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Roland Fakler

Showing posts from: Januar 2018

Was will Gott?

Was will Gott?

von Roland Fakler


Inhalt:

Vielfalt göttlicher Offenbarung. 1

Die ältesten Gesetzessammlungen.2 / Zarathustra. 3 / Antike. 3 / Judentum. 3 / Christentum.. 4 / Islam.. 4 / Weitere Propheten. 4

Kritik an der Zuverlässigkeit göttlicher Botschaften. 4

Antike. 4 / Offenbarungsreligionen. 5 / Judentum.. 6 / Christentum.. 6 / Islam.. 7

Schlussfolgerung. 8


In regelmäßigen Abständen ermahnen uns die Vertreter der Gottheiten auf Erden, den Willen Gottes zu tun. Würden wir ihn missachten, hätte das schlimme Folgen für jeden einzelnen, für das Gemeinwesen und für das ganze Menschengeschlecht. Es drohten nicht nur alle Übel dieser Welt, Krankheiten, Kriege und Naturkatastrophen, auch ewige Strafen im Jenseits. Daraus müsste jedem klar werden, dass es für uns keine wichtigere Frage geben kann als die Frage: Was will Gott? Wie können wir seinen Willen erfahren und ihn erfüllen?

Für alle Gläubigen steht der Wille Gottes über den Gesetzen der Menschen. Das ist logisch: Niemals könnte von Menschen gemachtes Gesetz wichtiger sein als göttliches,… glauben sie. Der Papst betont das immer wieder und in der Scharia ist das festgeschriebenes Recht.

Vielfalt göttlicher Offenbarung

Nun war es noch nie ganz einfach mit einem Gott ins Gespräch zu kommen, um seinen Willen zu erfahren. Er stellt sich ja nicht vor uns hin, wie Papa und sagt: „Tu dies oder das!“ Nein, er spricht in Rätseln, aus den Sternen, aus Eingeweiden und Orakeln, hinter Wolken, aus brennenden Dornbüschen, auf hohen Bergen, durch Engel, Propheten und die Gottesmutter, … Nur geschultes Fachpersonal kann seine Sprache verstehen, nur mit wenigen Auserwählten spricht er persönlich.

Aus dem Vorderen Orient haben wir vom dritten Jahrtausend die ersten schriftlichen Belege in Keilschrift wie damals der Wille Gottes erforscht wurde.[1] Man öffnete ein Opfertier und ließ Experten aus den Eingeweiden lesen, insbesondere aus der Leber. Diese Eingeweideschau war im antiken Mittelmeerraum und im Vorderen Orient weit verbreitet, sowohl bei den Juden als auch bei den Römern. Mit dieser Methode konnte man sehr schnell göttliche Entscheidungen einholen, über Krieg oder Frieden, über Personalangelegenheiten, über Gesetze und Bauvorhaben. Da die Anfragen meist von den herrschenden Königen gestellt und von „ihren“ Priestern beantwortet wurden, konnten sie sich auf diese Weise ihre gemeinsame Herrschaft bestätigen und legitimieren.

„Als politisch brisantes Wissen unterlagen sowohl die Gegenstände der Orakelanfragen als auch die Techniken der Disziplin einer strengen Geheimhaltung.“[2]

Die Römer kannten noch andere Möglichkeiten die Zukunft der Menschen und den Willen der Götter zu erfahren: Sie beobachteten und deuteten den Flug der Vögel.

Im griechischen Delphi tat Apollo seinen Willen einer Priesterin kund, die sich in einem Trancezustand befand und nach einer Befragung vielfältig auslegbare Orakelsprüche von sich gab.

Bei den Germanen versuchten Seherinnen aus hingeworfenen Runen den göttlichen Willen zu erforschen. Die Germanen glaubten, „den Frauen liege an sich Heiliges und Seherisches inne.“[3]

Bei den Kelten vermittelten mächtige Druiden = Propheten, Barden und Priester, zwischen den Menschen und Göttern. „Die Druiden verfügten über sehr gute Kenntnisse in der Astrologie, der Magie und über die geheimen Kräfte von Pflanzen und Tieren.“[4]

Im Hinduismus hat sich der „göttliche“ Krishna das Heilige Buch, die Bhagavadgita, selbst geoffenbart.

Unwissende Menschen deuteten alle möglichen Regungen der Natur als wundersame Zeichen Gottes, um daraus seinen Gemütszustand abzulesen. Fruchtbarkeit und Wohlstand waren Signale göttlicher Zufriedenheit, Krankheiten und Naturkatastrophen wurden als Verstimmung der Götter gedeutet und wurden meist mit Sündhaftigkeit und Unglauben erklärt.

Die ältesten Gesetzessammlungen

Der angebliche Wille der Götter wurde nach einer langen Zeit der mündlichen Überlieferung, schriftlich festgehalten und so entwickelten sich zur Entscheidung der wichtigsten Angelegenheiten die ersten „Rechtsbücher“, die man dann jederzeit und zu allen Angelegenheiten des Gemeinwesens befragen konnte.

Im Codex Ur- Nammu, dem ältesten erhaltenen Rechtscodex, um ca. – 2100[5] im Auftrag des Königs Ur-Nammu von Ur (Mesopotamien) oder seines Sohnes Schulgi entstanden, werden bereits alle wichtigen, in einer Gesellschaft vorkommenden Verbrechen abgehandelt. „Mord, Raub, Ehebruch und Vergewaltigung werden mit dem Tode bestraft, bei Anschuldigung der Hexerei wird ein Flussordal = Gottesurteil durchgeführt. Alle anderen Strafen sind Geldstrafen.“[6] Er galt für alle Bürger mit Ausnahme der Sklaven gleichermaßen. Diese Gesetze wurden feierlich geweiht, von einem Herrscher, der sich bei seiner Legitimation auf Gott und kriegerische Erfolge berufen konnte. Man schrieb ihre Entstehung den Göttern zu und verfluchte jeden, der sie missachten sollte.

Einen ähnlichen, aber viel berühmteren und umfangreicheren Kodex entwarf der babylonische König und Gesetzgeber Hammurabi um – 1800. Auch er wollte seinen Bürgern weismachen, dass er die Gesetze, die er auf 2,25 Meter hohe Stelen meißeln ließ, vom Sonnengott Schamasch erhalten habe.[7] So wird es auf einem Relief an der Basis der Stele dargestellt.

Zarathustra

Schon vor dem Judentum gab es eine Offenbarungsreligion im Orient. Der Zoroastrismus leitet sich aus den Offenbarungen des Gottes Ahura Masda an Zarathustra ab.[8] Seine Lebenszeit ist unklar: -1800 oder – 600. Von dieser Religion haben das Judentum, das spätere Christentum und der Islam viel übernommen, z.B. dass ein Gott die Welt erschaffen habe; die guten Mächte des Lichtes kämpfen gegen die bösen der Finsternis bis zum Jüngsten Tag, dann kommt das Endgericht. Statt des einen Messias werden allerdings drei genannt. Himmel und Hölle wurden vom Judentum übernommen, Engel und Teufel, die Trennung von Körper und Geist, die Unsterblichkeit der Seele, die Auferstehung, die man auch in der altägyptischen Religion findet.

Antike

In Ägypten reichten göttlich inspirierte Schriften bis in die ältesten Zeiten zurück. Schon im 3. vorchristlichen Jahrtausend nannte man dort einen heiligen Text geradezu „Gottesworte“.

Im 1. vorchristlichen Jahrhundert bezeichnete man heilige Texte in der Dionysosreligion auch schlicht als „Schrift“[… ]. Der Isiskult war eine ausgesprochene Buchreligion und beanspruchte absolute göttliche Wahrheit.[9]

Judentum

Für Juden, Christen und Muslime war Moses der entscheidende Gesetzgeber. Auch er soll seine „Zehn Gebote“, auf zwei steinerne Tafeln geschrieben, aus Gottes Hand empfangen haben. Wie wir oben gesehen haben, gab es schon vor ihm umfangreiche Gesetzestexte. Die Geschichtlichkeit Moses selbst ist umstritten und wenn er wirklich gelebt haben sollte, wird er auf die Zeit um ~ -1300 datiert. Freud behauptet in seinem Buch: „Der Mann Moses und die monotheistische Religion“, dass er den Ein-Gott-Glauben in Ägypten an den Gott Aton von dem ägyptischen Pharao Echnaton, um – 1350, übernommen und an die Israeliten weitergegeben habe.

