voller Überzeugung, für eine gute Sache zu kämpfen, für „Gott und Christus“, zur Errettung des Vaterlandes, zog auch mein Vater, Jahrgang 1922, in diesen „Heiligen Krieg“. Auch Hitlers Kriegsziel, seit 1925 „Lebensraum für die arisch-germanische Rasse“ wurde von den Bischöfen theologisch und religiös gerechtfertigt. Die Deutschen, das christlichste Volk Europas, seien das neue, auserwählte Volk. Ihm stehe gegenüber den kulturell minderwertigen und vor allem gottlosen Bolschewisten ein von Gott gegebener Anspruch auf einen größeren Lebensraum zu. Deshalb sei dies ein gerechter Krieg.
Zitate aus der oben verlinkten PDF
Die persönlichen Notizen des Bischofs von Speyer Ludwig Sebastian über den Verlauf der Konferenz geben Aufschluss über den Inhalt der Beratungen. In unvollständigen Sätzen hat er vermerkt: „Bei Ausbruch des Krieges ist ein Hirtenwort an die Gläubigen zu richten. Gebete einlegen; die katholischen Soldaten *** verpflichtet, in Treue und Gehorsam gegen Führer und Obrigkeit opferwillig unter Hingabe ihrer ganzen Persönlichkeit zu erfüllen gemäß den Mahnungen der Heiligen Schrift. An das Volk richten wir die Bitte, unsere innigen Bitten zum Himmel zu senden, daß Gott den ausgebrochenen Krieg zu einem für Vaterland und Volk siegreichen Ende führen möge.“
… gemäß einer langen Tradition folgten sie den Weisungen der staatlichen Obrigkeit und übernahmen nicht nur deren Kriegspropaganda, sondern überhöhten sie z.T. auch pseudoreligiös. Nach dem Überfall auf Polen übernahm der Bischof von Münster von Galen die offizielle Version vom Angriff der feindlichen Mächte auf das friedliebende Deutschland; unsere Soldaten erkämpften „einen Frieden der Freiheit und Gerechtigkeit für unser Volk“.
Vier Tage nach dem Angriff auf die Sowjetunion wussten und lehrten die deutschen Bischöfe, dass die Soldaten mit ihrer Pflichterfüllung „nicht nur dem Vaterland dient(en)“, sondern sie wagten sogar zu behaupten, dass sie damit „auch dem heiligen Willen Gottes folgt(en)“. Der Bischof von Münster nannte den Krieg jetzt einen „neuen Kreuzzug“, in dem „der Soldatentod des gläubigen Christen in Wert und Würde ganz nahe dem Martertod um des Glaubens willen (steht,) der dem Blutzeugen Christi sogleich den Eintritt in die ewige Seligkeit öffnet.“ Für den Paderborner Erzbischof Jäger diente der Krieg der „Bewahrung des Christentums in unserem Vaterland, für die Errettung der Kirche aus der Bedrohung durch den antichristlichen Bolschewismus“. Der Bischof von Eichstätt nannte den Krieg „einen Kreuzzug, einen heiligen Krieg für Heimat und Volk, für Glauben und Kirche, für Christus und sein hoch heiliges Kreuz“.
Wie im Ersten Weltkrieg erhielten die Soldaten von ihren Bischöfen eine religiöse Deutung ihres Kriegsdienstes: es sei „Nachfolge Christi …, das eigene Leben einzusetzen zur Rettung unseres Volkes“. Als junger Mann hörte ich die Aufforderungen unserer Bischöfe: „Mit der ganzen Autorität unseres heiligen Amtes rufen wir auch heute euch wieder zu: Erfüllet in dieser Kriegszeit eure vaterländischen Pflichten aufs treueste! Lasset euch von niemandem übertreffen an Opferwilligkeit und Einsatzbereitschaft! … Wo immer der Daseinskampf unseres Volkes euren Einsatz fordert, da steht“.
