Sklaverei
Posted by rofa on 23. Dezember 2025
Wie wurde im Christentum die Sklaverei gerechtfertigt?
Mehrere christliche Theologen und kirchliche Autoren haben in verschiedenen Epochen die Sklaverei gerechtfertigt oder zumindest als mit dem Christentum vereinbar angesehen.
Antike und Spätantike
Augustinus von Hippo (354–430)
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Sah Sklaverei als Folge der Erbsünde.
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Nicht Teil der ursprünglichen göttlichen Ordnung, aber als Strafe und Ordnungsmittel nach dem Sündenfall legitim.
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Argumentierte, dass geistliche Freiheit wichtiger sei als äußere Freiheit.
➡️ Keine aktive Abschaffung, sondern Akzeptanz als Teil der gefallenen Welt.
Johannes Chrysostomos (ca. 349–407)
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Kritisch gegenüber Missbrauch von Sklaven.
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Hielt Sklaverei dennoch für sozial akzeptabel, solange Herren moralisch handelten.
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Forderte keine institutionelle Abschaffung.
Mittelalter
Thomas von Aquin (1225–1274)
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Übernahm aristotelische Kategorien.
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Unterscheidung:
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Natürliche Freiheit (alle Menschen gleich)
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Rechtliche Sklaverei (durch menschliches Recht legitimiert)
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Sah Sklaverei als praktisch nützlich und rechtlich zulässig, wenn auch nicht ideal.
➡️ Sklaverei als sekundäre, aber erlaubte Ordnung.
Kirchliches Recht (kanonisches Recht)
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Erlaubte Sklaverei z. B.:
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von Kriegsgefangenen
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als Strafe
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bei Nichtchristen
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Die Kirche besaß selbst Sklaven.
Frühe Neuzeit & Kolonialzeit
Martin Luther (1483–1546)
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Keine systematische Sklavereitheorie.
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Betonung des Gehorsams gegenüber weltlicher Ordnung.
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Rechtfertigte Leibeigenschaft und soziale Hierarchien theologisch.
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Ablehnung von Bauernaufständen.
➡️ Indirekte Legitimation unfreiwilliger Arbeit.
Jean Calvin (1509–1564)
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Akzeptierte Sklaverei als Teil der bestehenden Ordnung.
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Berufung auf biblische Texte (z. B. Paulus).
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Kein Aufruf zur Abschaffung.
Kolonialtheologen & Missionare (16.–18. Jh.)
Viele rechtfertigten Sklaverei mit:
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„Zivilisierungsauftrag“
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angeblicher religiöser Überlegenheit
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Verweis auf biblische Texte (z. B. Fluch Hams, Eph 6,5)
Beispiele:
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Juan Ginés de Sepúlveda (Spanien): Rechtfertigte Versklavung indigener Völker.
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Teile der katholischen und protestantischen Kolonialtheologie.
18.–19. Jahrhundert (USA & Europa)
Protestantische Sklavereitheologen in den Südstaaten
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James Henley Thornwell
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Robert Lewis Dabney
Argumente:
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Sklaverei sei biblisch erlaubt
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Jesus habe sie nicht verboten
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Paulus habe Sklavengehorsam gefordert
➡️ Diese Positionen wurden später von Kirchen offiziell verworfen.
Wichtig: Gegenstimmen gab es immer
Zeitgleich existierten christliche Gegner der Sklaverei, z. B.:
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Gregor von Nyssa (4. Jh.)
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Bartolomé de las Casas
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Quäker
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evangelikale Abolitionisten (z. B. William Wilberforce)
Fazit
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Viele bedeutende Theologen akzeptierten oder rechtfertigten Sklaverei, meist:
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aus Bibelauslegung
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Anpassung an bestehende Machtstrukturen
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sozialem Ordnungsdenken
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Das Christentum war nie einheitlich in dieser Frage.
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Die heutige christliche Theologie lehnt Sklaverei eindeutig und offiziell ab.
