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Roland Fakler

Weltenerlöser

Leserbrief 2013-05-04

Legendenbildung

Wer einmal vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, kann nicht mehr zurück in das Paradies kindlichen Glaubens!

Da die Menschen ihre irdische Heimat sehr oft als Jammertal empfunden haben, taucht die Idee vom Weltenerlöser, vom kommenden Retter und Heiland schon im 3. Jahrtausend v. Chr. in Ägypten auf, später in Babylon und vor allem in der iranischen Religion Zarathustras. Diese Messias-Idee ging in das Alte Testament der Juden ein. Die Juden glaubten auch, dass Sünde nur durch ein Blutopfer getilgt werden könne. Außerdem war der Glaube an leidende, sterbende, gekreuzigte und wiederauferstandene Götter und Gottessöhne im Nahen Osten weit verbreitet. Von den Toten auferstanden sind am dritten Tage, der ägyptische Osiris und der phrygische Attis; auferstanden sind weiter der babylonische Tammuz und die griechischen Heroengötter Herakles und Dionysios. Dieser sogar alljährlich im Frühling.

Besonders der frühe und tragische Tod eines geliebten Menschen ist etwas so Schmerzliches, dass ihn die Angehörigen nur ertragen können, wenn sie dafür irgendeine sinnvolle Erklärung finden. Sie neigen in dieser Situation zur Legendenbildung. So haben die Jesusjünger, vor allem Paulus, den Tod ihres Meisters mit anschließender Auferstehung von den Toten gemäß den Vorgaben, die sie in ihrem Kulturkreis fanden (siehe oben), als notwendiges Sühneopfer zur Erlösung der Menschheit gedeutet.

Ein Gläubiger darf dabei Dichtung und Wahrheit getrost vermischen, ein Historiker will die Wahrheit wissen und ein Pfarrer steht dazwischen!