Wie konnte ich mich als kirchentreuer zum Gehorsam verpflichteter Katholik angesichts der damaligen Auffassung von der amtskirchlichen Autorität diesen Aufforderungen entziehen? Seit Kindertagen ist mir eingeprägt worden, dass ich den Lehren und Weisungen meiner Kirche „folgsam“ nachzukommen habe. Zahllose Menschen erfuhren während des Krieges Stärkung und Trost durch ihre Bischöfe, die ihnen zusicherten, dass sie mit ihrer Opfer- und Todesbereitschaft ganz dem Willen Gottes folgten. Und die Machthaber konnten mit solch kräftiger Unterstützung ihrer Gehorsamsforderungen zufrieden sein.
ERZBISCHÖFE UND BISCHÖFE, 8. JUNI 1933
„Es fällt uns Katholiken auch keineswegs schwer, die neue starke Betonung der Autorität im deutschen Staatswesen zu würdigen und uns mit jener Bereitschaft zu unterwerfen, die sich nicht nur als eine natürliche Tugend, sondern wiederum als eine übernatürliche kennzeichnet, weil wir in jeder menschlichen Obrigkeit einen Abglanz der göttlichen Herrschaft und eine Teilnahme an der ewigen Autorität Gottes erblicken (Röm. 13. 1ff). […] Wir wollen dem Staat um keinen Preis die Kräfte der Kirche entziehen, und wir dürfen es nicht, weil nur die Volkskraft und die Gotteskraft, die aus dem kirchlichen Leben unversiegbar strömt, uns erretten und erheben kann.“
AUSZUG AUS DEM HIRTENWORT DES DEUTSCHEN EPISKOPATS,
24.12.1936
„Geliebte Diözesanen! Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat den Anmarsch des Bolschewismus von weitem gesichtet und sein Sinnen und Sorgen darauf gerichtet, diese ungeheure Gefahr von unserm deutschen Volk und dem gesamten Abendland abzuwehren. Die deutschen Bischöfe halten es für ihre Pflicht, das Oberhaupt des Deutschen Reiches in diesem Abwehrkampf mit allen Mitteln zu unterstützen, die ihnen aus dem Heiligtum zur Verfügung stehen.“
Der Heilige Vater ging davon aus, die tiefste Wurzel des Giftbaumes sei die Gottlosigkeit und Gottfeindlichkeit der Bolschewiken, der Führer des Deutschen Reiches entwickelte die verhängnisvollen Auswirkungen des Bolschewismus auf das geistige, politische und volkswirtschaftliche Leben der Völker, im besonderen auf die Lage des Arbeiterstandes.
MAINZER BISCHOFSWORT GEMÄß VEREINBARUNG ZU EINEM GEMEINSAMEN KRIEGSWORT DER DEUTSCHEN BISCHÖFE (17.9.1939)
„In dieser entscheidungsvollen Stunde ermuntern und ermahnen wir unsere katholischen Soldaten, in Gehorsam gegen den Führer, opferwillig, unter Hingabe ihrer ganzen Persönlichkeit ihre Pflicht zu tun. Das gläubige Volk rufen wir auf zu heißem Gebet, daß Gottes Vorsehung den ausgebrochenen Krieg zu einem für Vaterland und Volk segensreichen Erfolg und Frieden führen möge.“
Wer verdient keinen Straßennamen?
Straßennamen
Wer sollte auf keinen Fall mit einem Straßennamen geehrt werden.
Die Tübinger Stadtverwaltung will elf Straßennamen wegen der Vergangenheit ihrer Namensgeber auf den Prüfstand stellen („Noch kein Urteil, aber ein Hinweis auf nähere Untersuchung“, 9. Januar). Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt am 16.01.2021
Überall werden „Helden“ gefeiert, die kein Straßenschild verdient hätten. Moses und Elias haben Religionsfreiheit mit Hinrichtungen beantwortet. Alexander der Große hat aus Kummer über den Tod seines Freundes ein unbeteiligtes Dorf überfallen und alle Männer niedergemetzelt. Konstantin der Große hat, wie später Chlodwig I., seine ganze Familie aus dem Weg geräumt. Das war bei verehrten Sultanen die übliche Art, sich unliebsamer Konkurrenten zu entledigen. Auch Mohammed hat 600 Juden in Medina hinrichten lassen.
