Ketzer
Die großen Ketzereien der frühen Kirche: Markionismus, Donatismus, Arianismus und Manichäismus.
In der Geschichte der katholischen Kirche gab es zahlreiche Bewegungen, die vom offiziellen Glaubensverständnis abwichen und als Ketzereien verurteilt wurden. Diese Bewegungen waren nicht einfach „falsch“, sondern oft Reaktionen auf echte Probleme der Zeit – sie warfen Fragen auf, die die Kirche theologisch herausforderten. In diesem Artikel stelle ich vier der bedeutendsten Ketzereien der Antike vor: Markionismus, Donatismus, Arianismus und Manichäismus.
1. Markionismus
Zeitraum: 2. Jahrhundert
Herkunft: Rom
Begründer: Markion von Sinope 85-160
Hintergrund und Lehre:
Markion entwickelte eine radikal antijüdische Theologie. Er lehnte das Alte Testament komplett ab und behauptete, der alttestamentliche Gott (ein strenger, strafender Gott) sei nicht identisch mit dem barmherzigen Vater Jesu Christi.
Markion stellte ein eigenes „Evangelium“ zusammen, das nur aus einem gekürzten Lukasevangelium und zehn Paulusbriefen bestand – der erste bekannte „Kanonversuch“ der Kirchengeschichte.
Reaktion der Kirche: Die Kirche reagierte entschieden: Der Gott des Alten und Neuen Testaments ist derselbe. Markions Bibel wurde verworfen – und gerade diese Kontroverse trug zur Entstehung des neutestamentlichen Kanons bei.
Markion wurde exkommuniziert, seine Lehre aber blieb über viele Jahrzehnte populär.
Mein Kommentar: wenn der Gott des Alten Testaments auch der des Neuen wäre, gäbe es keinen ethischen und humanen Fortschritt, denn der Gott des Alten Testaments ist ein Scheusal.
2. Donatismus
Zeitraum: 4. – 5. Jahrhundert
Herkunft: Nordafrika
Hauptvertreter: Donatus Magnus
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Er wurde vermutlich um 300 n. Chr. geboren (genaues Geburtsdatum unbekannt).
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Um 313–315 trat er als Führungsfigur der Donatisten auf, einer Gruppe, die sich von der Großkirche abspaltete.
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Er wurde zum „Gegenbischof“ von Karthago gewählt und war dort jahrzehntelang aktiv.
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Nach 355 n. Chr. verliert sich seine Spur; er dürfte in den späten 350er-Jahren gestorben sein.
Hintergrund und Lehre:
Der Donatismus entstand nach den Christenverfolgungen unter Diokletian. In Nordafrika war die Frage aufgetaucht: Können Bischöfe und Priester, die während der Verfolgung den Glauben verleugnet haben, gültig taufen und Sakramente spenden?
Die Donatisten sagten Nein: Nur moralisch „reine“ Kleriker könnten gültige Sakramente spenden. Sie spalteten sich daher von der offiziellen katholischen Kirche ab und bildeten eine eigene, „reine“ Kirche.
Reaktion der Kirche: Die katholische Kirche – vor allem durch Augustinus von Hippo – argumentierte, dass die Gültigkeit der Sakramente nicht vom moralischen Zustand des Spenders abhängt, sondern allein auf Christus zurückgeht. Der Donatismus wurde als Schisma und Häresie verurteilt. Durch politische Maßnahmen und theologische Argumentation verschwand die Bewegung im 5. Jahrhundert.
Kommentar: Mit Gebeten und Weihwasser ändert man weder die Menschen noch die Welt, unabhängig von wem sie gespendet werden. Sie sind so oder so wirkungslos.
3. Arianismus
Zeitraum: 4. Jahrhundert
Herkunft: Alexandria
Hauptvertreter: Arius ca. 256–336Er starb im Jahr 336 n. Chr. in Konstantinopel (heute Istanbul), kurz vor seiner geplanten Wiedereinsetzung in kirchliche Ämter. Sein Tod war plötzlich und wurde von Gegnern als göttliches Gericht interpretiert.