Angeblich von Gott inspirierte Propheten, entwickelten den jüdischen Glauben weiter. Sie vermittelten zwischen Gott und seinem „auserwählten Volk“. Sie verordneten zahllose weitere Vorschriften und Verbote. Die „Zehn Gebote“ sind nur eine Kurzfassung der 613 Ge- und Verbote, die ein Jude, bis zum heutigen Tag, einzuhalten hat, um dem Willen Gottes gerecht zu werden.

Christentum

Auch Jesus gilt bei den Christen und Muslimen als Prophet. Für die Juden hat er keine Bedeutung. Das Neue Testament entstand zwischen ~70 Markus und ~120 Johannes.  Es gibt aber nicht nur vier, sondern über dreißig Evangelien, die zwischen dem 1. und 4. Jh. verfasst wurden. Nur vier wurden von der katholischen Kirche ausgewählt und gelten heute als kanonisch = allgemeingültig, die anderen wurden als Apokryph = unzuverlässig abgelehnt.

Man kann die Bedeutung der Bibel für die Menschen des christlichen Abendlandes nicht hoch genug einschätzen. Sie war Leitlinie des Lebens, Maßstab der Gesetzgebung, unabänderliches Wort Gottes. Das ist sie auch heute noch für evangelikale Christen.

Islam

Im 7. Jahrhundert empfing ein Mann namens Mohammed in Arabien angeblich Offenbarungen vom Erzengel Gabriel und behauptete, dies seien die letzten und damit einzig wahren von Gott gesandten Weisungen für die Menschheit. Sie wurden zum Teil schon zu seinen Lebzeiten im Koran zusammengefasst.  Er glaubte der letzte Prophet, nach Abraham, Moses, Jesus und einigen anderen zu sein und begründete damit den Islam. Nachdem die Juden und Christen sich ihm nicht anschlossen, warf er ihnen vor, sie hätten ihre heiligen Schriften gefälscht.

Weitere Propheten

Aber Mohammed war nicht der letzte Prophet, denn nach ihm kamen noch viele Propheten, Gurus und Sektenführer, die sich an die Spitze neuer Religionen oder Sekten stellten. Die bedeutendsten waren der Lyoner Kaufmann Petrus Waldes, ~ vor 1218, der Gründer der Waldenser.  Ein radikaler Zweig der Wiedertäufer errichtete unter Jan Matthis und seinem Nachfolger Jahn Bockelsen aus Leiden 1534 in Münster „das neue Zion“. Sie wollten alle „Gottlosen“ umbringen. Gottlos waren natürlich die, die anders dachten als sie.

Auch Zwingli und Calvin kann man als Propheten bezeichnen, ebenso wie Thomas Müntzer, einen Reformator und Gegenspieler Luthers.

Sabbati Zwi, 1648, war ein jüdischer Prophet.

Joseph Smith, 1830, war der Gründer der Mormonen.

Charles Taze Russell gründete 1870 die Zeugen Jehovas;

Baha Ullah  entwickelte ab 1863 die Bahai-Religion und hielt sich für die Manifestation Gottes.

Es waren unzählig viele, die glaubten Botschaften Gottes an die Menschen übermitteln zu müssen. Oft ist es auch vorgekommen, dass Gott seine Botschaften über seine Mutter Maria vermittelte und zwar meist an einfache Menschen, wie Kinder.

Kritik an der Zuverlässigkeit göttlicher Botschaften

Antike

Es gab schon in der Antike kritische Stimmen, die die Eingeweideschau und die Traumdeuterei als Hokuspokus bezeichneten. Der römische Staatsmann Cicero äußerte sich wie folgt: Es sei lächerlich zu glauben, die Götter gäben den Eingeweiden eines Opfertiers zum Zeitpunkt der Opferung ein bestimmtes Aussehen, um den Menschen dadurch etwas mitzuteilen, oder sie würden uns im Traum undeutliche Botschaften schicken, anstatt sich deutlich auszusprechen. Überhaupt sei es eine unbewiesene Behauptung, dass es Götter gibt, welche die Zukunft kennen und uns an diesem Wissen teilhaben lassen.

Zwischen den Eingeweiden eines Tieres und dem Schicksal der Menschen besteht wohl ebenso wenig ein Zusammenhang, wie zwischen der Sternkonstellation und seinem Schicksal, wie das die Astrologie behauptet.  Man könnte höchstens aus dem Flug der Vögel Unwetterwarnungen und dergleichen ablesen, weil Vögel weiter sehen und sensibler sind als wir Menschen.

Die Priester und Könige wollten den Menschen weismachen, dass ihre Gesetze göttlich inspiriert oder gar von den Göttern diktiert wurden, um die Autorität und die Anerkennung dieser Texte und damit ihren Willen besser durchsetzen zu können. Wenn man Gesetzessammlungen, für das Werk Gottes ausgibt, will man ihnen damit besonderes Gewicht verleihen und erreichen, dass die Untertanen sie besser befolgen. Das ist ein legitimes Interesse eines Herrschers, aber dennoch eine Täuschung und Lüge. Göttliche Gesetze wiegen wesentlich schwerer als menschliche, zumal man bei Übertretung, nicht nur die irdische, sondern vor allem die göttliche Gerichtsbarkeit fürchten muss. Deswegen waren Priesterschaft und Könige immer daran interessiert, dass das Volk an einen allwissenden und allmächtigen Gott glaubt, dem sie ihre Gesetze unterschoben und mit dem sie eng verbunden seien.

Der griechische Philosoph Kritias sagte:… „ein schlauer und kluger Kopf muss die Furcht vor den Göttern für die Menschen erfunden haben, damit die Übeltäter sich fürchteten, auch wenn sie insgeheim etwas Böses täten oder sagten oder auch nur dächten.“

Offenbarungsreligionen

Offenbarungsreligionen neigen zur Intoleranz. Jeder glaubt, dass seine Religion die einzig wahre ist, sobald er sie schwarz auf weiß besitzt,…schlimmer noch: Er verdammt die Andersgläubigen, obwohl die sich auch auf Offenbarungen berufen können. Warum sollte aber ein Gott einem Volk diese und einem anderen ganz andere Dinge offenbaren? Wie könnte man sich sicher sein, Gottes Worte zu besitzen bei der Vielfalt der Offenbarungen, der Widersprüchlichkeit und den oft zweifelhaften Übermittlern? Wie beweist ein Prophet seine Glaubwürdigkeit und Rechtmäßigkeit? Wie sollte man die wahren von den falschen Propheten unterscheiden? Warum offenbart sich ein Gott nicht allen Menschen gleichermaßen und eindeutig? Warum sollte man sogenannten „Propheten“  – darunter nicht nur ehrenwerte Männer und Frauen, auch Epileptiker, Machtmenschen, Scharlatane, unmündige Kinder…- Glauben schenken, wenn sie angeblich göttliche Botschaften überbringen? 

Gott hat nicht nur zugeschaut, wie sich seine verwirrten Geschöpfe wegen Religionsstreitigkeiten die Schädel einschlugen, er hat selbst mit seinen missverständlichen und vielfältigen Offenbarungen den Anlass dazu geliefert.

Wie sollte man den richtigen Gott finden, wenn sich keiner sehen lässt? Allein die drei abrahamitischen Götter: Jehova, der Christengott und Allah beanspruchen jeweils der einzig wahre zu sein. Dabei offenbaren sie sich in verschiedenen Büchern und lassen unterschiedliche Botschaften und Wesensmerkmale erkennen. Der Gott der Muslime hat ebenso wie der Gott der Juden keinen Sohn, dafür nennt er als letzten Propheten Mohammed, was weder die Juden noch die Christen glauben. Alle drei sind intolerant und versuchen mit höllischen Drohungen und himmlischen Verlockungen möglichst viele Gläubige zu gewinnen. Da die Botschaften widersprüchlich und die dazu passenden Wundergeschichten ziemlich unglaubwürdig sind, kommt es darauf an, wer die Macht hat, die anderen zum richtigen Glauben zu zwingen.