Mörder-Herzog Ulrich wird mit einem Weg in Entringen geehrt. Der heilige Martin hat an der Spitze von Mönchsbanden eigenhändig die Heiligtümer der Heiden vernichtet. Karl der Große, der Sachsenschlächter, hat mehrere Massaker angerichtet. Einmal waren es 4500 Sachsen. Friedrich der Große hat mitten im Frieden einen Eroberungskrieg um Schlesien angefangen, der tausende Opfer gefordert hat. Luther hat die schlimmsten Hetzschriften gegen Juden und Bauern verfasst.
Napoleon stieg für seine Eroberungen bedenkenlos über Leichenberge. Der Bibelgott und Allah bedrohen heute noch Ungläubige mit Folter und ewigen Höllenstrafen, dafür werden sie verehrt.
Rezension – U. Lehnert
Rezension zu Prof. Uwe Lehnerts Buch „Warum ich kein Christ sein will“
Von Roland Fakler
Aufmerksam wurde ich auf Uwe Lehnert schon vor Jahren, wegen seiner klaren und überzeugenden Facebook-Kommentare in humanistischen Foren. Er wollte mit Argumenten und gesundem Menschenverstand überzeugen, nicht Recht haben, um jeden Preis. Hier war ein Philosoph am Werk, der mit viel Wissen und Lebenserfahrung grundlegende Themen aus Philosophie, Religion und Wissenschaft leicht verständlich erklären konnte, einer der sich seine Sätze gut überlegt hatte, Sätze, die auch im schnellen Fluss des Internets nicht untergingen. Sätze, die er dann in einem Buch zusammengefasst hat, das wohl als Vermächtnis gedacht, lange Bestand haben wird. Es lohnt sich dieses Buch oder Teile davon, nicht nur einmal, sondern öfter zu lesen. Es ist ein Manifest für eine naturalistisch–humanistische Weltsicht.
Es ist keine Eingebung des „Heiligen Geistes“, sondern ein wohlüberlegtes, in seiner 7. Auflage überarbeitetes Ergebnis, vernünftigen Denkens und Forschens. Es beschreibt einen Weg, der auf weiten Strecken auch mein Weg war, den Weg vom christlich geprägten zum selbstdenkenden, säkularen Humanisten, der mit beiden Beinen in dieser Welt steht und seine Hoffnungen nicht, durch illusorische Versprechungen geleitet, in ein zweifelhaftes Jenseits verlegen will.
Das Buch nimmt sich im ersten Drittel sehr viel Raum, das aktuelle Weltbild als Forschungsergebnis der modernen Naturwissenschaften zu erklären. Daraus könnte der Autor ein extra Buch machen. Man merkt, in diesem Fachbereich ist Uwe Lehnert zuhause. Er ist leidenschaftlicher Naturwissenschaftler, Ingenieur, Informatiker, Erziehungswissenschaftler, aber auch sehr vielseitig gebildet. Dieser Teil mit den weltbildprägenden Disziplinen Kosmologie, Quantenphysik, Evolutionstheorie und Hirnforschung stellt bereits eine Auseinandersetzung dar mit den überkommenen Auffassungen des Christentums und der Religionen ganz allgemein.
Der Titel „Warum ich kein Christ sein will“ schockiert zunächst so manchen Leser, aber Uwe Lehnert begründet sehr ausführlich diesen provozierenden Buchtitel, vor allem im zweiten Drittel des Buches, wo er die Willensfreiheit bestreitet und mit der Theodizee-frage voll ins Thema einsteigt.
Im letzten Drittel, gleichsam als krönendem Abschluss, widmet er sich dann dem neuen Weltbild des säkularen Humanismus.
