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Roland Fakler

Kulturblüte

Islamische Kulturblüte

Die islamische Kulturblüte war im Kern eine Renaissance der griechischen, römischen und persischen Antike, getragen von liberalen, wissbegierigen Kalifen, die den Koran nicht allzu streng auslegten. Sie entstand nicht im arabischen Mekka, sondern in den vom Islam eroberten persischen und ehemals römischen Gebieten – vor allem in Bagdad, Córdoba und Toledo. Ihre prägenden Gestalten waren antike griechische und römische Autoren sowie zahlreiche persische Gelehrte, die in den durch die arabische Sprache verbundenen Regionen wirkten.

Nach dieser Blüte setzten sich im islamischen Herrschaftsgebiet zunehmend orthodoxe Kräfte durch, während in Europa Reformation und Aufklärung das Christentum humanisierten und – auch dank der von arabischen Gelehrten überlieferten antiken Texte – eine eigene kulturelle Erneuerung ermöglichten (etwa bei Albertus Magnus oder unter Friedrich II. von Sizilien). Während Europa an die Errungenschaften der Antike anknüpfte, bedeutete die Rückwendung zum orthodoxen Islam das Ende der arabischen Kulturblüte. Orthodoxe Religion, so wie sie in den heiligen Texten verankert ist, wurde zum bremsenden Faktor.

Die Blütezeit des Islams lag unter den persischstämmigen Abbasiden (749–1258), die die aus Mekka stammenden Omaijaden abgelöst hatten. Unter den Omaijaden herrschte starke Intoleranz gegenüber Persern, selbst wenn sie zum Islam übergetreten waren. 762 verlegten die Abbasiden die Hauptstadt nach Bagdad und gestalteten den Staat nach persischem und byzantinischem Vorbild um. Die abbasidische Epoche endete 1258 mit der mongolischen Eroberung Bagdads und der Hinrichtung des Kalifen al-Mustaʿsim.

Die islamische Kulturblüte beruhte auf politischer Stabilität, wirtschaftlicher Stärke und kultureller Offenheit. Zentren wie Bagdad und Córdoba förderten Wissenschaft, übersetzten antikes Wissen und entwickelten es weiter. Handel, Papierherstellung und Bildung führten zu Fortschritten in Mathematik, Medizin, Astronomie und Philosophie. Der Niedergang erfolgte schrittweise durch politische Zersplitterung, wirtschaftliche Krisen, den Verlust zentraler Bildungsstätten, die Mongoleninvasion sowie den wissenschaftlichen Aufstieg Europas.

Die arabische Sprache und die islamische Religion dienten als verbindende Elemente dieser Kultur. Viele der führenden Köpfe waren jedoch Perser. Als spezifisch arabische Leistungen gelten u.a. die arabische Schrift und Sprache, Beiträge zu Chemie, Dichtung, experimenteller Wissenschaft sowie Teile der Algebra und Mathematik – sofern sie nicht auf griechische Ursprünge zurückgingen. Mohammed hatte den Koran aus jüdisch-christlichen Texten zusammengestellt.

Name Fachgebiet Kulturelle Herkunft Region / Epoche
al-Kindī Philosophie, Mathematik Arabisch Irak, 9. Jh.
al-Battānī Astronomie Arabisch Syrien, 9.–10. Jh.
Ibn Ruschd (Averroes) Philosophie, Recht, Medizin Arabisch-Andalusisch Córdoba, 12. Jh.
Ibn Bājjah (Avempace) Philosophie, Naturwissenschaft Andalusisch Saragossa, 11.–12. Jh.
Ibn Tufail Philosophie, Medizin Andalusisch (arabisch-berberisch geprägt) Andalusien, 12. Jh.
al-Zahrāwī (Abulcasis) Chirurgie, Medizin Arabisch-Andalusisch Córdoba, 10.–11. Jh.
Ibn Sīnā (Avicenna) Medizin, Philosophie Persisch Buchara / Isfahan, 10.–11. Jh.
al-Rāzī (Rhazes) Medizin, Chemie Persisch Rey, 9.–10. Jh.
al-Chwarizmi (al-Khwarizmi) Mathematik, Astronomie Persisch (Choresmien) Usbekistan, 9. Jh.
Omar Chayyām Mathematik, Astronomie, Dichtung Persisch Nischapur, 11.–12. Jh.
al-Bīrūnī Astronomie, Geografie Persisch (Choresmien) 10.–11. Jh.
Nasīr ad-Dīn at-Tūsī Astronomie, Philosophie Persisch Iran, 13. Jh.
al-Fārābī Philosophie, Logik, Musik Zentralasiatisch (turkstämmig), arabisch-islamisch geprägt Kasachstan / Syrien, 10. Jh.
Hunayn ibn Ishaq Übersetzer, Medizin Syrisch (nestorianischer Christ) Bagdad, 9. Jh.
Qusta ibn Luqa Übersetzer, Medizin, Astronomie Syrisch-griechisch (melkitischer Christ) 9. Jh.
Yahya ibn ʿAdī Philosophie, Logik Syrisch (christlich-nestorianisch) 10. Jh.
Aristoteles Philosophie, Logik, Naturphilosophie Griechisch (Makedonien) 4. Jh. v. Chr.
Galen (Galenos) Medizin, Anatomie Griechisch (Pergamon), wirkmächtig im römischen Reich 2. Jh. n. Chr.
Hippokrates Medizin Griechisch (Kos) 5.–4. Jh. v. Chr.
Claudius Ptolemaeus (Ptolemäus) Astronomie, Geographie Griechisch (Alexandria) 2. Jh. n. Chr.
Euclid (Euklid) Geometrie Griechisch (Alexandria) 3. Jh. v./n. Chr.
Archimedes Mathematik, Ingenieurskunst Griechisch (Syrakus) 3. Jh. v. Chr.
Plotin Philosophie (Neuplatonismus) Griechisch (Ägypten/Syrien) 3. Jh. n. Chr.
Dioscorides Medizin, Pharmakologie Griechisch 1. Jh. n. Chr.
Gaius Plinius Secundus (Plinius der Ältere) Naturkunde, Enzyklopädie Römisch 1. Jh. n. Chr.