Judentum

Die ältesten biblischen Texte entstanden etwa um -1000 aus einer Vielzahl verschiedener Sagen und Erzählungen, aus erfundenen und wahren Geschichten. Im 3. und 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung übersetzten hellenistisch geprägte Juden ihre biblischen Schriften aus dem Hebräischen ins Griechische.

„Alle Missverständnisse, welche in die griechische Bibel durch Unkenntnis, Übersetzungsfehler und willkürliche Zusätze hineingekommen waren, hielten sie für das Wort Gottes, und so lehrten sie später manches im Namen des Judentums, was ihm durchaus fremd oder entgegen ist.“ Heinrich Graetz: Geschichte des Judentums.

Die Zehn Gebote in der Bibel galten nur für die rechtgläubigen Juden. Für Völker und Menschen anderen Glaubens gab es dagegen klare Sonderregelungen. Man durfte sie vertreiben, ausrotten, versklaven, töten, ausrauben… auf Gottes Befehl.[10]

Das 1. der Zehn Gebote: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben,“  widerspricht der Weltanschauungsfreiheit, die sehr wichtig ist, um Religionskriege zu vermeiden. Die ersten drei Gebote begründen eine hierarchische Ordnung, mit einem obersten Herrn, der bedingungslose Unterwerfung fordert und sich keineswegs den mündigen Menschen in einer demokratischen Gesellschaft wünscht.

Alle weiteren Gebote: du sollst nicht lügen, töten, stehlen, ehebrechen sind Binsenweisheiten, ohne die eine Gesellschaft nicht existieren kann und die es deswegen auch in jeder Gesellschaft, schon lange vor Moses, gegeben hat.

Christentum

Trotz des allgegenwärtigen Heiligen Geistes wurde das „Neue Testament“, das heilige Buch der Christen und Wort Gottes auf vielfältige Weise gedeutet. Im frühen 3. Jahrhundert kannte man in Rom über dreißig, Ende des 4. Jahrhunderts soll es über hundert konkurrierende christliche Bekenntnisse gegeben haben, die sich gegenseitig als Ketzer bekämpften, verurteilten, verfluchten und verfolgten.

Dabei stand die unterschiedliche Einschätzung der Person Jesu im Mittelpunkt des Streites.

Für die einen war er Mensch (Arianer), für die anderen Gottmensch (Katholiken), für die Markioniten Gott und nur scheinbar Mensch…usw.

Anscheinend lässt die Bibel unzählige Möglichkeiten der Auslegung zu. Aus derselben Quelle kamen Christen zu sehr verschiedenen Schlüssen. Die einen glaubten aus ihr dies und die anderen jenes herauslesen zu können. Die Quäker schlossen aus ihr, dass ein Christ auf die Taufe verzichten könne, die Wiedertäufer erkannten, dass nur die Erwachsenentaufe gerechtfertigt sei und die Katholiken wussten: Ein Kind muss in den ersten Lebenstagen getauft werden. Die Evangelischen fanden durch das Studium der Bibel heraus, dass es zwei Sakramente, Taufe und Abendmahl gebe, die Katholiken haben bis heute sieben Sakramente.

Wenn man weiß, wie die Evangelien entstanden sind, kann man Jesuszitate redlicherweise nicht einfach wortwörtlich nehmen. Bevor das älteste Evangelium nach Markus frühestens um das Jahr 70 in griechischer Sprache niedergeschrieben wurde, waren die Erzählungen über Jesus eine Generation lang in einem aramäischen Dialekt, der Sprache Jesu, mündlich weitergegeben worden. Jeder, der schon einmal eine Geschichte weitererzählt hat, weiß, was herauskommt, wenn dies mehrmals geschieht. Es kann zu Missverständnissen, Ausschmückungen und Kürzungen kommen, es kann zu Fehlern, zu versehentlichen oder absichtlichen Verfälschungen kommen. Die menschliche Natur neigt zu Wichtigtuerei und zu dramatischen Ausschmückungen, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen. Die ewig sensationshungrigen Massen verleiten einen Erzähler zu Wundergeschichten und Übertreibungen. Je nachdem was der Erzähler für Ansichten vertritt, je nachdem, vor welchem Publikum er seinen Bericht wiedergibt, wird er sie in dieser oder jener Richtung formen und weitergeben.

Die Jünger Jesu, die diese Geschichten verbreitet haben, hatten die Absicht, damit den Glauben an Jesus als den Sohn Gottes und den von den Juden lang erwarteten Messias zu festigen. Sie waren keine neutralen Historiker, denen es um die geschichtliche Wahrheit ging. Sie waren Missionare und wollten bekehren.

Luther hat den griechischen Text der Evangelien, von denen allerdings nur Abschriften von Abschriften existierten, ins Deutsche übersetzt. Bei jeder Abschrift entstehen Fehler, ob gewollt oder nicht und bei jeder Übersetzung gibt es verschiedene Möglichkeiten der Auslegung. Es ist also nicht einfach zu erkunden, was Jesus wirklich gesagt hat.

Dass die katholische Kirche sich  im 4. Jh. mit ihren Vorstellungen durchgesetzt hat, lag nicht daran, dass sie die wahre Deutung hatte, sondern daran, dass sie die Macht hatte, ihre Deutung durchzusetzen und alle anderen auszurotten, obwohl diese wahrscheinlich dem Geiste Jesu näherstanden. So wurde die katholische Kirche für Jahrhunderte mit Verfolgung und Terror zur scheinbar einzig „wahren christlichen Religion“.

Nach der Reformation versuchte wieder jede christliche Glaubensrichtung mit Hilfe der Mächtigen und Verfolgung der Andersgläubigen, zu herrschen und wusste Gott als ihren Verbündeten hinter sich.

Islam

Ähnlich wie bei Jesus wurde das Leben Mohammeds erst hundert Jahre nach seinem Tod von Ibn Ishak aufgezeichnet. Unabhängige geschichtliche Quellen gibt es anscheinend nicht. Die Berichte über ihn enthalten unterschiedliche und widersprüchliche Angaben. Das führt so weit, dass manche Gelehrte die Geschichtlichkeit Mohammeds genauso wie die von Jesus bezweifeln.

Ähnlich wie bei den Evangelien des Neuen Testamentes liegt zwischen der Verkündigung durch Mohammed und der endgültigen schriftlichen Festlegung des Korantextes eine Zeit, in der dieser Text zum Teil mündlich und damit natürlich auch verändert weitergegeben worden ist. Da schriftarabisch nur aus Konsonanten besteht, die einer „Notizschrift“ gleicht, wurden die Vokale erst später eingesetzt, um eine einheitliche Schrift zu bekommen. Noch im 10. Jahrhundert gab es mehrere verschiedene Lesarten des Korans.

Mit Jesus und Mohammed zeigt sich das klassische Problem der Weltgeschichte: Sie fühlten sich auserwählt, aus welchen Gründen auch immer. Beide hatten den Ehrgeiz, der zweite Mann hinter Gott zu sein: Das war ihr wichtigstes Anliegen. Wer das nicht sehen oder glauben wollte, wurde von ihnen verdammt, von ihren Anhängern verfolgt und physisch vernichtet. Beide sind Ausgangspunkt für endlose Verfolgungen und Religionskriege mit Millionen Toten. Es muss allerdings klargestellt werden, dass Jesus nur gedroht, Mohammed aber seine Gegner tatsächlich verfolgen und töten ließ.

Wer nicht groß genug ist, kann nicht überzeugen, wer nicht überzeugen kann, fühlt sich verschmäht und neigt zur Gewalt.

Es sind die unvernünftigen, unbelegbaren Glaubenssätze, aus angeblich göttlichen Offenbarungen, mit denen die Fanatiker die Welt in Brand setzen. [11]

Schlussfolgerung

Aus einem urmenschlichen Wunsch, in einer Welt, die fließt, feste Maßstäbe und Orientierung zu finden, neigen die Menschen dazu, angeblich heilige Texte für unfehlbar zu halten. Sie wünschen sich ein Buch, das man jederzeit aufschlagen, zu allen Dingen befragen und „Amen“ sagen kann. Die Herrschenden fördern diesen Glauben, weil sie ihn benutzen, um ihre Herrschaft zu festigen, deswegen zeigen sie sich bei all ihrer Skrupellosigkeit auch immer gern fromm und gottesfürchtig.