Wir wuchsen beide mit dem Christentum auf, das heute noch allgegenwärtig ist. Außer mir wagten nur wenige meiner Klassenkameraden es zu kritisieren. Ähnlich ging es dem Autor dieses Buches. Jedes Kind ist erst einmal den Wertvorstellungen und dem Weltbild seiner Erzieher ausgeliefert. Dieses Weltbild dürfte für die meisten bis ans Ende ihrer Tage mehr oder weniger prägend sein … wenn sie nicht anfangen, zu prüfen und zu hinterfragen.
„Religion ist gut, Christentum ist gut“, dachten wir, denn so wurde es uns von unseren Lehrern, Pfarrern, Politikern und allen Medien präsentiert, nur einige Ketzer und Spötter konnten das anders sehen. Schließlich waren der Staat und die Kirche und all die guten und lieben Menschen, die uns erzogen, „christlich“ und bekannten sich zum zentralen Inhalt christlichen Glaubens, zum „Gottessohn“, der angeblich vor 2000 Jahren im Orient von einer Jungfrau geboren, freiwillig für uns elend am Kreuz gestorben war, um uns von einer „Erbschuld“ zu erlösen, die ein mythologisches Paar namens Adam und Eva durch ihren Ungehorsam gegen Gott der ganzen Menschheit aufgebürdet hatten. Adam war von Gott aus einem Lehmklumpen geschaffen worden, Eva aus der Rippe Adams, weshalb sie natürlich auch nicht gleichwertig sein konnte. Sie wollten nach Erkenntnis streben, was von Gott verboten war. Die ganze Geschichte hatte mit der Himmelfahrt Jesu aber doch noch ein Happy End.
Das alles fand ich schon sehr früh bedenklich und ich fragte mich: Sind solche tröstlichen Märchen mit Drohbotschaften verknüpft hilfreich, das Schicksal zu meistern, das ständig Menschen jeder Weltanschauung gleichermaßen aus heiterem Himmel trifft? Ein naturalistischer Denker würde sagen: Das kann man glauben, das kann so aber in der Wirklichkeit nicht funktionieren. Kinder, die dazu erzogen wurden, ihrer Vernunft zu misstrauen und ihren Priestern zu glauben, mögen daran nichts Seltsames finden. Aber kann es ein erstrebenswertes Ziel einer Erziehung zum mündigen, demokratischen und wirklichkeitsorientierten Staatsbürger sein, Vernunft zu verdammen, Kindern ein völlig unwirkliches Weltbild zu vermitteln und Blindgläubigkeit zu fördern? Für einen, der darüber nachdachte und der mehr darüber wusste, wie diese Geschichten aus viel älteren ägyptischen, babylonischen, jüdischen und griechischen Mythen entstanden sind, war das schwer verdauliche Kost. Wer war daran interessiert, unmündige Gläubige zu erziehen? Doch nur Menschen, die herrschen wollten! So war denn diese Religion immer ein geeignetes Instrument, Herrschaft zu erlangen und mit Gottes Willen zu legitimieren.
Einem, dem die wahre, nicht nur die von der Kirche bereinigte, Geschichte des Christentums vertraut war, mussten Zweifel an seiner segensreichen Wirkung kommen. Wieviel Unheil hatten Christen in unzähligen Glaubenskriegen gegen einander und in Eroberungskriegen über andere Völker gebracht? Ihre Vorbilder fanden sie oft im Alten Testament, wo mit unglaublicher Grausamkeit und auf Gottes Befehl gegen andere Völker gewütet wird. Diesem schrecklichen und angeblich „heiligen“ Buch, mit seinen abstrusen Moralvorstellungen ist ein dickes Kapitel gewidmet, in dem der Leser gerade die Stellen findet, die heute in den Kirchen schamhaft verschwiegen werden, die aber lange Zeit als unverbrüchliches Wort Gottes Gültigkeit hatten und maßgeblich die christliche (Unheils-) Geschichte geprägt haben.
