Goldene Regel
Die goldene Regel
Global, universal, zeitlos.
Woher kommen ethische Normen? Schon die Zehn Gebote wurden natürlich nicht von einem Gott auf einem Berg diktiert. Vielmehr wollten Könige, Priester und Propheten dem Volk weismachen sie seien von Gott, damit sie umso mehr Autorität bekommen und umso besser befolgt werden. Dazu haben sie noch den Himmel für die Guten und die Hölle zur Bestrafung der Bösen erfunden. Sie wollten, vor allem mit den ersten drei Geboten, auch ihre hierarchisch, patriarchalische Herrschaft festigen.
Eine Gesellschaft kann nicht funktionieren, wenn jeder jeden belügt, bestiehlt und tötet. Deswegen gab es den Kern dieser Gebote schon lange vor Moses in anderen Kulturen, z.B. im Totenbuch der Ägypter, im Gesetzbuch des Königs Hammurabi von Babylon, in China, Indien und Amerika… Meist galten diese Gebote aber nur für das eigene Volk, der Auserwählten. Die „Anderen“ durfte man durchaus belügen, bestehlen und töten, sogar im Namen Gottes. 2 Mose 20:5 heißt: Bete sie nicht an (die fremden Götter) und diene ihnen nicht; denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied derer, die mich hassen,”…
Es widerspricht unseren heutigen Rechtsgrundsätzen, die Schuld der Väter auf die Söhne der dritten und vierten Generation zu übertragen.
Neu an den Menschenrechten ist, dass sie universell für alle Menschen gelten sollen. In mancher Beziehung stehen die Zehn Gebote auch im Widerspruch zu den Menschenrechten. Schon das erste Gebot widerspricht dem Recht auf Weltanschauungs- oder Religionsfreiheit. Im zehnten Gebot werden Frauen, Esel und Sklaven in einem Satz als Besitz des Mannes bezeichnet.
Siehe: Haben die Menschenrechte biblische Wurzeln?
In katholischen Bibeln steht: “Sklave” – In den evangelischen wird stattdessen mildernd: “Knecht” und “Magd” gesetzt. Die Bibel hat aber nichts gegen Sklaverei. Vor allem von Paulus wird sie gerechtfertigt, später auch von dem Kirchenlehrer Augustinus.
Erst durch die Aufklärung im 18. Jahrhundert wurden die Sklaverei, die Todesstrafe, barbarische Strafen und die Folter abgeschafft und die Frauen gleichberechtigt…aufgrund vernünftiger Überlegungen und menschlicher Einsicht. Zur Einhaltung dieser Regeln zwingen irdische Richter und irdische Strafgesetze
Woher kommt die „Goldene Regel“
– oft formuliert als „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst“
Sie ist eine ethische Grundregel, die in sehr vielen Kulturen unabhängig voneinander entstanden ist. Es ist keine Erfindung einer einzigen Kultur oder Person. Sie gilt als eine Art universelles moralisches Prinzip.
Altes Ägypten (ca. 2000 v. Chr.)
- Lehre des Ptahhotep (ca. 2000 v. Chr.):
- sinngemäß: „Handle nicht böse gegen jemanden, damit man nicht das Gleiche dir antut.“
- Frühester Beleg einer Negativform: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das tue auch keinem anderen.“
Altes China
- Konfuzianismus (6. Jh. v. Chr.)
- Konfuzius (Lunyu / Gespräche 15:23):
- „Was du selbst nicht wünschst, das tue auch nicht anderen Menschen an.“
- Dies ist die Negativform, die in China besonders verbreitet wurde.
- Konfuzius (Lunyu / Gespräche 15:23):
- Mohismus (Mozi, 5. Jh. v. Chr.)
- Mozi betont die Nächstenliebe und Reziprozität, formuliert es aber nicht immer genau in der Goldenen Regel.
Antikes Griechenland
- Thales von Milet (6. Jh. v. Chr.)
- Ihm wird zugeschrieben: „Vermeide, was du anderen vorwirfst.“
- Pittakos von Mytilene (6. Jh. v. Chr.)
- „Tue das, was du selbst erleiden würdest, wenn ein anderer es dir täte.“
- Isokrates (4. Jh. v. Chr.)
- „Handle gegenüber anderen so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.“
- Auch bei den Stoikern (z. B. Epiktet, Seneca) findet sich eine ähnliche Idee.
Judentum
- Tora (Lev 19,18):
- „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
- Hillel der Ältere (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.)
- „Was dir verhasst ist, das tue deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora; der Rest ist Kommentar.“ (Babylonischer Talmud, Schabbat 31a)
Christentum
- Neues Testament, Matthäus 7,12 (Bergpredigt):
- „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut auch ihr ihnen ebenso.“
- Auch Lukas 6,31 hat eine ähnliche Formulierung.
Islam
- Hadith (Prophet Mohammed):
- „Keiner von euch ist gläubig, solange er nicht für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst wünscht.“ (Sahih al-Bukhari, Sahih Muslim)
- Wer ist “Bruder”? Nur gläubige Muslim?
Hinduismus
- Mahabharata (ca. 4. Jh. v. Chr. – 4. Jh. n. Chr.)
- „Dies ist die Summe der Pflicht: Tue anderen nichts, was dir Schmerz verursachen würde, wenn es dir angetan würde.“ (Mahabharata 5.1517)
Buddhismus
- Udana-Varga (tibetische Sammlung)
- „Verletze andere nicht auf eine Weise, die dir selbst schmerzhaft wäre.“
- Jainismus
- Acaranga Sutra (ca. 6. Jh. v. Chr.)
- „In allen Dingen betrachte den Zustand, wie du selbst ihn empfindest; verletze andere nicht auf Weisen, die dir selbst wehtäten.“
Bahai
- Bahá’u’lláh (19. Jh. n. Chr.):
- „Wünsche deinem Nächsten alles Gute, was du für dich selbst wünschst.“
Wer hat sie also „erfunden“?
Niemand „erfand“ die Goldene Regel einmalig – sie entwickelte sich unabhängig in vielen Kulturen.
Fazit
Die Goldene Regel ist eine der universellsten ethischen Ideen der Menschheit. Historisch nachweisbar ist sie:
in Ägypten (2000 v. Chr.) in China (Konfuzius, Mozi) in Griechenland (Isokrates) in Judentum, Christentum, Islam in Hinduismus, Buddhismus, Jainismus in modernen Religionen wie Bahai
Sie ist damit keine Erfindung einer einzigen Religion oder Kultur, sondern ein global verbreitetes ethisches Prinzip.