Den Willen Gottes zu tun ist praktisch unmöglich, weil Gott keine klare Sprache spricht, es wäre wohl auch nicht wünschenswert. Nähmen wir die Bibel oder den Koran als Gottes Willen, verwickelten wir uns in viele Widersprüche und fielen zurück in eine archaische, patriarchale, undemokratische Wüstengesellschaft mit anhaltenden Glaubenskriegen. Das zeigen uns die europäische Geschichte und die gegenwärtigen Zerwürfnisse in den islamischen Ländern.

Letztlich sind alle Offenbarungen, Gesetze und Regeln von Menschen  gemacht. Die Frage ist nur: Welche sind es wert erhalten und eingehalten zu werden und welche sollten besser im Mülleimer der Geschichte verschwinden?

Die meisten Werte, die für uns heute Bedeutung haben, finden sich in keiner heiligen Schrift. Sie mussten gegen die heiligen Schriften, gegen göttlichen Willen, von mutigen Menschen, die auf ihren eigenen Verstand vertraut haben, durchgesetzt werden.

Gott hat sich nie für Toleranz, für die Weltanschauungsfreiheit oder die Freiheit des Denkens und Redens eingesetzt. Warum hat er nie an den Gebrauch der Vernunft appelliert, die er den Menschen ja anscheinend mitgegeben hat? Warum hat er den Menschen keinen Plan für einen gerechten Staat gegeben? Warum ist er nie für Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Menschenrechte eingetreten? Warum war er nie für die Gleichwertigkeit von Mann und Frau, die Abschaffung von Folter, Sklaverei und die Todesstrafe, für die Gleichberechtigung aller sexuellen Orientierungen, die er doch angeblich selbst so geschaffen hat?

Das Gegenteil wurde in den heiligen Texten propagiert: Das absolute Herrschaftsrecht der Könige von Gottes Gnaden über ein unmündiges und rechtloses Volk; die Minderwertigkeit der Frau; Todesstrafen für die banalsten Vergehen; Steinigung für Holzholen am Sabbat, Ehebruch und Homosexualität; Prügelpädagogik; Verunglimpfung unehelicher Kinder; Penisverstümmelung; Schächten von Tieren; Folter; Sklaverei; Intoleranz und Verfolgung Andersdenkender; Verachtung von Vernunft und Wissenschaft; steinzeitliche Sexualmoral; Aberglauben; Heilige Kriege…usw.

Die Menschenrechte wurden von Denkern in der Zeit der Aufklärung verbreitet. Sie wurden nicht von Gott erfunden. Auch die Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott und die damit begründete „Würde aller Menschen“ wurden vom Christentum erst entdeckt, nachdem sie von den Aufklärern als Ideal aufgestellt worden waren.

Es gibt nichts Gefährlicheres als wenn Texte für heilig und unfehlbar gehalten werden, in denen zu Feindschaft, Mord und Totschlag aufgerufen wird. Das gilt sowohl für die Bibel als auch für den Koran. Wenn ein Buch dazu auffordert, Andersdenkende zu verfolgen, sollte man daran zweifeln, dass es ein „heiliges“, von Gott geoffenbartes Buch ist.

Seit der Aufklärung ist allmählich das Bewusstsein erwacht, dass wir uns selbst eine gerechte Welt schaffen müssen, wenn es eine geben soll, denn offensichtlich greift ein Gott – was immer das sei – nicht in das Weltgeschehen ein. Im Gegenteil: Gott, in seiner menschlichen Vielfalt, konnte ständig für alle möglichen Kriege und Verbrechen gebraucht und missbraucht werden. Er hat sich nie dagegen gewehrt! Wie könnte er auch?

Ziel der Menschheit sollte es sein, eine gerechte, lebenswürdige und friedliche Welt für alle Menschen zu schaffen. Dies kann am ehesten auf der Basis vernünftiger und humanistischer Prinzipien, innerhalb einer freiheitlichen Demokratie erreicht werden. Zu diesen Prinzipien gehören vor allem die unveräußerlichen Menschenrechte.

Der säkulare Rechtsstaat muss über den Religionen stehen und von diesen getrennt sein. Nur so können alle Weltanschauungen gleichberechtigt in fairem Wettkampf miteinander und nebeneinander existieren. Religion ist Privatsache. Die im Staat gültigen Gesetze sollten von frei gewählten Abgeordneten mit Vernunft und Weisheit zum Wohle der Gemeinschaft gemacht werden.

Außer Binsenweisheiten lässt sich aus göttlicher Offenbarung schwerlich etwas für die Verbesserung der irdischen Verhältnisse  holen!

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hieroskopie

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Hieroskopie

[3] Tacitus

[4] Encarta – Lexikon

[5]  – Minuszeichen = vor unserer Zeit = v.Chr.

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Codex_Ur-Nammu

[7] Encarta – Lexikon

[8] Encarta – Lexikon

[9] Karlheinz Deschner / Abermals krähte der Hahn

[10] 3. Mos 25:44; Hosea 13:16

[11] Roland Fakler / Von Verfolgern und Verfolgten 2017

Copyright Roland Fakler © Januar 2018

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Wissenschaft und Christentum

Wissenschaft und Christentum

Wie passt das zusammen?
von Roland Fakler

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Die Anfänge
Antike Errungenschaften ab – 600 bis um 380
Gott und die Götter
Falsche Weltsicht
War Jesus unwissend?
Die geistigen Führer in die Finsternis 380 bis ~1200
Vom 13. Jh. bis zur Renaissance
Beschränkung des freien Denkens und Forschens
Reformation und Aufklärung
Was lehrt die katholische Kirche heute?
Zusammenfassung

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Immer wieder wird – auch heutzutage noch – der katholischen Kirche zugesprochen, viel für die Wissenschaft und Kultur des “Abendlandes” getan zu haben. Der Autor Roland Fakler hat sich etwas genauer angesehen, ob diese Annahmen korrekt sind. Er kommt zu einem vernichtenden Ergebnis.

Die Anfänge

Die Beobachtung der Natur, die im 3. Jahrtausend vor unserer Zeit im Alten Sumer und in Babylon mit der Sternkunde begann, gab den Menschen schon ein brauchbares Fundament des Wissens. D.h. man konnte durch Beobachtung und Berechnung z.B.  Planetenbewegungen vorhersagen, Kalender und Jahreszeiten berechnen. Man sammelte Erfahrungen bei der Heilung von Krankheiten, vor allem in Ägypten, China und Indien und gab diese Erfahrungen, meist mündlich, an einen auserwählten Personenkreis weiter, der dadurch auch eine herausragende Stellung einnahm  – Priester, Schamanen, Seherinnen.

Vieles von dem, was man zu wissen glaubte, war allerdings Aberglaube und unwissenschaftliche Vermutung. Die Ägypter glaubten z.B. dass Krankheit von einem dämonischen Geist herrühre, der den Kranken in Besitz genommen habe. Diese Vorstellung übernahmen die Juden und Christen in ihre heiligen Texte, womit sie bis heute diese falsche Ansicht verbreiten und immer noch damit beschäftigt sind, böse Geister auszutreiben.

Naturereignisse, wie Blitz und Donner, erklärten sich die frühen Menschen ebenso wie die Entstehung der Welt: Wenn etwas geschieht, dann muss „jemand“ dahinter stecken, der dies „bewirkt“. Die Naturkräfte wurden personalisiert. Es blitzt ja nicht „einfach“ und es donnert nicht „einfach“. Da muss „jemand“ da sein, der es blitzen und donnern lässt. Da dies aber die Fähigkeiten eines Menschen übersteigen würde, verwundert es nicht, dass sie – wie die Germanen und Griechen – zu der Überzeugung gelangten: Es muss Donar oder Zeus sein, der es donnern lässt und die Blitze schleudert. Aber wer hat diesen „Jemand“ geschaffen? Aristoteles nahm an, dass es einen ersten Beweger gegeben haben muss, den die christlichen Interpreten dann „Gott“ nannten. Wenn er wütend ist, müssen wir ihn mit dem Wertvollsten besänftigen, was wir ihm geben können: fehlerlose Tiere, Menschen, sogar die eigenen Kinder. [1] So kommt es, dass in vielen Kulturen Menschenopfer weit verbreitet waren – auch im frühen Judentum.