Auch Jesus selbst, den Christen immer als Prediger des Friedens und der Nächstenliebe sehen wollen, hat gemäß „der Heiligen Schrift“ allen mit dem ewigen Feuer gedroht, die nicht an ihn glauben wollten? Mit dieser Anmaßung und Intoleranz wurde mehr Unheil als Heil in die Welt gebracht. Wer nicht glauben wollte, musste vom Teufel besessen sein. Heiden und Falschgläubige galten als Untermenschen und mussten verfolgt und ausgerottet werden. Der Teufel war im Christentum allgegenwärtig. Schließlich hatte schon Jesus böse Geister ausgetrieben. Der Teufel musste mit Weihwasser, Gebeten und Opfern bekämpft werden. Noch heute werden in der katholischen Kirche Exorzisten ausgebildet, um böse Geister auszutreiben. Nicht-existierende Geister mit unwirksamen Gebeten zu vertreiben und die Gläubigen vor ewigen Höllenstrafen zu bewahren, wurde zur Hauptbeschäftigung der Gläubigen und zur besten Geschäftsidee aller Zeiten. Dafür wurden prächtige Kirchen und Klöster gebaut, die Gläubigen ausgebeutet und in Unmündigkeit gehalten. Mit Bibelstellen konnte belegt werden, dass diese hierarchische, undemokratische und ungerechte Ordnung gottgewollt sei.
Einer, der naturwissenschaftlich gebildet ist, musste erkennen, dass diese Religion, wie das bei allen alten Religionen mit beschränktem Naturwissen gar nicht anders sein kann, seinen Gläubigen ein völlig falsches, d.h. unrealistisches Weltbild vermittelt. Aus einem falschen Weltbild entsteht auch falsches, d.h. verhängnisvolles Handeln. Weil man von der Freiheit des Willens ausging, galt jeder Mensch, selbst Kinder, als voll verantwortlich und schuldfähig. Weil man Körper und Seele als zwei voneinander getrennte Wesenheiten betrachtete, wurde der vergängliche Körper abgewertet und alles für die Rettung der angeblich unsterblichen Seele getan. Nicht das Glück im Diesseits sollte erstrebenswert sein, sondern die Rettung der Seele für die Ewigkeit, nach Regeln, die die Kirche bestimmte. Danach sollte nicht der „gute Mensch“ ins Himmelreich eingehen, sondern der mit dem „richtigen“, katholischen Glauben, also Hitler und nicht die ungläubige Humanistin und Pazifistin Berta von Suttner. Priester und Kirche gewannen mit haltlosen Versprechen enorme Macht und maßlosen Reichtum. Jeder humane Fortschritt des Strafgesetzbuches musste von Aufklärern gegen diese Kirche erkämpft werden. Letztlich muss ein vernünftiger Mensch bei all dem Wissen, das dieses Buch vermittelt, zum selben Schluss kommen wie der Autor. Auch um eine neue, noch intolerantere und autoritärere Religion abwehren zu können, brauchen wir die Werte der Aufklärung, das klare Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten, die nicht im Christentum zu finden sind.
Uwe Lehnert ist ein höflicher Mann, der viel Verständnis zeigt für Menschen, die trotz aller Kritik an diesem Glauben festhalten wollen. Aber wir sind beide davon überzeugt, dass eine Welt, die auf vernünftigen, humanistischen Werten aufbaut und sich an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, eine bessere und gerechtere Welt sein wird. Welches Denken, welche Werte zu dieser besseren Welt führen könnten, davon handelt ein umfangreiches Kapitel im dritten Teil des Buches. Darin geht es u.a. um den Sinn des Lebens, wenn man nicht an ein Paradies als Belohnung glaubt, wie ein naturalistisch-humanistisches Weltbild aussehen könnte oder um das Recht auf Selbstbestimmung, zum Beispiel am Ende des Lebens.
Das Buch ist jedem zu empfehlen, der weltanschauliche Orientierung sucht. Es ersetzt viele kirchen- und religionskritische Bücher, weil es über den ganzen Themenkomplex umfassend und gut verständlich informiert.