Hintergrund und Lehre:
Arius, ein Priester aus Alexandria, lehrte, dass Jesus Christus nicht wesensgleich mit Gottvater sei, sondern ein geschaffenes Wesen – höher als alle anderen Geschöpfe, aber dennoch nicht Gott im vollen Sinn. Sein berühmter Satz:
„Es gab eine Zeit, da war er nicht.“
Reaktion der Kirche: Diese Lehre rüttelte am Fundament des christlichen Gottesverständnisses. Beim Konzil von Nicäa (325) wurde der Arianismus verurteilt. Das Glaubensbekenntnis von Nicäa betont ausdrücklich, dass Christus „wesensgleich (homoousios) mit dem Vater“ ist.
Trotz der Verurteilung hielt sich der Arianismus noch lange – vor allem unter den germanischen Völkern wie den Westgoten und Ostgoten – und wurde erst im 6. Jahrhundert endgültig zurückgedrängt.
Kommentar: Die vernünftigsten Ideen wurden von der Kirche verworfen. Es ist doch klar, dass ein Kind, das von einer Frau geboren wurde, kein Gott sein kann. Das gibt es nur in mythologischen Erzählungen.
4. Manichäismus
Zeitraum: 3. – 6. Jahrhundert
Herkunft: Persien
Begründer: Mani (216–276 n. Chr.)
Mani wurde verhaftet und vermutlich wegen seiner religiösen Lehren als Ketzer betrachtet. Es gibt unterschiedliche Überlieferungen über seinen Tod:
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Hinrichtung durch Kreuzigung oder Pfählung: Manche Quellen berichten, Mani sei gekreuzigt oder gepfählt worden – ein symbolischer Akt, um ihn als „falschen Christus“ zu entlarven, da Mani sich selbst als Fortsetzer der Offenbarungen von Zarathustra, Buddha und Jesus sah.
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Gefängnistod: Andere Quellen berichten, dass Mani im Gefängnis starb, möglicherweise durch Folter oder unter extrem schlechten Bedingungen.
Hintergrund und Lehre: Der Manichäismus war nicht rein christlich, sondern eine synkretistische Weltreligion, die Elemente aus Christentum, Zoroastrismus und Gnostizismus vereinte. Er lehrte einen radikalen Dualismus: Die Welt ist ein Kampfplatz zwischen dem Reich des Lichts (Gott) und der Finsternis (Materie, Satan). Materie galt als böse – Erlösung bedeutete daher Befreiung des Lichts aus der materiellen Welt…durch Askese. Die Manichäer waren für Geburtenkontrolle.
Reaktion der Kirche: Die Kirche lehnte den Dualismus strikt ab. Die Schöpfung wurde als grundsätzlich gut verstanden. Berühmtester Ex-Manichäer war Augustinus, der sich später als Kirchenlehrer besonders stark gegen diese Lehre stellte.
Der Manichäismus wurde von Kirche und römischem Staat bekämpft und verschwand spätestens im 6. Jahrhundert im Westen.
Kommentar: Die Welt ist so wie sie ist, weil kein höheres Wesen sie geschaffen hat und kein höheres Wesen sich um sie kümmert. Der Mensch ist ein unvollendetes Produkt einer jahrmillionen langen Evolution.
Fazit: Warum die Auseinandersetzung mit Häresien wichtig war
Die Auseinandersetzung mit Ketzereien zwang die junge Kirche dazu, zentrale Fragen des Glaubens klar zu formulieren und zu durchdenken:
Was bedeutet es, wenn Christus Gott und Mensch ist?
Wie hängen Altes und Neues Testament zusammen?
Was macht die Sakramente gültig?
Viele dieser Fragen wurden in den frühen Jahrhunderten durch Konzilien und Kirchenväter beantwortet – oft gerade im Widerstand gegen Häresien. Ohne diese Herausforderungen wäre die katholische Theologie nicht das, was sie heute ist.
Kommentar: Sie hätte auf jeden Fall nicht soviele abgedrehte Dogmen entwickelt.