Antike Errungenschaften ab – 600 bis um 380

Im antiken Griechenland nahm die abendländische Wissenschaft ihren Ausgang. Philosophen, die man auch deswegen Naturphilosophen nannte, beschäftigten sich mit der Frage, wie man Erkenntnisse über die Natur gewinnen kann und was „die Welt im Innersten zusammenhält.“ Für Thales, einen der ersten Naturphilosophen, -625[2] bis um -546, war dies das Wasser. Er konnte schon eine Sonnenfinsternis berechnen.

Auch falsche Ideen, die sich schwerlich überprüfen ließen, prägten das Denken der antiken Philosophen.  Die Idee, dass Körper und Seele voneinander getrennt werden könnten, taucht bereits in den indischen Upanischaden, -800, auf und hat in der abendländischen Philosophie, z.B. bei Platon, und im späteren Christentum eine wichtige Rolle gespielt.

Leukip, Demokrit und Epikur entwickelten das Atommodell,
Aristoteles teilte die Wissenschaften in Sparten ein.
Eratosthenes erkannte die Kugelgestalt der Erde. Mathematiker wie Euklid, Archimedes, Anaxagoras beweisen allgemeingültige Lehrsätze.
Aristarchos von Samos spekulierte, dass die Erde um die Sonne kreist.
dagegen lehrten Aristoteles und Ptolemäus, dass die Erde der Mittelpunkt der „Welt“ sei.
Das Wissen von Hippokrates und Galenos prägte die Medizin über Jahrhunderte.
Auch über Staatstheorie machten sich Philosophen wie Platon und Aristoteles Gedanken.

Im 3. Jh. vor unserer Zeit tauchen in der Philosophie der Stoa die Idee der Menschenrechte und die Gleichheit aller Menschen auf. In Athen lebte im – 5. Jh. die erste Demokratie, auch wenn Frauen und Sklaven daran nicht beteiligt waren. Die Freiheit des Denkens und der Austausch der Meinungen in dieser Demokratie führten zu einer nie dagewesenen Kulturblüte. Der Mensch und das Diesseits mit seiner Schönheit und seiner Tragik standen im Mittelpunkt dieser Hoch- Kultur. Das Streben nach individuellem Glück wurde als Lebensziel anerkannt und Weisheit war es, den besten Weg dorthin zu finden. Man machte sich Gedanken über das gute Leben, das richtige Handeln und den gerechten Staat.

Herodot und Thukydides wollten die Geschichtswissenschaften auf wahre Tatsachen gründen. Sie sollte weder mystisch verklären, noch, wie so oft in späteren Zeiten, der Verherrlichung von totalitären Weltanschauungen und der Rechtfertigung ihrer Verbrechen dienen.

Auch Religionskritik gab es, und damals schon wurde sie mit Schmähung, Vertreibung  und Tod von Seiten der Herrschenden geahndet. (Sokrates, Aristoteles…)

Parallel zur Philosophie und zur systematischen Naturbeobachtung entwickelte sich das wissenschaftliche Denken. Logik und Mathematik waren Grundlage und Werkzeug der Naturwissenschaften.

Bildung stand im Mittelpunkt menschlichen Strebens. Philosophen waren die angesehensten Bürger. Nach Platon sollten sie die Staaten lenken. Schulen und öffentliche Bibliotheken gab es in allen größeren Städten Griechenlands und Roms. „Ohne Schulzwang wurden die meisten Kinder erfasst.“ [3]

Die Römer waren zwar philosophisch wenig kreativ, haben aber vor allem als Baumeister und Ingenieure Dauerhaftes hinterlassen.

„Zwischen der Akropolis in Athen und dem Kapitol von Rom liegen Europas Wurzeln und nicht im Wüstenstaub Palästinas.“[4]

Gott und die Götter

Mit dem Aufkommen dogmatischer Buchreligionen, wie Judentum, Christentum und Islam, wurde den Schriften mehr Glauben geschenkt als der Beobachtung, weil man ihren „Offenbarungen“ göttlichen und unantastbaren Status zusprach. So kam es, dass man glaubte: Alles, was wir wissen müssen, steht in irgendeinem dieser heiligen Bücher, den Veden, der Bibel oder im Koran. Erst allmählich haben sie gemerkt, dass dieses Wissen weder zur Bewältigung des Alltags und noch weniger zur Beherrschung der Natur taugte. Alles war nur ein Festhalten an ungeprüften Texten, Traditionen, Legenden, Mythen, Märchen.

Der Regen konnte nicht herbei und die Krankheiten nicht weggebetet werden. Trotzdem zweifelte man nicht an dieser Methode, die Welt zu beeinflussen. Die Lernfähigkeit wurde durch den unverrückbaren Glauben und unveränderliche Traditionen, unter Anleitung der Priesterschaft, auf Null gesetzt.

Falsche Weltsicht

Natürlich gab es in der griechisch-römischen Antike auch falsche Ansichten. Falsche Vorstellungen von der Welt werden aber erst zu einem dauerhaften Problem, wenn man sie für göttliche und unumstößliche Wahrheiten hält, wenn der Glaube an die Autorität das eigene Prüfen, Forschen, Denken und Verbessern verhindert.

Symptomatisch für die antiwissenschaftliche Einstellung der jüdisch-christlichen Religion ist, dass sie das Streben nach Erkenntnis mit der Vertreibung aus dem Paradies bestraft hat.[5] Die Schöpfungsgeschichte in der Bibel ist zwar erstaunlich gut, verglichen mit anderen Weltenstehungsmythen, in vielen Punkten aber falsch. Sie lässt die Sonne stillstehen, stellt die Erde in den Mittelpunkt der Welt, macht zwei große Lichter: Sonne und Mond und lässt die Welt in 6 Tagen von Gott erschaffen. Von Evolution wird nichts berichtet. Die Schreiber der Bibel wussten so viel, wie die Menschen zu ihrer Zeit wissen konnten und nicht mehr. Warum haben Gott und der Heilige Geist nichts über die Kugelgestalt der Erde, ihre Stellung im Weltall, über Elektrizität, Quantenphysik, Atomenergie, Evolution, Genetik…offenbart? Sie wussten nichts davon!

War Jesus unwissend?

Auch von Jesus haben wir nichts erfahren, was seine Zeit nicht gewusst hätte. Er lebt in derselben Geister- und Teufelswelt wie seine Mitmenschen. Wie löste der Meister das Problem der bösen Geister? Jesus trieb sie aus zwei Besessenen in eine Herde mit 2000 Schweinen und ließ diese dann über die Klinge, d.h. über die Klippe ins Meer springen, wo sie jämmerlich ersoffen.[6] Das war zweifellos eine elegante und einfallsreiche Methode. Tierschützer könnten zwar einwenden: „Diese armen Schweine!“ Aber der Zweck heiligt die Mittel. Freilich wurde viel Schweinefleisch auf den Meeresboden versenkt, aber eben noch mehr Boshaftigkeit unschädlich gemacht. Leider reichen die Fähigkeiten der heutigen Exorzisten nicht annähernd, um ein derartiges Spektakel zu wiederholen, was den Verdacht erweckt, dass das Ganze nur eine erfundene Geschichte ist. Jedenfalls funktioniert die Welt so nicht.

Er verflucht auch Feigenbäume, weil sie gerade keine Früchte trugen, verflucht ganze Städte, weil ein paar Leute seine Botschaft nicht hören wollten. Er meint, dass Glauben genügt, um Berge zu versetzen.

Jesus selbst hielt, gemäß den verwirrenden und widersprüchlichen Zeugnissen über ihn, nichts von diesseitiger Kultur. Er interessierte sich nicht dafür, wie die Welt wirklich funktioniert. Wissenschaft, Kunst, Staatstheorie und Literatur waren ihm egal. Er rechnete mit dem baldigen Ende der Welt. Er war ein Endzeitprediger, kein Forscher. Seine angeblichen Wunder, die den Gesetzen dieser Welt Hohn sprechen, und die es vor ihm auch längst gab, müssen geglaubt werden. Niemand sollte ernsthaft darüber nachdenken, denn „Selig sind die armen im Geiste, ihnen gehört das Himmelreich.“  Den Evangelisten ging es um Bekehrung mit allen Mitteln, nicht um geschichtliche Wahrheit.

