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Roland Fakler

Wenn ich Gott wäre

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Wenn ich Gott wäre!

Ein Leserbrief zum LTT-Stück „Believe Busters“ und zum Weltethos.

04.03.2017
Wenn ich Gott, der Allmächtige wäre, dann würde ich zur besten Fernsehzeit auf allen irdischen Kanälen und auf einer Großleinwand neben dem Mond meine Existenz für alle sichtbar überzeugend beweisen und endlich einige wichtige Dinge klären, von meiner Konfessionszugehörigkeit: ob ich katholisch, islamisch, hinduistisch oder sonst was bin, über das Gerücht, dass ich einen Sohn hätte; welches der letzte Prophet und die wahre Offenbarung ist – eventuell müsste ich da noch aktuellen Klartext nachliefern –, bis zur Länge meines Bartes, damit die Streiterei darüber endlich aufhört.

Dann müsste ich wohl ein Wort zur missratenen Schöpfung sagen: warum ich, der Allmächtige, der Allweise und Allgütige überhaupt so eine Welt geschaffen habe, in der es so viel Leid und Krieg gibt und in der es an Weisheit und Güte mangelt. Ich müsste erklären, warum ich bei Bombardierungen von unschuldigen Opfern tatenlos zuschaue, warum ich zwei aufeinander zurasende Züge zwar beobachten, aber nicht stoppen kann, warum ich bei Hungersnöten kein Manna regnen lasse … usw.

Die Leute, die glauben, sie könnten sich zu mir empor bomben, um ins Paradies mit 72 Jungfrauen zu kommen, müsste ich aufklären: „Hier oben gibt es nur Wolken und dünne Luft! Es lohnt sich also echt nicht, sich in diese Luft zu sprengen. Wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt, dann arbeitet zusammen mit den ,Ungläubigen’ am irdischen Paradies, denn ein anderes gibt es leider nicht!“

Eine allmächtige Gottheit, die eine gerechte Welt erschaffen will, müsste einige grundlegende Prinzipien berücksichtigen:

  1. Freier Wille und moralische Verantwortung

    • Eine gerechte Welt sollte den Wesen darin ermöglichen, frei zu handeln, aber ohne dass ihre Freiheit auf Kosten anderer geht.

    • Konsequenzen für Handlungen sollten fair und vorhersehbar sein.

  2. Gleichheit und Gerechtigkeit

    • Alle Wesen sollten mit gleichen Chancen ausgestattet sein.

    • Keine ungerechtfertigten Privilegien oder Nachteile aufgrund von Herkunft, Umständen oder Zufällen.

  3. Kein unnötiges Leid

    • Wenn Leid nötig ist, um Wachstum zu ermöglichen, sollte es minimal und mit einem höheren Zweck verbunden sein.

    • Keine unschuldigen Opfer von Katastrophen oder Ungerechtigkeiten.

  4. Wissen und Erkenntnis fördern

    • Eine gerechte Welt sollte den Zugang zu Wahrheit und Wissen erleichtern, sodass Wesen ihre Entscheidungen bewusst treffen können.

  5. Fehlerfreundlichkeit und Entwicklungsmöglichkeiten

    • Wesen sollten die Möglichkeit haben, Fehler zu machen und daraus zu lernen, ohne unwiderruflich zu scheitern.

    • Ein gerechtes System sollte Raum für Reue und Wiedergutmachung bieten.

  6. Transparenz göttlichen Handelns

    • Eine allmächtige Gottheit sollte klar kommunizieren, was gerecht ist und warum.

    • Keine versteckten Tests oder Rätsel, die nur einige lösen können.

Fazit

Eine gerechte Welt durch einen allmächtigen Gott müsste Freiheit, Fairness, Sinn und Transparenz vereinen – ohne unnötiges Leid oder Ungleichheit.