Wenn du möchtest, kann ich dir auch:
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konkrete Bibelstellen nennen, die zur Rechtfertigung benutzt wurden
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oder zeigen, wie moderne Theologie diese Texte anders auslegt
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oder den Unterschied zwischen Sklaverei, Leibeigenschaft und Zwangsarbeit erklären
Hier sind konkrete Bibelstellen, die historisch zur Rechtfertigung oder Akzeptanz von Sklaverei herangezogen wurden. Ich ordne sie thematisch und gebe kurz an, wie sie verwendet wurden.
1. Altes Testament – explizite Regelungen zur Sklaverei
Exodus 21,2–6
„Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst, soll er sechs Jahre dienen …“
➡️ Wurde als Beleg genutzt, dass Sklaverei gesetzlich geregelt und erlaubt sei.
Levitikus 25,44–46
„Die Sklaven und Sklavinnen, die ihr haben werdet, sollt ihr von den Heidenvölkern kaufen … Ihr könnt sie als Erbbesitz euren Söhnen hinterlassen.“
➡️ Zentrale Rechtfertigungsstelle für dauerhafte Sklaverei von Nichtisraeliten.
Exodus 21,20–21
„Wenn jemand seinen Sklaven mit dem Stock schlägt und er stirbt … bleibt er aber noch einen oder zwei Tage am Leben, so soll er nicht bestraft werden.“
➡️ Wurde als Beleg für Eigentumsstatus des Sklaven gelesen.
2. „Fluch Hams“ – rassistische Umdeutung
Genesis 9,25
„Verflucht sei Kanaan! Ein Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern.“
➡️ In der Neuzeit falsch auf Afrikaner übertragen, um rassische Sklaverei zu legitimieren
(heute eindeutig als Missbrauch des Textes anerkannt).
3. Neues Testament – Unterordnung statt Abschaffung
Epheser 6,5
„Ihr Sklaven, gehorcht euren irdischen Herren mit Furcht und Zittern …“
➡️ Sehr häufig zur Begründung verwendet, dass Sklaverei mit dem Christentum vereinbar sei.
Kolosser 3,22
„Ihr Sklaven, gehorcht in allem euren irdischen Herren …“
➡️ Betonung des Gehorsams ohne Forderung nach Abschaffung.
1. Timotheus 6,1–2
„Alle, die als Sklaven unter dem Joch sind, sollen ihre Herren aller Ehre wert halten …“
➡️ Besonders beliebt bei Sklavereibefürwortern im 19. Jh.
Titus 2,9
„Die Sklaven sollen sich ihren Herren unterordnen …“
1. Petrus 2,18
„Ihr Hausknechte, ordnet euch mit aller Furcht den Herren unter, nicht allein den gütigen, sondern auch den wunderlichen.“
➡️ Wurde als Rechtfertigung selbst ungerechter Behandlung gelesen.
4. Paulus und der Verzicht auf soziale Revolution
Philemon 10–16
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Paulus schickt den entlaufenen Sklaven Onesimus zu seinem Herrn zurück.
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Keine explizite Forderung nach Freilassung.
➡️ Argument: Apostel hätten Sklaverei nicht aufgehoben, also sei sie legitim.
1. Korinther 7,20–21
„Jeder bleibe in dem Stand, in dem er berufen wurde. Bist du als Sklave berufen worden, so sorge dich nicht darum.“
➡️ Häufig als Aufruf zur Akzeptanz des Status quo interpretiert.
5. Zusammenfassung der Rechtfertigungslogik
Diese Texte wurden genutzt, um zu argumentieren:
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Sklaverei sei göttlich geregelt
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Jesus habe sie nicht verboten
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Apostel hätten Gehorsam gefordert
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Soziale Ordnung sei wichtiger als soziale Gleichheit
Wichtiger Hinweis
Ebenso biblisch begründet wurden Gegenpositionen, z. B.:
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Genesis 1,27 (alle Menschen im Ebenbild Gottes)
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Galater 3,28 („nicht Sklave noch Freier“)
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Exodus-Erzählung als Befreiungstheologie
➡️ Die Bibel enthält Spannungen, keine einheitliche Sozialethik.