Endzeiterwartungen spielen im Judentum, Christentum und im Islam eine wichtige Rolle. Sie verhindern, dass die Menschen sich im Diesseits einrichten und die Natur zum Wohle der Menschen erforschen. Alles Sehnen und Hoffen wurde auf ein zweifelhaftes Jenseits gelenkt. Es geht nicht mehr um das Glück in dieser Welt, sondern um die Rettung der Seele für die jenseitige Welt.

Die geistigen Führer in die Finsternis 380 bis ~1200

Mit der Erhebung des Katholizismus zur einzigen Staatskirche durch Theodosius I. wurde 380 mit dem Religionsedikt „Cunctos populos“[7] die Intoleranz gegen Andersgläubige zum Programm des christlichen Staates. Die letzte Philosophenschule wurde 529 in Athen von Kaiser Justinian geschlossen. Unter ihm  kam es 565 zu umfangreichen Bücherverbrennungen. Bibliotheken wurden vernichtet, das blühende Schulsystem der Antike eingestellt, Philosophen (Hypathia) und Gelehrte des „Heidentums“ vertrieben und ermordet.

Daraufhin konnte es natürlich über Jahrhunderte keine Wissenschaftler mehr geben. Leute, die nicht lesen, nicht schreiben, nicht rechnen können, können keine Wissenschaft betreiben und die wenigen, die es noch konnten, waren der Ansicht, dass alles Wissenswerte und für das Seelenheil Notwendige in der Bibel steht. Das Volk sollte sie allerdings nicht lesen. Wahrscheinlich wären sonst die Widersprüche, der Wirrwarr, die Unmenschlichkeit dieser Texte bekannt geworden. Nur wer Latein, griechisch oder hebräisch konnte, bekam eine leise Ahnung davon, was in diesen Büchern stand. Das waren Mönche in Kaderschulen, umgeben von christlichem Propagandamaterial, Bibliotheken genannt. Für wissenschaftliche Forschung fehlten die geistigen Grundlagen. Nur was man für die Stärkung des eigenen Glaubens brauchen konnte, wurde bewahrt z.B. die Seelenlehre Platons.

Der Kulturstaat wird zum totalitären Gottesstaat, der sich im Gegensatz zur Antike sieht und der die Macht hat, diese zu zerstören. Heidnische Literatur wurde als teuflische Literatur betrachtet, die kein anständiger Christ lesen durfte.

Diesseitiges Glück war verpönt – außer für die Herrschenden –  und wurde dem Streben nach dem jenseitigen Seelenheil geopfert. Sex galt als sündig, schmutzig, verwerflich.

Die geistigen Grundlagen für diesen Wandel legten Paulus, die Evangelisten, Kirchenväter, Kirchenlehrer und die Päpste.

„Paulus, Tertullian, Laktanz, Origines, Eusebius, Clemens, Hieronymus, Cyprian, sie alle lehren die gleiche Botschaft: Bildung sei unnütz, halte lediglich von der religiösen Einkehr ab und dürfe, wenn überhaupt, nur zur Interpretation der wahren christlichen Botschaft genutzt werden.“[8]

 „Ich will zunichtemachen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.“[9] So schreibt Paulus in einem Brief an die Korinther.

Kirchenlehrer Tertullian kommt zu der Einsicht: credo quia absurdum = Ich glaube weil es unvernünftig ist.

Ambrosius, Bischof von Mailand, erklärt in einer Trauerrede anlässlich des Todes von Kaiser Theodosius 395 die gesamte Philosophie pauschal zum „Irrwahn“.

Augustinus meint: „Glaube geht der Erkenntnis voraus.“

Der tröstlichen Auffassung vom Tod als dem Ende aller Leiden, bei Epikur und Seneca, stellt Augustinus den Tod mit Angst und Schrecken gegenüber.

Sogenannte „Autoritäten“, die nichts wussten, aber in ihrer Anmaßung ganz von ihren „Glaubenswahrheiten“ überzeugt waren, die die Macht hatten zu diktieren und zu verfolgen, ersetzten Wissen durch Glauben.

Die Kirchenväter haben versucht, Antworten zu geben und die Welt zu erklären, aber ihre Erklärungen waren falsch und kindisch, weil sie unwissend waren und sie waren unwissend, weil sie keine Wissenschaft betrieben und bereits vorhandene wissenschaftliche Fakten ignoriert haben.

In den Klöstern gab es zwar Bibliotheken, aber mit Büchern, die überwiegend christliche Erbauungsliteratur enthielten. Nur eins von tausend Büchern wurde erhalten. Das antike Wissen, das auch in den Bibliotheken gehütet wurde, hielten die herrschenden Kleriker, die im 5. Jahrhundert noch lesen konnten, für unwichtig, weil es ohnehin nur auf die Rettung der Seele fürs Jenseits ankam.

Geister- und Wunderglauben, Traumdeutung, Aberglauben, Astrologie, Gottesurteile, Weissagungen, Gesundbeten, Hexen- und Ketzerverfolgungen  traten an ihre Stelle. Reliquien-, Wunder-, und Legendenschwindel hielten das Volk in Unwissenheit, Drohungen mit Hölle und Teufel machten es fügsam und halfen dem Klerus, seine Herrschaft aufrecht zu erhalten. Warum sollte man in die Bildung von Untertanen investieren, wo sich doch Ungebildete viel leichter beherrschen lassen?

So folgte der hell erleuchteten Antike, das finstere Mittelalter.

„[…] Forschung wurde verbannt, die Erfahrungswissenschaften durch Bibel und Dogma erstickt, Naturwissenschaftler in Gefängnisse und auf Scheiterhaufen getrieben. 1163 verbietet Papst Alexander III. […] allen Klerikern das Studium der Physik. 1380 untersagt ein französischer Parlamentsbeschluss jede Beschäftigung mit Chemie unter Berufung auf ein Dekret von Papst Johann XXII.“[10]

Alles Nachdenken und naturwissenschaftliche Forschen, die Mathematik, Astronomie, Medizin, Geschichtswissenschaft verlor ihren Wert. Die Philosophie wurde zur Magd der Theologie. Naturkatastrophen galten als Strafen Gottes. Alles Unheil, z.B. Krankheit schrieb man den Sünden und dem Unglauben zu. Man muss nur den richtigen Glauben haben und lange genug beten, damit alles gut wird. Die Richtiggläubigen, die nämlich an Jesus glauben, und sich der absoluten Herrschaft der Kirche unterwerfen, kommen in den Himmel, die anderen in die ewige Hölle.

Da es unzählige Möglichkeiten des Glaubens gibt, kann die Einheit des Glaubens nur mit Zwang und mit Verfolgung der Andersdenkenden erzwungen werden. Ein von Kaiser und Papst diktierter Glaube, der wenig mit den Lehren des Jesus von Nazareth zu tun hatte, ersetzte die Bildung. Fundamentalismus siegte über die Freiheit des Denkens.

Niemand durfte im Mittelalter etwas anderes sein als katholisch. Juden, denen es als Menschen zweiter Klasse meist sehr schlecht ging, hatten eine Sonderrolle. Verfolgt und ausradiert wurden: Arianer, Markioniten, Priscillianer, Pelagianer, Donatisten, Novatianer, Nestorianer, Monophysiten… und später die Katharer = Albigenser, die Waldenser, die Hugenotten, die Hussiten, die Wiedertäuferund und andere „Ketzer“…

Nie zuvor hatte eine Weltanschauung so totale Macht über die Gehirne ausgeübt, wie die katholische Kirche zwischen dem 4. und 16. Jahrhundert in Europa.

Vom 13. Jh. bis zur Renaissance

Übersetzerschulen in Bagdad hatten im 8. und 9. Jh. die wichtigsten Texte der Antike ins Arabische übersetzt.[11] Dort war das Kulturgut der Antike besser bewahrt worden, hat damit dem Islam, der alles aufgriff, was in seinen eroberten Gebieten von Nutzen war, eine kulturelle Blüte beschert und von dort fanden Hippokrates, Galenos, Platon, vor allem Aristoteles über Byzanz,  das islamische Andalusien / Toledo und Sizilien ins christliche Abendland zurück, z.B. zu Friedrich II., Michael Scotus; Albertus Magnus und Roger Bacon, die damit die Anfänge der abendländischen Wissenschaften begründeten.

Nachdem Byzanz 1453 von den Türken erobert worden war, kamen Gelehrte samt ihrer Bücher nach Italien, wo die Wiederentdeckung = Renaissance der Antike im 16. Jh. zu einer neuen Kulturblüte führte. Der Wiederentdeckung der Antike und Beobachtung der Welt folgten ein Aufstieg der Wissenschaften und ein Ende der christlich scholastischen Denkweise. Francis Bacon kommt 1620 zu der Einsicht, dass Wahrheit nicht von Autoritäten herrühre, sondern durch Beobachtung der Natur gewonnen werden muss.[12]

Auf heftigen Widerstand bei Kirchenleuten stieß die Ansicht, dass die Pest und die Cholera nicht die Strafe Gottes für Sünden und Fehlverhalten sei, sondern von den unhygienischen Verhältnissen in den Städten herrühre. Als 1456 der Halleysche Komet am Himmel erschien, wurden auf Befehl des Papstes alle Glocken geläutet und überall zum Gebet aufgerufen, weil man glaubte, er bringe die Rache Gottes, Krankheiten, Pest, Krieg. Dass er dann doch vorüberging, schrieb man diesen Gebeten zu.

Die katholische Kirche sträubte sich gegen das heliozentrische Weltbild des Kopernikus, gegen Blitzableiter, moderne Medizin (Krankheit kommt ja von Sünde, Obduktionen waren verboten), Kranke mussten zuerst einen Beichtvater aufsuchen, bevor sie einen Arzt konsultierten. Priester konnten angeblich besser heilen als Ärzte. Das Problem waren ja die bösen Geister und das sündige Fleisch, die bekämpft werden mussten.

Beschränkung des freien Denkens und Forschens

Inquisition

Seitdem das Christentum im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion geworden war, galt abweichendes Denken von dieser offiziellen, staatlichen Form des Glaubens, dem Katholizismus, als Ungehorsam gegen den Staat. Als Reaktion auf die ersten ketzerischen Gemeinschaften richtete die Kirche mit Unterstützung des Staates eine Behörde zur Verfolgung und Vernichtung von Ketzern ein, die Inquisition (lateinisch inquisitio: gerichtliche Untersuchung).

Wissenschaft im heutigen Sinn gab es im Mittelalter nicht. Deswegen waren die ersten Ketzer vor allem Leute, die aus religiösen Gründen in Widerspruch mit der Kirche gerieten.

Erst Giordano Bruno stellte sich nicht nur mit religiösen Zweifeln, sondern mit seinem ganzen Weltbild gegen die Kirche. Die Sterne erklärte er damit, dass sie wie unsere Sonne seien, dass das Universum unendlich sei, dass es eine unendliche Anzahl von Welten gebe und dass diese mit einer unendlichen Anzahl intelligenter Lebewesen bevölkert seien. Die ganze Natur sei beseelt und organisiere sich selbst (Pantheismus). Damit war ein Schöpfergott nicht mehr nötig. Er landete bekanntlich 1600 auf dem Scheiterhaufen.

Die neuzeitliche Wissenschaft setzt mit dem Siegeszug der mathematisch ausgerichteten Physik von Galilei, Kopernikus, Kepler, Newton ein.

1543 starb Kopernikus und überlebte den Druck seines Werkes, in dem seine Lehre, die die Sonne und nicht die Erde im Mittelpunkt des Sonnensystems vorsah, nur um zwei Monate.

1616 wurde sie von der katholischen Kirche verdammt. Galileo Galilei, der sich zu dieser Lehre bekannte, wurde zu dauerhaftem Hausarrest verurteilt und musste abschwören. Die Kirche rehabilitierte ihn immerhin 1992.

Auch Johannes Kepler der das heliozentrische System als wissenschaftliche Tatsache vertrat „stieß nicht nur bei der katholischen Kirche, sondern auch bei Keplers protestantischen Vorgesetzten auf erbitterten Widerstand. Denn auf beiden Seiten galten die Lehren von Aristoteles und Ptolemäus als unantastbar.“[13]

Die Mutter Keplers wurde noch als Hexe angeklagt.

Index der verbotenen Bücher

Ab 1559 wurde von Papst Paul IV. der Index librorum prohibitorum herausgegeben. Das ist ein von der römisch-katholischen Kirche veröffentlichtes Verzeichnis von etwa 6000 verbotenen Büchern, die als eine Gefahr für den Glauben und die Sitten galten. Katholiken drohte die Strafe der Exkommunikation, wenn sie eines der im Index aufgeführten Bücher besaßen, lasen, verkauften oder weitergaben, ohne zuvor die Genehmigung der Kirche eingeholt zu haben. Er galt bis 1966.

Auf dem Index standen vor allem die Ketzer aber auch die deutsche Bibelübersetzung, die Aufklärer und die Begründer der modernen Staatstheorie: Montesquieu; Locke; Montaigne; Holbach, Hobbes; Marx; Rousseau; Diderot; Sartre; Voltaire; Machiavelli, Galileo Galilei; Giordano Bruno; Nikolaus Kopernikus; Martin Luther; Immanuel Kant; Heinrich Heine; Spinoza; Descartes; Friedrich II. von Preußen; usw. Hitler und „Mein Kampf“ stehen nicht auf dem Index.

Syllabus Errorum

1864 verurteilte Pius IX. im Syllabus Errorum = Buch der Irrungen, einige fortschrittliche Ideen, die für uns heute selbstverständlich sind: z.B. Demokratie, Menschenrechte, die freie Wahl der Religion. Rationalismus, Liberalismus; Sozialismus, Kommunismus, Modernismus waren schon lange die Feindbilder der Päpste und blieben es bis zum 2. Vatikanischen Konzil, 1962-1965, unter Johannes XXIII. und Paul VI. Bis dahin hielt die Römisch-katholische Kirche sich für die einzig wahre Kirche, bis dahin wurde für die abtrünnigen Juden gebetet.

1824 verbot Papst Leo XII. die Impfung gegen Pocken.

Bis 1869 hielt man in der katholischen Kirche an der aristotelischen Lehre bzw. Lehre des Thomas von Aquin von der stufenweisen Beseelung fest, wobei der männliche Fötus nach 40 Tagen, der weibliche nach 80 Tagen beseelt sei.

Lange hat sich die  Kirche gegen die Evolutionslehre Charles Darwins gesträubt, die sie erst 1996 anerkannte.

Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht nach der Reformation, vor allem in evangelischen Ländern, 1649 in Württemberg, war Voraussetzung für wissenschaftliches Forschen.

Durch die Untersuchung, welchen Kirchen die Mitglieder der Royal Society im 17. Jahrhundert angehörten, kam der amerikanische Soziologe Robert King Merton 1938 zu dem Schluss, dass die naturwissenschaftlich-technologische Revolution des 17. und 18. Jahrhunderts im Wesentlichen von Protestanten, hauptsächlich englischen Puritanern und deutschen Pietisten, getragen wurde (Merton-These)

Antimodernisteneid

Von 1910 bis 1968 verlangte die katholische Kirche von ihren Studierenden und Pfarrern einen Eid zu schwören, dass sie in ihren Glaubensaussagen nicht von den Lehren der Kirche abweichen. Dazu gehört: Dass Gott als Ursprung allen Seins mit der Vernunft bewiesen werden kann. Dass zu diesen Beweisen die Offenbarung, Wunder und Prophezeiungen gehören, die unzweifelhaft seien. Dass die katholische Kirche den richtigen Glauben des geschichtlichen Jesus vertritt und in der Nachfolge Petri steht.

Auch die Gedanken der Aufklärung, Demokratie, Menschenrechte, Weltanschauungsfreiheit usw. konnten nur gegen den zähen Widerstand der Kirchen durchgesetzt werden.

Viele freie Denker durften im christlichen Europa nicht kund tun, dass sie an der Existenz Gottes, welchen Gottes? ihre Zweifel hatten und dass sie die Dogmen der Kirche für menschliche Machenschaften hielten.

Religionskritische Philosophen wie David Hume, Christian Wolff, Johann Gottlieb Fichte, Auguste Comte, Ludwig Feuerbach, David Friedrich Strauß, 1808-1874, hatten zu ihrer Zeit kaum Möglichkeiten an einer Universität zu lehren.

Reformation und Aufklärung

Durch die Reformation verlor die katholische Kirche die absolute Macht und die Möglichkeit, das Denken und Forschen außerhalb ihres Herrschaftsbereiches beschränken zu können. Mit der Aufklärung und der Reformation kam es zu einer gewissen Befreiung des Denkens, vor allem auch auf dem Gebiet der kritischen Bibelexegese.

Bildung gewann wieder an Ansehen und Wert. Die Schulpflicht wurde eingeführt und Universitäten gegründet, an denen mehr oder weniger frei geforscht werden konnte. Zu welchen Forschungsergebnissen sollte wohl eine Universität kommen, wenn der Papst bestimmt, was herauskommen muss? Die Aufklärung sollte eine Trennung von Kirche und Staat schaffen, die in Deutschland leider nur halbherzig vollzogen wurde. Damit begann die freie Wissenschaft in Europa zu blühen.

Aber schon wieder gibt es Diktaturen, die sie knebeln wollen. In der Türkei darf die Evolutionslehre nicht mehr unterrichtet werden, der amerikanische Präsident ignoriert die wissenschaftlich anerkannte Erwärmung der Erdatmosphäre durch den Menschen.  

Die Wissenschaft wird die Religion nicht ersetzen können, weil die Menschen ein starkes Bedürfnis nach Gemeinschaft, Trost und großen Gefühlen haben, die die Wissenschaft nicht bieten kann. Die Wissenschaft sollte dazu da sein, die Welt zu erforschen und den Menschen zu helfen, ihr Leben auf der Erde zu verbessern.

Auch die Wissenschaft kann viele Fragen nicht beantworten und so bleibt ein Spielraum für philosophische Spekulationen. Warum sind wir da? Was sollen wir hier? Wo gehen wir nach dem Tod hin? Warum ist die Welt so, wie sie ist und nicht anders und besser? Warum gibt es sie und uns überhaupt? Ist alles nur Zufall oder steckt ein Sinn dahinter? Sind wir frei in dem, was wir tun oder ist alles vorherbestimmt? Wer bestimmt unser Schicksal: der Zufall und die Notwendigkeit oder „Gott“ – und was ist das?

Was lehrt die katholische Kirche heute?

Seit 2000 Jahren hat sich nicht viel an den Lehren der katholischen Kirche verändert. Sie lehrt, dass ein Gott, der ein dreifacher ist, die Welt in 6 Tagen erschaffen hat. Die ersten Menschen, Adam und Eva, sind schuldig geworden, weil sie nach Erkenntnis strebten. Deswegen sind sie aus dem Paradies vertrieben worden. Ihre „Schuld“ ist an alle weitervererbt worden und Jesus musste uns durch seinen Kreuzestod davon erlösen. Jeder trägt bei seiner Geburt diese Erbschuld mit sich, die nur durch die christliche Taufe aufgehoben werden kann. Nur Getaufte können in den Himmel kommen, nur Leute, die an Jesus glauben. Gott wird einst über uns Gericht halten. Die Rechtgläubigen, das sind natürlich die Katholiken, kommen in den Himmel, die Bösen, das sind vor allem die Falschgläubigen, kommen in die Hölle, davor gibt es das Fegfeuer, dessen Dauer durch Gebete der Angehörigen verkürzt werden kann. Wichtig ist es vor allem, den richtigen katholischen Glauben zu haben, dann werden alle Verbrechen verziehen. Sie müssen nur rechtzeitig gebeichtet werden. Sie glaubt, dass Körper und Seele getrennt werden können und dass die Seele unsterblich ist.

Sie lehrt, dass es den Teufel gibt, der mit geweihtem Wasser, Gebeten und Kreuzeszeichen vertrieben werden kann. Sie lehrt, dass es Engel gibt und Wunder, lehrt, dass der Mensch im Paradies aus Staub und Lehm von einem nicht erkennbaren Gott gebastelt wurde und dass die Frau aus der Rippe Adams entstand.

Sie lehrt, dass Maria die Mutter Jesu, vom Heiligen Geist geschwängert wurde und dass Jesus jungfräulich empfangen wurde. Dass er der Sohn Gottes ist, dass er gekreuzigt, gestorben, am dritten Tage von den Toten auferstanden und schließlich in den Himmel aufgefahren ist.  Dass er bei der Wandlung von Wein und Brot während der Messe tatsächlich mit seinem Blut und seinem Leib gegenwärtig ist.

Sie glaubt, dass man Fahrzeuge mit Weihwasser vor Unfällen schützen kann, dass von den Knochen der Heiligen eine heilsame Wirkung ausgeht.  Sie lässt immer noch vielbeschäftigte Exorzisten böse Geister austreiben….

Sex darf nur zur Zeugung von neuem Leben eingesetzt werden. Er darf auf keinen Fall nur Spaß machen, das wäre Sünde.

Zusammenfassung

Zwischen 380 und ~1300 hat die katholische Kirche die Wissenschaft entschieden bekämpft, trotzdem sind viele Erkenntnisse der Antike über die angrenzenden muslimischen Reiche und über Byzanz, wo dieses Erbe höher geschätzt wurde, in das christliche Abendland eingedrungen. Antike Texte gab es auch in Klosterbibliotheken. Sie galten aber als wertlos für das Seelenheil. Mit dem Fall von Konstantinopel 1453 kamen diese Erkenntnisse vermehrt nach Italien und lösten dort eine Kulturblüte, die Renaissance aus. Das wissenschaftliche Denken in Europa wurde vor allem durch Francis Bacon geprägt. Nicht den Autoritäten sollte geglaubt werden, sondern dem eigenen Forschen! Wissen ist Macht.

Jahrhundertelang mussten wenige mutige Forscher wissenschaftliche Erkenntnisse gegen die Kirchen durchsetzen: Kopernikus, Galilei, Kepler, Darwin…

In den protestantischen Ländern war dies leichter, weil es dort keine allmächtige Autorität gab, die dies hätte verhindern können, in den Niederlanden, England, USA.

Schließlich ist die Kirche auf den laufenden Zug aufgesprungen, behauptet heute selbst Wissenschaft zu treiben und dass sie schon immer für die Wissenschaft war.

Tatsächlich hat sich der Katholizismus immer mit allen verbündet, deren Ziel es war, das Volk in Unmündigkeit zu halten, mit Königen von Gottes Gnaden, mit dem Adel, mit Faschisten, seit neuestem mit dem Islam. Sie will herrschen und nicht aufklären. Dazu braucht sie nicht mündige, sondern unwissende und unmündige Gläubige. Sie ist der Gegner aller Aufklärung und wird sie verhindern, solange sie kann.

Sobald sich eine fortschrittliche Idee, gegen die sie jahrhundertelang gekämpft hat, etabliert hatte, behauptete sie Ideengeber und Vorreiter gewesen zu sein…und damit hat sie bis heute, trotz ihrer verhängnisvollen Rolle in der Geschichte, ihr Image als eine Kraft des Guten bewahrt.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenopfer

[2] -Minuszeichen vor einer Zahl = vor unserer Zeit = v.Chr.

[3] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa

[4] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa

[5] Genesis 3,22-24

[6] Markus 5:13

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Dreikaiseredikt

[8] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa

[9] 1Kor1:18 / Jesaja 29,14

[10] Karlheinz Deschner / Kriminalgeschichte des Christentums

[11] Rolf Bergmeier / Schatten über Europa

[12] Encarta 2009

[13] Wikipedia

Copyright Roland Fakler © Januar 2018

Dieser Artikel ist mit Kommentaren beim Humanistischen Pressedienst erschienen.

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